Rückkanal

Die BBC-Nutzer und das Problem-Benzin.

Das hier wird ein weiteres Lehrbuch-Beispiel für Journalismus im Webzeitalter: Zahlreiche britische Autofahrer, die bei zwei Supermarktketten getankt haben, bekommen plötzlich Probleme — der Wagen ruckelt, setzt aus, bleibt stehen. In den Werkstätten werden langsam die Ersatz-Lambdasonden knapp. Aber das Phänomen verteilt sich auf ziemlich weite Landstriche, so dass die Fahrer nichts voneinander wissen.

Sue Nix erzählt im BBC Editors Blog, wie sich zuerst in einer Region die Anrufe von Autofahrern mit Problemen häufen. BBC News 24 öffnet schließlich den Rückkanal und bittet aktiv um SMS-Rückmeldungen von betroffenen Autofahrern. Ergebnis: In drei Stunden bekommt die BBC 4.600 Mails und SMS von Fahrern, die von Problemen nach dem Tanken berichten. Folge: Eine Stunde nach der Bitte um Rückmeldungen ist die Geschichte die Topmeldung. Online präsentiert die BBC eine Karte der Orte, an denen die Nutzer mit Problemen getankt haben. Jetzt bleibt noch die Frage, wie genau das Benzin kontaminiert worden ist.

(Nebenher: Die BBC hat eine Anlaufstelle für eingehende Mails, SMS und Videos. Jeweils nur eine Kontaktadresse. Und ein kleines Team, das die eingehenden Inhalte im Hause verteilt.)

Erfolgsmaßstäbe

Bei der BBC sind Webversteher unterwegs.

The web is not just a way of getting TV out. We need to rethink the idea that if something is successful it goes to BBC One. We need to perhaps think that something is successful if it is a success on YouTube.

Sagt Ashley Highfield, der BBC-Direktor für Future Media and Technology. Anlass: Im Auftrag der BBC soll Endemol eine interaktive Online-Serie für Teenager namens „Signs of Life“ produzieren. (Via MediaGuardian, Registrierung erforderlich.) Wenn freienseiten.de Recht hat, sieht übrigens auch die WDR-Spitze die Weiterverbreitung eigener Beiträge bei YouTube überwiegend positiv.

More soon

Die Nacht der BBC-Eilmeldungs-Mails.

Nobody expects the BBC breaking news alert!

Man charged with terror offences

Our chief weapon breaking news: A man has been charged with terror offences and…

Two more face terror charges

Two more! I mean, three men have been charged with…

One more facing terror charges

One more! Four! Our breaking news is that four men are now facing terror charges and..

Five now face terror charges

I’ll come in again.

(With due apologies to Monty Python.)

Carole und Clown

Das berühmte Testbild-Mädchen.

Carole Hersee, das Mädchen vom Testbild Sollte sich übrigens jemand bei „Life on Mars“ über den kurzen Auftritt eines kleinen Mädchens mit einer hässlichen Clownspuppe gewundert haben: Beide stammen aus dem wohl berühmtesten BBC-Testbild, das es gibt — Test Card F von 1967. Um die Geräte auch im Zeitalter des Farbfernsehens perfekt abzustimmen, entwickelten die BBC-Techniker nicht nur die üblichen Farbbalkenfolgen, Gitternetze und Säulenmuster. In der Mitte spielt Carole, die Tochter des BBC-Ingenieurs George Hersee, Tic Tac Toe gegen die Puppe. Dabei markiert das Kreuz auf der Tafel die Bildschirmmitte. Der aktuelle Nachfolger, Test Card J, war übrigens im Januar 2007 zuletzt im Einsatz.

Mehr dazu:
BBC-Testausstrahlung von 1978
Daily Telegraph: The man who listens to test card tunes by choice
BBC-Radiodoku über Fans von Testbild-Musik
Test Card F als Bildschirmhintergrund
Design Observer: The Mysterious Disappearance of Carole Hersee

Nachtrag: Fiese Kürzungen waren ja schon zu befürchten, aber nach diesen Schilderungen spare ich schon mal auf die DVD.

Nachholbedarf

BBC iPlayer kommt langsam voran.

Das BBC-Aufsichtsgremium namens BBC Trust (ehemals Board of Governors) hat jetzt eine vorläufige Bewertung der geplanten Download-Plattform iPlayer (ehemals iMP) abgeliefert. Die BBC will mit dem iPlayer Nutzern unter anderem ermöglichen, Inhalte nach ihrer Fernseh-Ausstrahlung im Internet zu schauen. Das Ergebnis ist weitgehend positiv für die BBC, insgesamt erwartet der Trust „significant public value“ vom iPlayer.

Ein paar Abstriche sieht der vorläufige Bericht allerdings vor. Der Trust will beispielsweise den Zeitraum zum Nachholen einschränken. Die BBC wollte Inhalte bis 13 Wochen nach der Sendung anbieten, der Trust schlägt stattdessen 30 Tage vor. Auch das Sammeln von TV-Serienfolgen, solange die Serie läuft, soll nicht ohne Weiteres möglich sein. Der Trust unterscheidet streng zwischen verschiedenen Formaten. Bleak House (abgeschlossen) oder Doctor Who (abgeschlossene Staffeln) sollen die Nutzer komplett bekommen können, EastEnders (fast-tägliche Soap) dagegen nicht.

Die BBC will die Nachhol-TV-Inhalte mittels DRM schützen: „digitaler Rechteminderung“, wie die FAS das vor kurzem so schön griffig bezeichnet hat. Nach sieben Tagen muss der Nutzer die Sendung geschaut haben, sonst löst sie sich in digitale Luft auf. Zu Recht kritisiert der Trust dabei die Pläne, ausschließlich auf Windows Media Player 10 für Windows XP zu setzen: Auch Apple- und Linux-Nutzer sollen in den Genuß des iPlayers kommen. Auch bei den Audio-Inhalten, die ohne DRM ins Netz kommen sollten, macht der Trust Einschränkungen: Komplette Lesungen und vollständige Aufführungen klassischer Musik sieht der Trust als Gefahr für den Markt der Hörbücher und Klassik-CDs.

Kleiner Exkurs: Der Genehmigungsprozess für solche neuen Projekte ist bei den Briten komplex.

  • Das BBC-Management legt den Vorschlag dem BBC Trust vor.
  • Ein Gremium des BBC Trust überprüft den Vorschlag auf seinen Wert für die Öffentlichkeit (Public Value Assessment).
  • Gleichzeitig prüft die Regulierungsbehörde Ofcom mögliche Auswirkungen auf den Markt (Market Impact Assessment).
  • Der BBC Trust prüft beide Berichte und fällt eine vorläufige Entscheidung (Public Value Test). Nach einem 28-tägigen Konsultationsprozess entscheidet der BBC Trust endgültig. Für den iPlayer ist dabei der 2. Mai anvisiert.