Papierlinks

Verweise zwischen Zeitung und Website.

Da immer wieder über die Frage debattiert wird, ob Print-Inhalte eins zu eins oder doch lieber nur eins zu zwei ins Netz gestellt werden sollen: Auf der Titelseite der „Herald Tribune“ stehen heute vier Absätze über das Internet Governance Forum (das seltsame Gremium, das als Kompromiss nach dem UN-Internetgipfel entstanden ist). Und am Ende des Artikels: iht.com/tech – complete article online. Der vollständige Artikel, für jeden kostenlos im Netz zugänglich, hat 15 weitere Absätze.

Da stellt sich unter anderem die Frage, ob die Leser der papierenen Ausgabe sich nicht ärgern, dafür Geld zu bezahlen. Möglicherweise dann nicht, wenn der Papier-Artikel für den Durchschnittsleser schon informativ genug ist und der Online-Artikel sich an den besonders interessierten Leser wendet?

Stöckchen aus Washington

Sieben Fragen der US-Regierung zur Netzverwaltung.

ICANN-Logo unter der Lupe Das hier wird ziemlich lang, fürchte ich. Seit Ende Mai sammelt die US-Regierung mal wieder Input zur Zukunft der Netzverwaltung ICANN. Sieben Fragen will die zum Handelsministerium gehörende Behörde NTIA bis zum 7. Juli beantwortet haben. Für alle Hardcore-ICANN-Interessierten folgen die sieben Fragen in eigener Übersetzung, mit Links und bisweilen mit Ergänzungen in eckigen Klammern. Die NTIA will natürlich Antworten auf Englisch. (Lohnen sich die 15 bis 20 Minuten für die Beantwortung der Fragen? Erfahrungsgemäß wertet die NTIA solche Befragungen recht gewissenhaft aus und nutzt sie zumindest für die eigenen Begründungsmuster. Wer wirklich etwas beizutragen hat, sollte die Chance nutzen, zumindest einen winzigen Einfluss auf den entscheidenden Akteur zu nehmen. Wer sich lieber einer Ein-Klick-Massenpetition anschließen will, kann das beim Internet Governance Project tun.)

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Bleibt so

Die angebliche IANA-Ausschreibung ist keine.

Ausschnitt aus dem IANA-Logo (Nur was für Netzpolitik-Freaks:) IANA ist das technische Herz der Netzverwaltung ICANN und unter anderem für die Koordinierung der Rootzone des Domainnamensystems zuständig. Und nun hat das US-Handelsministerium IANA angeblich neu ausgeschrieben, heißt es derzeit bei Heise Online. Nicht ganz: Das US-Handelsministerium kündigt in dem Dokument nur an, den Vertrag über die IANA-Funktion wie bisher mit ICANN zu verlängern, ohne Ausschreibung. Das ist nach dem US-Vergaberecht unter anderem möglich, wenn aus Sicht der Regierung überhaupt nur ein Anbieter in Frage kommt. Selbst wenn sich Mitbewerber auf diese „Presolicitation Notice“ hin melden, muss die Regierung den IANA-Vertrag nicht ausschreiben.

ICANN, .xxx und die USA

Interne Dokumente aus dem Handelsministerium.

Auszug aus E-Mail Die US-Regierung hat ihre Position zur Rotlicht-Domain .xxx offensichtlich auf Druck der religiösen Rechten in den USA geändert. Das geht aus Dokumenten hervor, die der abgelehnte .xxx-Domainbewerber ICM Registry und das Internet Governance Project um Milton Mueller veröffentlicht haben. Kurz zusammengefasst hat das Monika Ermert bei Heise Online.

Drei Aspekte finde ich daran besonders spannend.

  • Die Dokumente belegen, was jeder Beobachter sich gedacht hat: Die US-Regierung zieht sich bei Domainverwaltungs-Fragen gern auf den Standpunkt zurück, das sei ja alles ICANNs Angelegenheit, wenn es gerade passt — und ändert das, wenn es nicht anders geht.
  • Das US-Handelsministerium schafft es, eine Meldung von Associated Press auf der CNN-Website zu ändern und probiert das auch bei der Website der Washington Post.
  • All diese internen E-Mail-Wechsel innerhalb des US-Handelsministeriums sind durch eine Anfrage nach dem amerikanischen Informationsfreiheitsgesetz herausgekommen. Und natürlich wissen alle Mitarbeiter eines Ministeriums, dass alles, was sie mailen, veröffentlicht werden kann.

Nix .xxx

ICANN lehnt Rotlicht-Domain ab.

.xxx gepixelt Also doch keine Überraschung: Das ICANN-Direktorium hat die Rotlicht-Top-Level-Domain .xxx abgelehnt. Der ICANN-Kritiker Michael Froomkin schreibt bei ICANNwatch: „I would say that .xxx was a lousy idea, but that the people behind it followed all the rules and still lost — but that would suggest that there are rules.“ Was ist also passiert?

Erster Schritt: Die Netzverwaltung ICANN hat Vorschläge für neue Domains gesammelt und gibt sie im März 2004 bekannt (mehr dazu). Der .xxx-Vorschlag ist zum zweiten Mal dabei, nachdem er in der ersten Domain-Runde im Jahr 2000 abgelehnt wurde.

Zweiter Schritt: ICANN wählt .xxx im Juni 2005 für „commercial and technical negotiations“ aus — der Vorschlag hat es also scheinbar geschafft (mehr dazu).

Dritter Schritt: Wie so oft bei ICANN hat niemand vorher etwas mitbekommen (auch wenn Joi Ito auf ein Public-Comment-Verfahren verweist), und das Geschrei ist groß. Zu Wort melden sich das US-Handelsministerium, aber auch die brasilianische Regierung und der ICANN-Regierungsausschuss GAC, wie Heise Online berichtet. Ergebnis: Die Entscheidung über die Domain ohne Lobby wird ab August 2005 wieder und wieder verschoben.

Vierter Schritt: Im März 2006 beschäftigt sich der ICANN-Regierungsausschuss GAC wieder einmal mit .xxx. In seinem Abschluss-Kommuniqué macht das GAC noch einmal klipp und klar deutlich, dass es bei dieser Entscheidung auch um „public policy aspects“ geht. Übersetzt: Die ICANN-Direktoren sollten aufpassen, was sie tun, schließlich geht es hier um Zuständigkeitsbereiche der Regierungen.

Da mag sich der Bewerber ICM Registry noch so sehr beschweren — eine Domain für „the needs of the global responsible online adult-entertainment community“ ist nun einmal eine Goldgrube mit angeschlossenem Minenfeld. Zum Schutz von Kindern wird sie, auch wenn sich die .xxx-Leute noch so sehr ins Zeug legen, aber rein gar nichts beitragen. Wie gesagt: Das Domainnamensystem kann technische Herausforderungen lösen, aber nicht die Erziehung übernehmen.

Wer deswegen wie etwa Bill Thompson auf den Einfluss der US-Regierung bei ICANN schimpft und eine UN-Domainorganisation herbeisehnt, hat das Dilemma nicht begriffen: ICANN hätte den .xxx-Vorschlag fast durchgewunken. Es ist der UN-ähnlichste Teil bei ICANN – die Regierungen im GAC -, der ihn gestoppt hat.

Nachtrag — Wie immer lesenswert: Monika Ermert bei Heise Online über die .xxx-Ablehnung.