Copy that

Dirk von Gehlen lobt die Kopie.

Apple bezichtigt Samsung der Kopie: Fällt ein extrem flacher Computer, dessen Oberseite nur aus einem umrahmten berührungsempfindlichen Bildschirm besteht, unter ein Apple-Designpatent fürs iPad? Samsung widerspricht und beruft sich unter anderem auf Stanley Kubrick. In einer Szene aus „2001: A Space Odyssey“ liegt vor jedem der Astronauten auf dem Tisch ein flaches Gerät, dessen Oberseite aus einem umrahmten Bildschirm besteht. (Die US-Patentrechtler haben für die von Samsung eingereichten Gegenbeweise den schönen Begriff prior art, der im Deutschen zum drögen „Stand der Technik“ wird.)

Ein Standbild aus dem Film 2001: A Space Odyssey

Im Streit um die Frage, wo bei Tablets die Kopie beginnt, verteidigt sich Samsung also mit einem YouTube-Zitat — von dem die Rechteinhaber des Films vermutlich nichts wissen.

Die Frage nach Kopie und Original taucht dauernd auf: Wenn Werbern ihre Auszeichnung wieder abgenommen wird und wenn Minister plötzlich keinen Doktortitel mehr haben, wenn die Lizenzeinkünfte für Bitter Sweet Symphony bei den Rolling Stones landen, wenn kopierte Medikamente plötzlich den Kampf gegen Aids in armen Ländern ermöglichen und, viel alltäglicher, wenn Tauschbörsennutzer im Auftrag von Film- und Musikindustrie verfolgt werden.

Buchcover von Mashup (mit Kopie)

Dirk von Gehlen, der Chefredakteur von jetzt.de (den ich, transparenzhalber gesagt, vom Grimme Online Award kenne), hat sich die Kulturgeschichte der Kopie vorgenommen — er will sie von ihrem schlechten Ruf befreien und nimmt im Gegenzug dem genialen Original ein bisschen von seinem Glanz. Interviews und ein 50-seitiges Glossar runden Mashup: Lob der Kopie ab.

Eine blinde Verteidigung ist es nicht, im Gegenteil, das Buch ist Schaum-vor-dem-Mund-frei, ein gelassener Gang vorbei an Terrakotta-Kriegern, Rezeptsammlungen, DJ-Turntables, Lionel Messi und, ja, Numa Numa Guy Gary Brolsma. Wenn „Mashup“ den Status quo des Urheberrechts infrage stellt, dann nicht aus deprimierter Einsicht ins Unausweichliche oder umgekehrt aus Freude darüber, sondern weil es gesellschaftlich und kulturell nottut. Wir werden noch an vielen Stellen mit der Frage nach Kopie und Original konfrontiert. Mehr Wissen um dieses Wechselverhältnis und die geschichtlichen Wurzeln des Urheberrechts können wir dafür gut gebrauchen.

(Ein paar Buchseiten gibt es als Leseprobe online bei Suhrkamp, dazu stellt der Autor in seinem Blog 20 Songs vor, die im Buch eine Rolle spielen.)

Nachtrag: Warum ich die Kopie lobe – Interview mit Dirk von Gehlen auf iRights.info

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