1968+40

Zeitreise auf Radio 4.

BBC Radio 4 hat vor einer Woche mit einer aufwendigen Zeitreise begonnen: 1968 Day by Day erinnert temporeich an große und kleine Ereignisse vor 40 Jahren, mit Originalmaterial und Musik aus der Zeit. Die Sendungen einer Woche gibt es auch zusammengefasst als 30-minütigen Podcast, jeweils am späten Sonntagabend aktualisiert. Die BBC hofft außerdem auf Nutzereinträge bei ihrem Zeitzeugenprojekt Memoryshare.

Medien/Museen

Zu Besuch in New York.

Design for the Elastic Mind, Museum of the Moving Image, Paley Center for Media

Farb-Barcodes, Google-Maps-Mashups, Rapid Prototyping — ganz offensichtlich hat jemand im Vorfeld das Museum of Modern Art informiert, dass ich New York besuchen würde. Die Ausstellung Design for the Elastic Mind zeigt noch bis zum 12. Mai, wie sich technischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Wandel in Design niederschlägt und von Designern aufgenommen wird. Ein schöner Satz aus dem Katalog: „One of design’s most fundamental tasks is to stand between revolutions and life, and to help people deal with change.“ Glücklicherweise gibt es nicht nur die Ausstellung selbst, sondern auch eine umfangreiche Website und eine exzellente Online-Audio-Tour. (Wenn jemand deutsche Museen kennt, die ihre Veranstaltungen und Schauen in ähnlicher Weise begleiten: bitte schnell für Grimme vorschlagen!).

Ein paar meiner Favoriten in der Ausstellung:

  • Im Spatial Information Design Lab der Columbia University ist das Projekt Million Dollar Blocks entstanden. Im MoMA zu sehen ist unter anderem eine Karte mit 17 benachbarten Wohnblöcken in Brownsville, Brooklyn. 109 ihrer Bewohner sitzen im Gefängnis, was den Bundesstaat New York jedes Jahr 17 Millionen Dollar kostet. Naheliegende Frage: Was könnte man mit diesem Geld dort ändern?
  • W. Bradford Paleys schon ein paar Jahre altes Programm TextArc analysiert Texte, etwa den von „Alice im Wunderland“, auf grafische Weise. Alle Wörter, die mehrmals vorkommen, werden in einem Kreis angeordnet. Dabei sind nicht nur (wie bei Schlagwort-Wolken) häufiger auftauchende Wörter größer als andere, die Wörter sind auch dort positioniert, wo sie im Text am häufigsten auftauchen. Dazu zeichnet TextArc die Querverbindungen der Wörter untereinander. (Im Netz ist auch ein TextArc für Shakespeares Hamlet zu finden.)
  • History Flow visualisiert Bearbeitungsmuster von Wikipedia-Einträgen: Wachstum, Vandalismus, Hin- und Her-Editiererei — was alles so passiert, wenn Nutzer zusammenarbeiten.
  • Ben Frys Human vs. Chimps zeigt, wie sich das FOXP2-Gen — wichtig für die Entwicklung der Sprachfähigkeiten — zwischen Schimpansen und Menschen unterscheidet (nämlich kaum).

Zwei weitere, ganz unterschiedliche Museen lohnen sich ebenfalls für besonders medieninteressierte New-York-Besucher. Das Museum of the Moving Image in Queens ist, anders als die eigene Website behauptet, derzeit nicht geschlossen — aber vorher nachzufragen ist sicher keine schlechte Idee. Die Hauptausstellung Behind the Screen zeigt Film, Fernsehen und Videospiele vor allem anhand von Gegenständen und kleinen Experimenten: Wie wirken die außerirdischen Raumschiffe aus Independence Day, wenn statt des eigentlichen Soundtracks Musik von Rammstein oder Gustav Holst gespielt wird? Wie sieht eine Baseball-Live-Übertragung für einen Bildmischer aus?

Ohne Gegenstände kommt das Paley Center for Media aus, das in vielen Stadtplänen noch als „Museum for Television and Radio“ bezeichnet wird. Schon am Eingang werden erstmalige Besucher gewarnt, dass sie es nicht mit einem gewöhnlichen Museum zu tun haben, sondern eher mit einer Mediathek. Das Gebäude besteht fast nur aus Zuschauer- und Zuhörer-Räumen, vom Kinosaal bis zur Einzelkabine. Herzstück des Paley Centers ist die Sammlung von 120.000 Fernseh- und Radiosendungen, und der Eintrittspreis beinhaltet 60 Minuten freie Auswahl. Das reicht zum Beispiel, um die erste Folge der bahnbrechenden Dokumentation An American Family aus dem Jahre 1973 anzusehen, aber natürlich auch für vieles andere. Mögen diese Schätze eines Tages vollständig, in hoher Qualität und legal (damit: stabil) im Netz verfügbar sein — bis dahin ist ein Besuch in New York oder Los Angeles notwendig.

Paroxysmal

Fertigkochbuch-Rezension für Genießer.

I didn’t put this anywhere near my mouth. It looked and smelled so awful and everyone around me was in paroxysms of revulsion – I’m afraid I’m too smart to eat something that gets that kind of reaction. Moussaka’s bad at the best of times, but this smelled like a crow had got trapped in the chimney and you couldn’t find it.

(Die britische Kochbuch-Bestsellerautorin Delia Smith hat ein Buch mit Rezepten zusammengestellt, in denen Fertigprodukte aus dem Supermarkt die Hauptrolle spielen. Der Guardian hat fünf der Rezepte nachgekocht und einer Gruppe von Köchen und Gourmets vorgesetzt. Das Ergebnis ist unterhaltsamer als jede übliche Kochbuch-Rezension.)

Einbaufilme

BBC stellt Videos zur Meldung.

Dass Online-Videos zu den entsprechenden Artikeln gehören, weiß die BBC schon eine ganze Weile. Jetzt verabschiedet sie sich nach und nach von den Links, die zu Popup-Fenster führen, in denen dann Windows-Media- und RealMedia-Filme starten, und baut Videos mit dem Flash-basierten Embedded Media Player ein. Und eine wichtige Passage, via Fabian Mohr: „Note, you will eventually be able to syndicate and embed BBC video in your own sites.“

Nachtrag: Die Einbaufilme sind offenbar ein Erfolg. „Early signs suggest that on those stories where we’ve embedded the video in a story, as opposed to providing the link to a pop-up player as we’ve done up to now, the video gets about ten times more usage than before.“

Eingebettetes BBC-Video

Wer eines der Videos (wie dieses) abspielt, erkennt an der Farbe des Fortschrittsbalkens die Verwandtschaft dieses Players mit der BBC-On-Demand-Plattform iPlayer, die derzeit wieder für Schlagzeilen sorgt. Die BBC hat vor kurzem eine iPlayer-Variante für iPhone und iPod touch eingeführt – auf diesen mobilen Geräten laufen die TV-Inhalte ohne DRM, also ohne Rechtebeschränkung. Prompt hatten findige Menschen damit einen Weg, an DRM-freie Videos zu kommen.

Rasterplanung

FR-Ausgaben von 1968 im Netz.

Für die Frankfurter-Rundschau-Ausgaben von 1968 ist derzeit kein Bibliotheksbesuch nötig: Täglich landet eine 40 Jahre alte Zeitung als PDF-Faksimile im Netz. Erstaunlich, wie sehr sich die Titelseiten damals ähnelten, wie strikt das Gestaltungsraster dafür war. Da haben die meisten Print-Zeitungen heutzutage mehr Spielraum. Anders als die meisten Online-Newsportale: Gewichten heißt da im Regelfall ja auch nur, dass Meldungen Plätze tauschen.

FR-Titelseiten von 1968