Cybersquatting-Verfahren für .de?

Anwälte wollen das UDRP-Verfahren auch für .de-Domains anwenden.

Jurawelt vermeldet etwas vom Deutschen Anwaltstag, der bereits Ende Mai stattfand: Deren Arbeitsgemeinschaft IT hat vorgeschlagen, auch für .de-Domains die Regeln der ICANN-Schiedsverfahren — die so genannte Uniform Dispute Resolution Policy UDRP — anzuwenden. Das würde für Domaininhaber in Deutschland einiges verändern.

Beim UDRP-Verfahren entscheiden nicht staatliche Gerichte, sondern Schiedsstellen. Jeder kann sich an eine Schiedsstelle wenden und beantragen, dass ein bestimmter Domainname dem bisherigen Inhaber entzogen und einem selbst übertragen wird. Das Verfahren ist schneller und günstiger als ein Gerichtsverfahren, macht es damit aber auch leicht, es auch ohne ausreichende Begründung einfach mal zu probieren.

Nehmen wir als Fallbeispiel die Domain DW.com. Die Domain gehörte eine Firma namens Diamond Ware, aber die Deutsche Welle hätte sie gern gehabt. Also ist sie vor eine UDRP-Schiedsstelle gezogen und musste nun dreierlei beweisen: 1. Die Domain ist mit einem eigenen Warenzeichen oder einer Dienstleistungsmarke identisch oder ist ihr zum Verwechseln ähnlich. 2. Der Domaininhaber hat keine Rechte oder legitimen Interessen in Bezug auf den Domainnamen. 3. Der Domainname wurde böswillig („in bad faith“) registriert und genutzt.

Die Deutsche Welle konnte zwar ein Warenzeichen aus dem Jahr 1980 für DW vorweisen. Diamond Ware hat die Domain aber jahrelang ohne Einwände genutzt, der Domainname entspricht den Initialen des Firmennamens und es spricht einiges dafür, dass Diamond Ware zuvor noch nie von einer deutschen Rundfunkanstalt namens Deutsche Welle gehört hat. Belege für eine böswillige Registrierung gab es ebenfalls nicht — die Entscheidung war ein Fiasko für die Deutsche Welle.

So glimpflich geht es aber nicht immer ab. Natürlich hat es auch Fehlentscheidungen oder zumindest Fälle gegeben, bei denen die Sachlage nicht völlig klar war und die Schiedsstelle dennoch die Domain übertragen hat. Derzeit wird die UDRP bei ICANN auf Probleme überprüft.

Die Motivation für die UDRP für .com & Co. war die Unübersichtlichkeit bei den generischen Domainendungen durch die Trennung in Verwaltungsstelle (Registry) und Wiederverkäufer (Registrar). Ein italienisches Unternehmen möchte sich gegen einen koreanischen Domaininhaber wehren, der seine Domain bei einem Registrar in Japan registriert hat — solche Beispiele hat die Warenzeichen-Lobby angeführt. Die UDRP war zudem Teil eines Kompromisses, damit die Markenschützer die Einführung neuer Domainendungen überhaupt akzeptieren.

Warum also jetzt solche Regeln für Deutschland? Die Befürworter argumentieren laut Jurawelt damit, dass man damit Mediation und Schlichtung testen kann, da beides in Deutschland unterentwickelt sei. Mit Verlaub: Es geht um eine Länderdomain, und deutsche Gerichte sind mit einstweiligen Verfügungen auch im Bereich Domains schnell zur Hand. Diese Domainregeln werden im Vertrag mit dem Registrar verankert und sind für den Domaininhaber bindend. Nicht jeder kann es sich leisten, nach einer UDRP-Fehlentscheidung vor Gericht zu gehen. Und die Begründung für diesen Vorstoß ist, dass man hier mal etwas ausprobieren will?

Die IT-Arbeitsgemeinschaft mag sich ja gern als Schlichtungsstelle bewerben, wenn es um generische Domainendungen wie .com oder .info geht. Stülpt man dieses Verfahren den .de-Domains über, schafft man mehr Probleme als man sie löst. Spätestens wenn es im September beim EDV-Gerichtstag in Saarbrücken bei dieser Idee bleibt, sollten sich die deutschen Domaininhaber in die Diskussion einmischen.

Update: DENIC-Chefin Sabine Dolderer nimmt in einem Interview klar Stellung gegen dieses Vorhaben.