Medien- und Netzpolitik im Wahlkampf

Ein Blick in die Wahlprogramme.

Dass Medien- und Netzpolitik für die meisten Wähler bei der bevorstehenden Bundestagswahl schlicht keine Rolle spielt, ist eine wenig überraschende Erkenntnis. Insofern habe ich sogar Verständnis dafür, wenn solche Themen an den Rand der Wahlprogramme gedrängt werden. Dennoch gibt es ja in den Parteien und Fraktionen Fachpolitiker, die die offizielle Haltung zumindest in ein paar Sätzen skizzieren können.

SPD
Der SPD-Parteivorstand hat ein Wahlmanifest verabschiedet, in dem medienpolitische Themen nur kurz gestreift werden. In der Rückschau wird die Einrichtung des Beauftragten für Kultur und Medien erwähnt (Naumann, Nida-Rümelin, Weiss). Im Abschnitt „Wir wollen ein Land der Kultur sein“ heißt es: „Medien in einem pluralistischen System und der kompetente Umgang mit ihnen sind ein unverzichtbarer Bestandteil einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft. Die Wahrung der Vielfalt ihrer Inhalte und Perspektiven in allen Verbreitungswegen bilden dafür eine Grundlage: die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist uns wichtig.“ Das Internet kommt nur im Zusammenhang mit der so genannten neuen Kriminalität vor („im Bereich Internet, E-Commerce, Geldwäsche, Kreditkartenbetrug“).

Bündnis 90/Grüne
Die Grünen haben ihr Wahlprogramm am Wochenende auf einer Bundesdelegiertenkonferenz beschlossen. Der Text enthält sehr ausführliche Aussagen zur Medien- und Netzpolitik in zwei Abschnitten: „Medien demokratisch nutzen“ (am Ende des Kapitels „Offene Gesellschaft und demokratische Teílhabe“) und „Digitale Daten der Verbraucherinnen und Verbraucher schützen“ (am Ende des Kapitels „Ökologisch Fahrt gewinnen“). Dabei geht es etwa um das Recht auf Privatkopie, Medienkompetenz und die Presse- und Rundfunklandschaft.

Beide Abschnitte gehören zu denjenigen, die Internetnutzer in einem Wiki (Definition) bearbeiten konnten. So hieß es im Originalentwurf, dass viele Bürgermedien bereits im Netz stattfänden, „in Form von Portalen, Weblogs oder Foren“. Die Wiki-Nutzer machten daraus „in Form von Portalen, Weblogs, Wikis, Podcasts oder Foren“. Das wiederum hat die Partei eingedampft auf „Portale, WIKIS, Foren“. Der Einsatz für die freie Entfaltung des Bürgermediums Portale ist allerdings eine merkwürdige Forderung. Der in beiden Versionen vorhandene Hinweis auf die Wikipedia ist auch der Kürzung zum Opfer gefallen, dafür wurde „Creative Commons“ erwähnt und falsch geschrieben.

FDP
Die FDP reklamiert für sich, mit ihrem Wechsellexikon bereits ein Programm zu haben, arbeitet aber dennoch an einem Deutschlandprogramm. Das vorliegende Lexikon ist mit einem Wahlprogramm nämlich schwer zu vergleichen: Es besteht aus 540 Seiten mit gesammelten Stellungnahmen der vergangenen Jahre. Wenn es dabei um Medien geht, dann zumeist um die Medienbeteiligungen der SPD und die Forderung, diese aufzugeben. An anderer Stelle setzt sich die FDP für das (jetzt beschlossene) Informationsfreiheitsgesetz ein. Das Internet kommt en passant öfter vor, etwa in puncto Barrierefreiheit.

CDU/CSU
Die Union hat ihr Regierungsprogramm in einer gemeinsamen Vorstandssitzung von CDU und CSU beschlossen. Medien kommen lediglich im Abschnitt über Steuerschlupflöcher vor — in einem Atemzug mit Fondsmodellen aus den Bereichen Windkraft, Schiffs- und Flugzeugbeteiligungen. Das Wort Internet kommt gar nicht vor.

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