Auntie Beebs Zukunft

Der Guardian will die BBC retten.

Das Titelthema der Guardian-Medienbeilage lautet diesmal:

How to save the BBC

Retten? Aus dem Ausland betrachtet ist die BBC nicht nur journalistisch, sondern auch technologisch weit vorn und hat das Internet besser verstanden als viele andere. Politisch steht sie allerdings unter Druck. Der könnte drastisch zunehmen, wenn die Tories die nächste Wahl gewinnen, und danach sieht momentan alles aus.

„Top-slicing“ ist die Idee, der BBC Teile der Rundfunkgebühr wegzunehmen und anderen Anbietern zu geben, die eine Ausschreibung gewinnen. In der Diskussion geht es vor allem um Channel 4, einen TV-Sender, der nicht recht in eine Schublade passt: Rein kommerziell finanziert, aber mit Programmauftrag, hat er sich immer stärker auf den Mainstream konzentriert und unter anderem Big Brother nach Großbritannien gebracht. Die BBC – und auch ihr Aufsichtsgremium BBC Trust – wehrt sich vehement dagegen. Die Guardian-Autoren scheinen den „top-slicing“-Ansatz ebenfalls für den falschen Weg zu halten, fordern aber einen Mentalitätswandel. Gerade im Netz könnte die BBC für mehr Offenheit sorgen.

Quittung

Strafe für Zuschauerbetrug bei BBC-Quizzen.

Nach der Millionenstrafe für ITV hat jetzt auch die BBC die Quittung für den britischen Anrufquiz-Skandal bekommen. Wenn Mitarbeiter der Produktionsfirma als Mitspieler oder Gewinner auftreten, Zuschauer sich an längst aufgezeichneten Sendungen beteiligen sollen oder fiktive Gewinnernamen verlesen werden, dann summiert sich das zu einer Geldbuße von 500.000 Pfund, also etwa 630.000 Euro, zahlbar an den Obersten Zahlmeister Ihrer Majestät. Der Kommunikations-Regulierer Ofcom hat bei der Strafhöhe berücksichtigt, dass niemand mit den Täuschungen in insgesamt acht Sendungen einen Gewinn erzielte und dass die Strafe aus Gebührenzahler-Geldern beglichen wird.

Telefonkosten

Millionenstrafe für Quizbetrug bei ITV.

Ein Nachtrag zum britischen Anrufquiz-Skandal von 2007: Laut Guardian liegt die Strafe, die der Sender ITV für den Zuschauerbetrug zahlen muss, bei vier Millionen Pfund, also etwa fünf Millionen Euro. Dabei hat der Kommunikations-Regulierer Ofcom noch lange nicht die Höchsstrafe verhängt, unter anderem weil ITV zusätzlich bis zu zehn Millionen Euro an die Zuschauer zurückzahlen muss. (Zum Vergleich: Medienaufsicht in Deutschland.)

Nachtrag: Am Ende waren es dann sogar für alle vier Fälle zusammen 5,675 Millionen Pfund, also etwa 7,2 Millionen Euro.

Kopf im Netz

Multimedia bei britischen Onlinemedien.

Online-Videoplayer

Wohin mit den Onlinejournalisten? Eine der spannenden Fragen in der Studie „Convergence calls: Multimedia storytelling at British news websites“ (Download) von Neil Thurman and Ben Lupton, die auf einem internationalen Symposium in Austin vorgestellt wurde (via Reportr.net). Die Autoren haben mit den Online-Chefs von BBC, Sky, Guardian, FT, Mirror, Telegraph, Times und Sun darüber gesprochen, wie Videos, Podcasts und Animationen auf ihren Webseiten eingesetzt werden — und wie Multimedia im Tagesgeschäft organisiert wird.

Herauszuhören ist einige Skepsis, ob der vollständig integrierte, multimediale Newsroom wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Onliner, die sich als solche verstehen, sind offenbar auch in Zukunft wichtig: „If you have people who are in their heads in both places, the website doesn’t get the attention it needs“, sagt zum Beispiel Times-Onlinechefin Anne Spackman.

Die britischen Zeitungen gehen die Herausforderung Online-Video unerschrocken an und spotten über die „Fernseh-Mentalität“, alles mit höchstem Aufwand und ordentlichen Kosten zu produzieren. Aber auch für Online-Video ist der Aufwand beträchtlich: Für die Sun etwa investieren zwei Leute einen Arbeitstag für 120 Sekunden Bewegtbild, der Guardian setzt sogar auf Dreierteams.

Und zum Stichwort „elektronische Presse“: Den Befragten, sowohl von Zeitungen als auch von TV-Sendern, ist klar, dass bewegte Bilder nicht in einem Vakuum schweben, sondern einen Kontext — nämlich Text — benötigen. Die Videos verlassen bei den Nachrichten-Websites zunehmend die Schublade „Videos“ und werden direkt in die passende Meldung eingebettet.

Sinn und Zweck

Paxman-Rede zum Fernsehen.

Die MacTaggart-Rede auf dem TV-Festival von Edinburgh ist so etwas wie die Rede an die britische Fernsehmachernation, und diesmal hatte der hartnäckige, angriffslustige Journalist Jeremy Paxman die Ehre. Er hat einerseits auf Tony Blairs Medienkritik geantwortet, andererseits natürlich auf die Diskussion um Authentizität im Fernsehen eingegangen — nach all den britischen Skandalen der vergangenen Monate.

Die gesamte Rede von Jeremy Paxman ist ziemlich lesenswert. Ein paar wenige Auszüge:

News is the most important element in the overall ecology of television. It is the canary in the miner’s cage. If and when – and I sincerely hope it’s never – people begin to trust television news as much as they trust many of the newspapers, then we’re in trouble.

What’s happened is that we have a dynamic in news now that is less about uncovering things than it is about covering them.

My point is that there comes a point where the frenzy has to be put to one side, the rolling story halted, so that we can make sense of things.

Youth. Where is it? Why doesn’t it watch us? (…) The truth is that television in Britain is commissioned by middle-aged people who rarely watch the box, attempting to reach young people who look at it even less, when it’s actually watched by old people.

(Weitere Auszüge, in denen Paxman auch Blogs nichts verschont, in einem kurzen Guardian-Video bei YouTube.)