Gezähmte Macht im Netz

ICANNs Antwort auf den WGIG-Bericht

ICANN hat auf den Abschlussbericht der UN-Arbeitsgruppe Internet Governance WGIG für den Weltinformationsgipfel WSIS mit einem 21-seitigen Statement geantwortet. Zur Rolle der US-Regierung beim Autorisieren von Änderungen an der Rootzonen-Datei (die die Domainendungen enthält) schreibt ICANN: „The transparency of the arrangements, coupled with the value system of the Internet’s stakeholders, is such that neither the US or any other government, nor any individual, organisation, nor group of organisations, is able, either now or in the future, to abuse the editing function of the root zone file.“

Bei aller Kritik an der US-Sonderrolle ist da viel Wahres dran — es handelt sich hier um gezähmte Macht. Spielen wir dazu mal dem völlig hypothetischen Fall durch, dass die US-Regierung wegen irgendeines Streits die Streichung des .de-Eintrags aus der Rootzonendatei beschließt. Erstens hätte ich größte Zweifel daran, dass die gegenwärtigen Betreiber der Rootserver dem folgen würden. Mindestens einige, wenn nicht alle, würden bis zu einer Klärung des Streits beim Status quo bleiben. Zweitens hätte ich keinen Zweifel daran, dass sich andernfalls Deutschlands Wirtschaft, Staat und Wissenschaft innerhalb von Stunden zusammenfinden würden, um ein alternatives Rootserversystem aufzusetzen und damit den Schaden im niedrigen Millionenbereich zu belassen. Der technische Betrieb eines Rootservers ist schließlich weder Geheimnis noch Wunderwerk.

In einem solchen Missbrauchsfall verlören die USA also blitzschnell ihre Sonderstellung. Der konstruierte Fall sähe allerdings möglicherweise anders aus, wäre eine weitaus kleinere Top-Level-Domain ohne Lobby betroffen.

Die USA und die Domainnamen

Ein US-Dokument zu ICANN und Co.

Das US-Handelsministerium hat ein vier Absätze langes Dokument zum Domainnamensystem veröffentlicht, das für einigen Wirbel sorgt. Zum einen wird die ICANN gegen Versuche gestärkt, die Internetverwaltung unter UN-Kontrolle zu stellen. Zum anderen betont die US-Regierung, dass sie ihre historische Rolle bei der Verwaltung der Rootzonen-Datei fortführen will: Wenn also eine neue Top-Level-Domain eingerichtet wird oder sich der Verwalter einer Länderdomain ändert, muss die US-Behörde NTIA dem zustimmen. Das alles geschieht kurz vor Veröffentlichung des Berichts der WGIG (Arbeitsgruppe zu Internet Governance), die dem UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft WSIS zuarbeitet.

Erste Reaktionen:
Monika Ermert: „überraschend klare Kampfansage an die internationale Gemeinschaft“
Michael Froomkin: „This new statement is consistent with some of what Commerce has said to Congress in the past, but it is not consistent with much of what the US has been telling its allies.“
Thomas Roessler: „Much of the context we’re missing now will fall in place when [the WGIG report] becomes available.“

Nachtrag:
Paul Hoffman (IMC): „The short, careful wording appears to be more of a threat to ICANN than a power grab.“ (via)

Terrorcrawl

Verschlüsselte Botschaften im Al-Dschasira-Laufband.

Al-Dschasira-Laufband

Natürlich gibt es Menschen, die im Laufband von Al-Dschasira verschlüsselte Botschaften mit den Koordinaten von Anschlagszielen, Daten und Flügen vermuten (schließlich gibt es auch Alufolien-Hüte gegen Bewusstseinskontrolle). Dass solche Menschen allerdings bei der CIA sitzen und dass dies zur Erhöhung der US-Terrorwarnskala geführt hat — kaum zu glauben, aber laut einem bestätigten NBC-Bericht wahr. Immerhin erklärt dies die angeblichen Anschlagspläne von Al-Qaida für die 2.000-Seelen-Stadt Tappahannock in Virginia. (via)

Nachtrag: Am Morgen ist es auch über den deutschen Dienst der AFP gelaufen. Spätestens am Nachmittag landet es bei Spiegel Online. (Wenig später: Na also.)

Schließlich dies:
Zu Recht wird in den Kommentaren gefragt, welche Botschaft sich denn nun im Laufband verbirgt. Selbst ist der Steganograf: Schon beim genaueren Hinsehen ist zu bemerken, dass das Laufband (hier in einer Aufnahme vom 23.6.05) nicht vor einem gleichmäßigen roten Hintergrund läuft. Schemenhaft sind graue vertikale Linien zu erkennen (1). Das wird besonders deutlich, wenn das Laufband invertiert und der Kontrast kräftig erhöht wird (2). Nun zeigen sich etwa gleich große Blöcke mit und ohne Hinterlegung. Statt den Kontrast zu erhöhen, ersetzen wir bei den Blöcken das Grau durch Rot, damit sich die Blöcke vom arabischen Text abheben (3). Der Rest ist reine Fleißarbeit: Einfach ein paar übliche Strichcodes ausprobieren, bis eine Übereinstimmung gefunden wird (4).

Steganografische Analyse des Laufbands

Nach dieser Analyse wird überdeutlich, dass sich der Deutsche Lotto- und Totoblock ein paar unangenehme Fragen gefallen lassen muss.

US-Zeitungen und RSS

Acht der zehn auflagenstärksten Blätter bieten viele Feeds an.

Dies sind die zehn US-Zeitungen mit der höchsten Auflage:

Natürlich geht es nicht um die Zahl der Feeds: lieber 20 gute als 173 schlechte, und womöglich verstecken sich bei manchen Blättern woanders weitere RSS-Feeds. Die Liste veranschaulicht aber den Trend zu maßgeschneiderten Feeds.

Zeitungsbloggen

Drei spannende Blogs der Spokesman-Review.

Die Spokesman-Review ist eine 1894 gegründete Lokalzeitung in Spokane im US-Bundesstaat Washington. Sie gehört zu den 100 größten Zeitungen der USA nach verifizierter Auflage, aber nur ganz knapp. Und sie hat drei ziemliche spannende Blogs: Ask The Editors erklärt sich selbst, bei News is a Conversation loben und kritisieren drei Gastblogger die Zeitung, und Daily Briefing entsteht nach der Morgen- und Nachmittags-Konferenz. (Gefunden via Pete Clifton.)