Merkwürdig

Musikvideo: Telllievision.

O.J. Simpson meets Uwe Barschel meets Teleshopping. Oder musikalisch: Afrika Bambaataa meets Spiegel-TV-Titelmelodie.

(Aaaalt, ich weiß, aber hier noch nicht gebloggt. Hintergründe beim Nordseemix. Die Spiegel-TV-Titelmelodie heißt übrigens „Mobile Unit“, vom Album „Handplayed By Robots“ von George Fenton und Ken Freeman aus dem Jahr 1980.)

Omnimedia

BBC World experimentiert mit Netzmedien.

Der Journalist Ben Hammersley ist in die Türkei gereist, um für BBC World (TV), BBC World Service (Radio) und BBC News Interactive (Netz) über die bevorstehenden Parlamentswahlen (22. Juli) zu berichten.

Als wäre das nicht genug, kümmert er sich unterwegs auch noch um ein multimediales Making-of seiner Berichterstattung:

Die BBC-Site dazu ist jetzt gestartet und aggregiert die Inhalte. (Via Richard Sambrook, der sich das Projekt gemeinsam mit Ben Hammersley ausgedacht hat.)

Aus für die EG

Ende einer Verwirrung.

Ein kleiner Nebeneffekt des Brüsseler 36-Stunden-Kompromisses: das Ende der bisherigen Begriffsverwirrung um die EG. Um den ersten Satz des entsprechenden Wikipedia-Artikels zu zitieren:

Die Europäische Gemeinschaft (EG) bildet das Herz der Europäischen Gemeinschaften, die wiederum die erste und wichtigste Säule der drei Säulen der Europäischen Union sind.

Wohingegen die meisten die EU als Nachfolger der EG wahrnehmen. Die Wahrheit ist so akronymisiert, dass sie schwer zu ertragen ist: Die Ex-EWG-EG zusammen mit EAG (Euratom), bis 2002 auch zusammen mit EGKS (seither im Wesentlichen in der Ex-EWG-EG), als Teil der EG (Plural), die wiederum Teil der EG-GASP-PJZS-EU ist.

Routinemäßig haben die Journalisten gelogen und von EU-Richtlinien und EU-Recht geschrieben, wo es um die EG ging. Vorbei! „The Union shall be founded on the present Treaty and on the Treaty on the Functioning of the European Union. It shall replace and succeed the European Community.“

Spielerei

Noch einmal zum G8-Gipfel.

Ist die Polizeistrategie beim G8-Gipfel nun aufgegangen oder nicht? Ich habe gestern mit einer Kollegin darüber diskutiert, die der Ansicht war, die Polizei habe letztlich verloren, weil die Demonstranten den Zaun erreicht haben. Schwer zu ahnen, ob die mecklenburg-vorpommersche Polizei viel mit Spieltheorie arbeitet, aber ein bisschen erinnert es mich daran:

Spiel-Schema von Heiligendamm

So sah, ein wenig vereinfacht, die Lage ursprünglich aus: Es gibt Demonstranten, die von A nach B, zum Ziel, zum Tagungshotel an der Ostsee wollen. Die Polizei stellt sich ihnen in den Weg. Ein Nullsummenspiel: Jeder Geländegewinn für eine Seite ist ein Geländeverlust für die andere. Entweder hält die Verteidigung oder nicht — es gibt einen klaren Sieger.

Spiel-Schema von Heiligendamm mit Zaun

Der Zaun und die Sperrzonen setzen dem Nullsummenspiel ein Ende. Jetzt gibt es mehrere Spielzonen: Vor dem erweiterten Sperrbereich (A), der erweiterte Sperrbereich mit Versammlungsverbot (B), der Bannmeilenbereich um den Zaun (C), das Areal hinter dem Zaun (D) und schließlich das Hotelgelände (E). Die Polizei hat den Zaun als Zwischenziel für die Demonstranten aufgestellt, und jeder kann jetzt selbst definieren, wie wichtig ihm das Erreichen welcher Spielzone ist. Für die Demonstranten war es ein Triumph, Zone C zu erreichen, manchmal wurden sie aber bis an die Grenze der Zone B zurückgedrängt. Die Polizei kann behaupten, Zone D und E erfolgreich verteidigt zu haben. Wer hat bei diesem Spiel gewonnen? Beide Seiten, irgendwie.

(Spieltheorie ist aus meiner Sicht fast immer eine Verzerrung, die so grob ist, dass sie die Realität höchstens streift. Natürlich müsste das Spiel um Heiligendamm eigentlich noch viel, viel mehr Dimensionen haben — die wichtigste davon wäre vermutlich die Wahrnehmung und Wirkung in den Medien.)

Viel zitiert

Christian Pfeiffer und die Medien.

Was schön gewesen wäre:

– Herr Pfeiffer, in Sittensen sind mehrere Menschen in einem China-Restaurant umgebracht worden. Was mag da der Grund sein?
– An Spekulationen will ich mich nicht beteiligen. Da müssen wir einfach mal abwarten.

Stattdessen:

„Sollten die Morde tatsächlich in Zusammenhang mit chinesischen Triaden stehen, wäre es nach Angaben des Kriminologen Christian Pfeiffer der spektakulärste Fall dieser Art in Deutschland. Schutzgelderpressung in China-Restaurants sei in Deutschland sehr verbreitet.“ (Quelle)

Und am Ende:

„Einer der beiden kurz nach der Tat festgenommenen Vietnamesen hat nach Angaben der Anklagebehörde inzwischen eine Beteiligung an den Morden gestanden. (…) Einen vermuteten Zusammenhang zur organisierten Kriminalität schließt die Anklagebehörde inzwischen aus.“ (Quelle)

Was auch schön gewesen wäre:

– Herr Pfeiffer, in Tessin haben zwei 17-Jährige ein Ehepaar umgebracht. Was mag da der Grund sein?
– Woher soll ich das wissen? Die Ermittlungen laufen doch noch, da müssen Sie am besten mal die Kollegen in Mecklenburg-Vorpommern fragen.

Stattdessen:

„Auslöser für die Bluttat von Tessin mit zwei Toten war nach Erkenntnis des Kriminologen Christian Pfeiffer möglicherweise ein Konflikt der Täter mit dem Sohn des getöteten Ehepaars. (…) Es sei nicht auszuschließen, dass das intensive Spielen gewalttätiger Computerspiele die Bluttat begünstigt habe.“ (Quelle)

Und am Ende:

„Vermutungen, dass Gewaltvideos und -videospiele Auslöser für die Tat waren, hätten sich nicht bestätigt, sagte Oberstaatsanwalt Hans-Christian Pick.“ (Quelle)

Was jetzt schön wäre: Nächstes Mal nicht gleich die Nerven zu verlieren und Christian Pfeiffer zu fragen.