Benedetto XVI
Joseph Ratzingers Wahl zum Papst
Kurz nach 18 Uhr im Teletext gesehen:
Vier Sätze, bei einem Spielraum von 95 Zeichen: Hut ab! Zu den weiteren Highlights des Tages gehörten die Nachrichtensender, die den gesamten Tag den Kamin der Sixtinischen Kapelle einblendeten, und der Bürgermeister von Ratzingers Geburtsort Marktl, der im Bayerischen Fernsehen flugs Freibier für alle verkündete.
Nachgetragen: Zu den Gewinnern des Tages zählt offenbar auch Margaret Marks.
Des weiteren: Gewinner im Minutenrennen unter den deutschen TV-Sendern war laut AFP Phoenix (via). Unklar bleibt, warum die edizione stradordinaria des Osservatore Romano (Titelseite) mit einem Rand aus Bananengewimmel dekoriert war. Klar ist dagegen, dass Frank Patalong für seinen Bericht von der Kölner Domplatte einen Preis für die Überschrift bekommen muss.
Abschließend: Wie sich die Agenturmeldungen überschlugen, schreibt das Abendblatt. Die Bild-Zeitung schwelgt in Riesenlettern, während die taz schwarz sieht.
5 Kommentare
Bild Online brachte es auf drei Worte: „WIR SIND PAPST!“
Ich kann gut verstehen, wenn man diese Teletext-Meldungen unsäglich findet. Unsäglicher fand ich nur die TAZ, die ausschließlich Hämeberichte über den neuen Papst veröffentlichte. Dazu wissen diese Journalisten natürlich schon, bevor Kardinal Ratzinger IRGENDETWAS bewirken/verhindern/erlauben konnte, daß nun alles grauenhaft werden wird. Man vergißt zwar so nebenbei, daß der verstorbene Papst (jetzt plötzlich hochgeachtet im fast gesamten deutschen Feuilleton) und Kardinal Ratzinger in wohl allen Bereichen die gleichen Meinungen vertraten, aber watt solls.
Nicht nur BILD ONLINE, auch die kreischende Seite 1 von der gedruckten Bild, faselte dann so, wie Torsten es berichtet. Die TAZ, während ich haufenweise kritische bis haßerfüllte Kommentare las, wähnte, die Welt scheinbar für BILD haltend, Deutschland im kurzen nationalen Taumel. Empirisch unsinnig, aber watt solls, Teil 2.
Bevor es die Kultur der Häme an der postmodernen Universität und in Feuilletons gab, pflegte man seinen Gegnern eine gewisse Frist einzuräumen, man sprach oft von den bekannten „hundert Tagen“. Einem 78jährigen, der lieber mit seinem Bruder den Tag verbracht, Bücher gelesen und welche geschrieben hätte, für seine fürchterlich schwierige neue Aufgabe, die er als gläubiger Christ wie schon manche Vorgänger nicht ablehnen konnte, wenn er das gewollt hätte, ein wenig Eingewöhnungszeit zu geben, bevor es auf ihn losdeutschdonnert, wäre wohl viel verlangt. In anderen Ländern hält man sich meist daran.
Phoenix war deshalb am Schnellsten, weil der überaus sympathische, ins Haßklischee gar nicht passende Reporter (Stefan Kulle) einst im Vatikan gearbeitet hatte, und jemand ihm etwas früher verraten hatte, wer Papst würde. Erst ein paar Minuten später wurde es dann verkündet. Daran ist in dem ganzen Mediengewimmel nichts so schrecklich schlimm, oder? Die Häme der Geiferer wird seltsamerweise nicht kritisiert, in dieser medialen Sicht der Welt. Watt juckt denn ein Teletext im Vergleich zu so vielen Besserwissern und Hassern…
Ich höre beim Teletext-Kommentar mal keine Ironie heraus – die Zeilen stammen nämlich von mir, und an dem Tag hat Teletexten auch Spaß gemacht.
Interessant fand ich, dass n-tv die ganze Zeit schon meldete, dass es einen neuen Papst gebe – obwohl der Rauch zu dem Zeitpunkt farblich kaum eindeutig war.