Rote Tücher

Spiegel Online über die BBC-Pläne.

Rotes Tuch Wenn Spiegel Online über Internet-Pläne der BBC berichtet, klingt es sehr häufig so, als sei der eigentliche Adressat die deutsche Medienpolitik — böse öffentlich-rechtliche Krake würgt arme kommerzielle Medien. Frank Patalong schreibt denn auch weniger darüber, wie die BBC auf den Wandel reagieren will, sondern darüber, ob die kommerziellen Medien das mögen oder nicht. Und das ist ein wenig ergänzungsbedürftig.

Wenn Patalong etwa aus dem „Guardian“ die Worte „aggressive Landnahme“ zitiert, wird nicht klar, dass die britische Zeitung hier selbst die Konkurrenz zitiert: „Last night, the BBC’s plans came under fire from commercial rivals which accused it of a ‚digital land grab‘.“ Genau das Gleiche passiert beim Zitat aus der „Daily Mail“, die BBC parke „ihre Panzer im Vorgarten der Konkurrenz“ — damit hat die Zeitung die Meinung der Konkurrenz wiedergegeben. Die „Sun“ wird korrekt Murdoch zugeordnet, bei der „Times“ fehlt der Hinweis.

Patalong schreibt gleich zu Anfang, die BBC wolle sich „zur Jugendmarke mausern“. Na ja: Die BBC hat angekündigt, ihre Inhalte für 12- bis 16-Jährige unter einen neuen Marke positionieren (wie CBeebies für jüngere und CBBC für ältere Kinder). Wird damit schon die gesamte BBC zur Jugendmarke?

Dann heißt es, die TV Licence werde „wird wie eine Steuer erhoben“ und an die BBC „durchgereicht“. Das ist seit 15 Jahren nicht mehr der Fall, seither erhebt die BBC wie in Deutschland Rundfunkgebühren.

Übernommen wird die Murdoch-Schelte, der BBC gehe es um einen Angriff auf Murdochs teuren Zukauf MySpace. Nur zum Vergleich die wörtliche Formulierung des BBC-Ziels: „Across the BBC, support new artists, new music and UK music so that the BBC becomes the destination for unsigned bands and young musicians to turn to for support“.

Patalong gibt die ITV-Forderung wieder, die BBC-Pläne müssten auf den Wert für die Öffentlichkeit überprüft werden. Der „Public value test“ ist ein britisches medienpolitisches Instrumentarium, das ohnehin zum Einsatz kommen wird, etwa für den Internet-TV-Player der BBC.

Die zweite digitale Welle

Vorbereitungen bei der BBC.

Radarbild eines Hurrikans What we’re seeing is a distinct second wave in digital.
In many ways, traditional media coped quite well with the first wave: they launched new linear channels and text-based websites and began to experiment with mobile phones and other portable devices.
Particularly after the dotcom bubble burst at the turn of the century, there was a real sense in traditional media that the digital thing had been nailed.
If you came late to the party, there was no need to worry – you could always dip into your pocket and buy a website or two.
Anyone who thinks that that’s the size of it – and there’s plenty of them across British broadcasting – has got a big shock coming.
I believe that this second digital wave will turn out to be far more disruptive than the first, that it will be fundamentally disruptive,

and that the foundations on which much of traditional media is built may be swept away entirely

BBC-Generaldirektor Mark Thompson (Hervorhebung Wortfeld)

Mehr dazu:
Gesamte Rede Thompsons
BBC Creative Future – erste Antworten auf die Herausforderungen
Details zu Creative Future
Liveblogging der internen Präsentation – von BBC-Blogger Paul Mason
Kritik von ITV und News Corporation

Find, Play and Share – BBC-Pläne für Programmangebot, Navigation, Katalogisierung
Die BBC rüstet sich für die digitale Zukunft – Gina Thomas, FAZ

Firmen fälschen

Der Produktpiraterie-Fall NEC.

Spiegelverkehrter NEC-Schriftzug Vor langer Zeit habe ich im Pariser Musée de la Contrefaçon die unzähligen Fälschungen von Louis-Vuitton-Koffern, Nivea-Dosen und Schweizer Taschenmessern bewundert. Die nächste, erstaunliche Stufe der Markenpiraterie beschreibt ein Artikel der Herald Tribune: Faking a company. Die Fälscher haben die NEC-Produkte nicht in einer eigenen Fabrik gefertigt, sondern produzieren lassen, Lizenzen und Forschungsaufträge vergeben, mit eigenen Visitenkarten und Firmenschildern.

Karten für alle

Eigene Google Maps erstellen.

Leuchtturm auf einer Landkarte Jetzt hat Google Maps also endlich Straßendaten für Deutschland und deutlich mehr hoch auflösende Luftbilder. Vielleicht wissen es nicht alle: Über eine Schnittstelle lassen sich Google-Karten kostenlos auf der eigenen Seite einbinden. Ein Beispiel dafür ist diese hochgradig inoffizielle Karte der NDR-Standorte im Norden. Natürlich gibt es auch schlüsselfertige Lösungen wie Tagzania oder Wayfaring.

Mehr dazu:
Offizielle Dokumentation
Inoffizielles Tutorial
GoogleMapKi

Gegebene Anlässe

Medienbesuche in Tschernobyl.

Tschernobyl-Silhouette Mit einer Diesellokomotive (Konrad Schuller), einem klapprigen Skoda-Kombi (Charles Hawley), dem Zug (Boris Reitschuster) und einem weißen Kleinbus (Gerhard Waldherr) sind sie angereist, um „einen dunklen, klobigen Kasten“ (Waldherr), einen „fensterlosen Koloss“ (Schuller) in Augenschein zu nehmen. Und die Dosimeter piepsen (Waldherr), piepen (Ranga Yogeshwar) und blinken (Reitschuster).

(Alternativen: Mit dem Motorrad fahren — oder am 20. Tschernobyl-Jahrestag daheim bleiben.)