Francis Urquhart

Schauspieler Ian Richardson ist tot.

Der sinistre britische Politiker Francis Urquhart auf seinem Weg vom Unterhaus in die Downing Street war die Rolle, die Ian Richardson so gut gespielt hat, dass er sie nie wieder loswurde. Die Romanvorlage „House of Cards“ hat Michael Dobbs geschrieben, der unter anderem Berater von Margaret Thatcher und John Major war. Die Verfilmung von 1990 war auch deswegen als Telekolleg Machiavellismus so überzeugend, weil Richardson den völlig skrupellosen Politiker eben doch streckenweise sympathisch erscheinen ließ. Längst in den englischen Sprachgebrauch übergegangen ist Urquharts Lieblingsformulierung: „You might say that, I couldn’t possibly comment.“ Ian Richardson ist am Freitag gestorben.

Nachruf bei BBC News
Nachruf im Guardian

Anglofrankreich

Akten aus dem britischen Nationalarchiv.

Eine erstaunliche Berichterstattungswelle lösen in Großbritannien regelmäßig die freigegebenen Dokumente aus den National Archives aus. Früher gab es im Regelfall nach 30 Jahren Einblick in die dort gelagerten Regierungsakten, allerdings konnte der Lordkanzler diese Frist im Einzelfall verlängern oder verkürzen (natürlich: verlängern!). Jetzt sind alle Dokumente dank Informationsfreiheitsgesetz im Prinzip zugänglich, wenn sie nicht unter die eine oder andere Ausnahme fallen.

Auf Grund solcher Aktenfreigaben berichtete die BBC etwa im Dezember 2005, was Großbritannien 1975 im Falle eines Nuklearkrieges vorhatte (Audio dazu: „This is the Wartime Broadcasting Service. This country has been attacked with nuclear weapons.“). Jetzt ist eine rosafarbene Akte mit dem Titel „Anglo-French Union“ aufgetaucht. Das war der radikale Vorschlag, mit dem der französische Premier Guy Mollet 1956 in London auftauchte: Großbritannien und Frankreich sollten sich zu einer Union zusammenschließen. Alternativ wollte Frankreich dem Commonwealth beitreten, mit der jungen Königin Elisabeth II. als Staatsoberhaupt.

Viel spannendes Material, das da in Archiven gehoben wird; hierzulande in Feuilleton-Serien wie „Wir vom Archiv“ (FAZ) weniger prominent als in Großbritannien.

Ende der Wahlnacht?

Britische Reformpläne.

Mit Polizeieskorte für den Wahlurnen-Transport und Bankangestellten als Auszähler hat es der britische Wahlkreis Sunderland South 1992 erstmals geschafft, seine Stimmzettel in nur zwei Stunden auszuzählen — damals Rekord. Dann sind die Sunderlander ehrgeizig geworden: Im vergangenen Jahr brauchten sie nur 42 Minuten und 45 Sekunden.

Diese Hektik soll bald vorbei sein: Nach vergangenen Betrugsfällen sollen Geburtsdaten und Unterschriften von Briefwählern in Zukunft genau überprüft werden. So genau, dass das Auszählen nicht mehr um 22 Uhr losgehen soll, sondern erst am nächsten Morgen — sagt jedenfalls Bridget Prentice, die für Wahlen zuständige (tief Luft holen) Parlamentarische Stellvertretende Staatssekretärin im Verfassungsministerium.

Die Medien trauern vorbeugend schon einmal: Wo käme Britannien hin ohne etwa den legendären Portillo Moment um drei Uhr in der Nacht, als New Labour den ultrasicher geglaubten Wahlkreis des Verteidigungsministers einnahm? Ohne stundenlange Fernseh-Sendungen und Überraschungen im Morgengrauen?

Fasse Dich kurz

Die Kunst der Teletext-Schlagzeile.

Ceefax-Ausschnitt Mit dem knappen Platz einer Teletext-Zeile auszukommen, ist eine hohe und unterschätzte Kunst, die Wortfeld bereits gewürdigt hat. Perfektioniert wurde sie in Großbritannien: Jahrelang musste dort jede Schlagzeile die exakt gleiche Buchstabenzahl haben, selbst an äußerst dramatischen Tagen. Bei einer Textlänge einer Fünftel-SMS ist es nicht verwunderlich, dass das Vokabular erfahrener Teletexter vorwiegend aus kurzen Wörtern besteht. Mittlerweile hat die BBC-Sportredaktion immerhin ganze drei Zeichen Spielraum. (Bei der BBC entstehen die Teletext-Seiten mittlerweile automatisch aus Überschrift und Anfang der Internet-Artikel.)

Austrocknende Kanäle?

Wie die BBC die Zukunft des Fernsehens sieht.

Alle zehn Jahre steht bei den Briten eine königliche Satzung auf dem Prüfstand, die Ziele und Strukturen der BBC festlegt. Weil diese BBC-Charta Ende des Jahres ausläuft, macht sich BBC-Medienjournalist Torin Douglas Gedanken darüber, wie Rundfunk — insbesondere Fernsehen — am Ende der nächsten Charta-Laufzeit im Jahr 2016 aussehen könnte.

For older viewers, TV channels are still likely to play an important part in their viewing selection. Many people want an editor to help make their choices for them – and there will still be a need for experienced broadcasters to commission top-flight programming. (…) But the young are growing up in an entirely different world, expecting to find content which seeks them out on their mobile phone or computer. They’ll be creating their own programmes, videoing their friends on mobile phones and webcams, and swapping programmes among themselves.

Die britische Regierung hat ihre Pläne für die neue Charta übrigens vor kurzem vorgelegt. Die BBC soll demnach weiter durch Rundfunkgebühren finanziert werden, allerdings sollen Aufsicht und Management schärfer voneinander getrennt werden.