Das zwölfte Kreuz

Bürgerschaftswahlen in Hamburg.

Keine 30 Sekunden Wartezeit, keine gestressten Wahlhelfer: Am Vormittag konnte die Lage im Wahllokal am Winterhuder Weg nur als ruhig bezeichnet werden.

Aufkleber Hamburg-Wahl 2008 - Kumulieren und Panaschieren: Been there. Done that.

Nachher geht es dann zum Rothenbaum und zu www.ndr.de/hamburgwahl. Dort liegt bereits meine kleine Excel-Datei bereit, in die ich gegen 17.45 Uhr nur noch die Werte der 18-Uhr-Prognose eintippen muss und die dann die Machtanteile aller rechnerisch möglichen Koalitionen berechnet. Man will ja in der Hektik nichts falsch addieren. Ohne den Wahltag vor dem Wahlabend zu loben: Über Wahlen zu berichten, die nicht völlig berechenbar sind, ist anspruchsvoller, macht aber allen Beteiligten deutlich mehr Spaß. Bis nachher!

Nachtrag, drei Tage später: So, jetzt wurden sowohl die Stimmenverteilung als auch die Sitzverteilung korrigiert, am Montag wurden die Ergebnisse für Dienstagnachmittag versprochen, am Dienstag auf Mittwoch verschoben, am Mittwoch auf Freitag verschoben und dann plötzlich gab es am Mittwochabend doch die Liste der Abgeordneten, aber nur der direkt gewählten, damit man die über Landesliste gewählten sich selbst zusammensuchen muss. (Bitte sehr: die Abgeordneten.) Ist das eine Verschwörung, um den digitalen Wahlstift bei der nächsten Wahl als attraktive Alternative erscheinen zu lassen?

Für Wahlstrategen

Seminar-Podcast aus Berkeley.

Das Seminar „American Politics: Campaign Strategy“, das Dan Schnur gerade an der UC Berkeley hält, gibt es auch als Podcast. Schnur war 2000 der Communications Director der McCain-Kampagne gegen Bush. Zu verstehen ist leider nur er, kaum die Studenten, aber vielleicht will es ja noch jemand mithören.

Arrangement

Zeit für einen Blick auf ICANN?

Bei ICANN habe ich einiges mitgemacht: Habe jahrelang darüber gebloggt, stundenlange Telefonkonferenzen angehört, bin zu Tagungen gereist oder habe sie im Netz verfolgt — und irgendwann war es dann genug oder sogar ein bisschen zu viel. Natürlich höre ich mir immer noch gern, was die geschätzte Jeanette Hofmann im Netzpolitik-Podcast zum Thema zu sagen hat, und ich lese weiterhin Bret Fausetts Blog Lextext.

Aus der Hinterher-ist-man-immer-schlauer-Perspektive: ICANN war für jeden etwas anderes. Zahlreiche Sozialwissenschaftler fanden es als cyberdemokratisches Experimentierfeld spannend, waren aber mehr am Verfahren interessiert als an den tatsächlichen Problemen, mit denen sich ICANN herumschlagen musste. Andere waren, noch etwas abstrakter, an ICANN als neuem Governance-Ansatz interessiert. Die Regierungen stürzten sich ebenfalls darauf: Weil ICANN als Organisation ein vertrauteres Muster war als die langbärtigen Wissenschaftler, die sich vorher um das Domainnamensystem kümmerten. Weil sie Internet als wichtiges Zukunftsthema erkannten und nationale Interessen zu verteidigen suchten, ohne genau zu wissen, worin diese bestehen. Die Firmen sahen ICANN mal als Quasi-Regulierer, mal als Lizenzvergabestelle zum Drucken von Geld, mal als Forum, in dem die Industrie ihre Probleme lösen konnte. Für viele Techniker war es ein Rätsel, was all diese Nicht-Techniker da wollen.

Und jetzt? Wäre ICANN tatsächlich eine klassische internationale Organisation geworden, dann würde noch heute ein Verfahren laufen, in dem die Rootserver nach regionalem Proporz verteilt werden. Das war tatsächlich lange ein großes Aufregerthema: Wieso stehen so viele der 13 Server in den USA? Imperialismus! Die Lösung war schließlich keine politische, sondern eine technische (Anycast): Heute verteilen sich die Rechner über die ganze Welt.

Es ist ruhiger geworden, und aus der Perspektive des entfernten Beobachters sieht es so aus, als wenn sich alle wichtigen Spieler mit dem Fortbestehen ICANNs arrangiert haben, selbst die Rootserver-Betreiber und die Weltfernmeldeunion ITU.

Womöglich ist aber gerade das ein guter Zeitpunkt, ICANN wieder etwas genauer zu verfolgen. Zum Beispiel auf das Budget zu schauen: 2002/03 lagen die Gesamteinnahmen bei sechs Millionen US-Dollar, dann kletterten sie auf neun Millionen, 15 Millionen, 30 Millionen, 42 Millionen und schließlich 49 Millionen US-Dollar (2007/08). Im neuesten Etatentwurf rechnet ICANN für 2009 mit Einnahmen von 61,7 Millionen US-Dollar (via Lextext).

Mehr zum Thema:

Wundertorte

Die Sonntagsfrage zum Spielen.

Was passiert, wenn man eine der üblichen Sonntagsfragentorten mit einer zusätzlichen Schicht Statistik überzieht, mit Flash glasiert und kleine Drag-and-Drop-Kirschen draufsetzt? (Mal abgesehen von einer gruseligen Metapher.)

Tortenausschnitt
Wer wählt was?

Und dabei ist das wirklich alt: Über den Vorgänger hat das wahlblog05 vor zwei Jahren und fast fünf Monaten berichtet. Aber in seiner jetzigen Version wird die Torte tatsächlich monatlich frisch gebacken aktualisiert.

Superlive

Die US-Vorwahlen in TV und Netz.

Der Super-Tuesday-Zeitplan von Slate.com, umgerechnet auf Mittwochnacht bis Mittwochmorgen deutscher Zeit:

  • 1.00 Uhr: Georgia
  • 2.00 Uhr: Alabama, Connecticut, Delaware, Illinois, Massachusetts, Missouri, New Jersey, Oklahoma, Tennessee
  • 2.30 Uhr: Arkansas
  • 3.00 Uhr: Minnesota*, New Mexico*, New York, Rhode Island
  • 4.00 Uhr: Arizona, Colorado*, Kansas*, Utah
  • 5.00 Uhr: Kalifornien
  • 6.00 Uhr: Idaho*, Montana*, North Dakota*
  • 6.30 Uhr: Alaska*

Zu diesen Zeiten enden die Vorwahlen in den Staaten, die primaries abhalten. In den mit Sternchen versehenen Staaten finden caucusses (Video) statt, daher sind es dort nur ungefähre Zeitangaben.

Sendungen im deutschen Fernsehen zum Thema:

Und überall im amerikanischen Netz natürlich. Diesmal wird es Livestreams nicht nur von Fernsehsendern wie C-SPAN geben (Windows Media + Real), auch die Washington Post plant eine stundenlange Live-Sendung namens Post Politics TV (Mittwoch früh, 0.00 bis 6.00 Uhr).

Mehr zum Thema:

  • Zur Einstimmung bei USA Erklärt — warum es in den USA Vorwahlen gibt, was die Ausgaben im US-Wahlkampf mit Störchen zu tun haben und wie die Vorwahlen ablaufen.
  • CJR hat mit Mike Silverman von der Nachrichtenagentur Associated Press über die Vorbereitungen gesprochen. Für AP sind am Super Tuesday etwa so viele Mitarbeiter im Einsatz wie am eigentlichen Wahltag. Die Agentur finanziert gemeinsam mit CNN, CBS, MSNBC, ABC und FOX die Exit Polls, also die Wahltagsbefragungen. Zudem bekommen alle, auch die Networks, die eigentlichen Wahlergebnisse von AP.
  • Noch mehr exzellente Einstimmung bei Dichtheit & Wahrung vom Kutter, einschließlich mobilfunkendgerätfähiger Linkliste zu allen möglichen Umfragen, Tickern, Blogs, Karten, Guides.