Auf die Finger

Über die kleine Medienkritik in Weblogs.

  1. Medienrauschen: Wird man es bei Spiegel Online jemals lernen?
    (Kurzfassung: In einem Spiegel-Online-Artikel sind Wikipedia-Auszüge ohne Quellenhinweise übernommen.)
  2. Mathias Schindler: Spiegel Online: Souveräne Reaktion
    (Kurzfassung: Spiegel Online hat sich entschuldigt.)
  3. Peter Turi: Spießer2.0
    (Kurzfassung: Kritik an kleinkarierten Blog-Attacken gegen die etablierten Medien.)
  4. Fabian Mohr: Warum Haue pädagogisch wertvoll ist
    (Kurzfassung: Inhalte kopieren ist nicht nur provinziell, sondern dumm.)

Bloggende Nachrichtenagenturen?

AP sendet Blog-Meldungen.

Jetzt wird es endgültig verwirrend: Associated Press hat angefangen, Blogeinträge als Meldungen über den Agenturticker zu geben. Die armen Redaktionen bekommen beispielsweise von AP-Football-Reporter Dave Goldberg am 5. Januar eine Meldung, die aus zwei einzelnen besteht, datiert 4. und 5. Januar. Am selben Tag läuft über den AP-Ticker eine Sammlung von Einträgen, die am 30. Dezember beginnt und von einer ganzen Reihe unterschiedlicher Autoren stammt. Offenbar wird die Meldung einfach täglich verlängert gesendet. Am 6. Januar kommt dann dies: „The following blog is from Jerusalem where AP staffers Aron Heller and Sara Toth covered the story of Prime Minister Ariel Sharon’s health crisis.“

Was genau sollen die AP-Kunden denn damit anfangen? Bei vielen Onlineangeboten läuft es einfach ungefiltert und verwirrend heraus, wie es hereingelaufen ist. Aber selbst da, wo Journalisten das Material bekommen, können sie ja schlecht daraus ein eigenes Blog erschaffen. Sollen sie es so abdrucken?

Echte Blogs bei der Times

Im Vorfeld der Oscar-Verleihungen.

Als die New York Times zum US-Wahlkampf 2004 Times on the Trail präsentierte, war Online-Chefredakteur Len Apcar noch skeptisch: „I looked at many blogs and I came away thinking I was not interested in creating a blog, but I was interested in creating something completely different.“ So fehlte dem Nicht-ganz-Blog-oder-doch eine klare Ich-Stimme.

Es geht aber inzwischen auch anders: Carpetbagger ist ein Film-Weblog von David Carr im Vorfeld der Oscar-Verleihungen. Damit ist die Lebenszeit des Blogs vorherbestimmt: Es ist „designed to run the length of the Oscar season“, schreibt Carr. Ein schöner Weg, um Erfahrungen mit NYT-Blogs zu sammeln, ohne dass ein Scheitern dramatisch auffallen würde. Carpetbagger basiert auf WordPress, hat permanente Links, Kommentare und einen RSS-Feed.

Nachtrag: In einem lesenswerten Rundschreiben der New York Times heißt es, dass mehrere andere Blogs vor dem Start stehen. Vize-Chef vom Dienst Jonathan Landman ärgert sich über die Dauerfehde um die bösen/guten Blogs und die guten/bösen Zeitungen. „The point is, a blog is nothing more than a piece of technology.“

Echte BBC-Blogs

Politikchef Nick Robinson macht den Auftakt.

BBC-BlogIm Juli hat BBC-Chef-Onliner Pete Clifton einen „Blog Ban“ verkündet. Mit gutem Grund: „The site has called all manner of things blogs in recent months, even, briefly, this column. None of them have been blogs, and our publishing system does not currently have the tools to produce them properly. (…) So until our kit can produce a blog that behaves properly, I’ve banned us calling anything on the site a blog.“

Jetzt startet BBC-Politikchef Nick Robinson sein Newslog auf einer echten Blog-Plattform (nämlich TypePad von Six Apart) mit permanenten Links, Kommentarfunktion und RSS-Feed. Robinson kündigt mehr an: „The BBC is about to start a trial series of blogs, each of which will be built using the kind of software employed by millions of weblogs around the world. This is the first of that trial.“

Beim G8-Gipfel in Gleneagles gab es bereits ein TypePad-Weblog der Sendung Newsnight — allerdings hat sich die Redaktion dabei an den BBC-Regeln vorbeigemogelt, wie Newsnight-Korrespondent Paul Mason mit etwas Stolz zugibt.

Nachtrag: Übrigens hat die BBC auch gerade die internationale Version ihres Onlineangebots neu gestaltet.

Grenzgooglen

Weblogs als Belastung bei Ein- und Ausreise.

Den Rat, sein Weblog so vorsichtig zu verfassen, als sei es an den nächsten Personalchef gerichtet, kannte ich schon. Demnächst werden die Übervorsichtigen wohl auch noch raten, darauf zu achten, wie die eigenen Einträge auf einen Grenzbeamten wirken könnten: Einer der bekanntesten iranischen Blogger sagt deswegen gerade Goodbye to America. (Via Club Volt.)