Domainimmobilien

Die Sperrlisten von .mobi.

Beim Start neuer Domainendungen heißen die beiden Zauberwörter „Sunrise“ und „Landrush“: In der ersten Phase können Warenzeicheninhaber ihre Marke als Domain registrieren, zugleich reißen sich Trickser wertvolle Domainnamen unter den Nagel. Um die Reste liefert sich das allgemeine Publikum in der zweiten Phase ein Wettrennen.

Bei .mobi, der neuen Domain für mobile Anwendungen und Geräte, ist das etwas anders: Dort gibt es zusätzlich zwei Listen — eine mit reservierten Namen, eine mit Premium-Namen. Reservierungslisten gab es auch schon früher, aber bei .mobi ist diese Liste zu einer Aufstellung hunderter Länder-, Provinz- und Städtenamen angewachsen. Zehn Kostproben aus dem aktuellen Entwurf der Liste:

  • electivemonarchyofnegerisembilan.mobi
  • formeryugoslavrepublicofmacedonia.mobi
  • freeandhanseaticcityofhamburg.mobi
  • iranislamicrepublicof.mobi
  • macedoniatheformeryugoslavrepublicof.mobi
  • palestinianterritoryoccupied.mobi
  • republikademokratikatimorlorosae.mobi
  • sabahformerlynorthborneo.mobi
  • santasede-statodellacittadelvaticano.mobi
  • tierradelfuegoantarcticasouthatlanticislands.mobi

Wohlgemerkt: Das ist eine Mobildomain. Schon mal tierradelfuegoantarcticasouthatlanticislands.mobi fehlerfrei in ein Handy eingetippt? Absurd ist aber auch die Liste der Premiumnamen, die nicht im Topf der gemeinen Namen landen , sondern — vermutlich bei einer Premiumpreis-Auktion — später verteilt werden. Ebenfalls zehn Listenauszüge:

  • aids.mobi
  • anarchy.mobi
  • bambooflooring.mobi
  • bottlenosedolphins.mobi
  • bussgeldkatalog.mobi
  • donwload.mobi [sic!]
  • greekmythology.mobi
  • lyrischegedichten.mobi [sic!]
  • ortsnetzkennzahlen.mobi
  • zukunft.mobi

Ein halbes Jahrzehnt ist die Einführung von .info und den anderen ICANN-Domaingeschöpfen nun her, und wir sind immer noch meilenweit von einer fairen, chancengleichen, sinnvollen Methode der Domain-Verteilung entfernt.

Bleibt so

Die angebliche IANA-Ausschreibung ist keine.

Ausschnitt aus dem IANA-Logo (Nur was für Netzpolitik-Freaks:) IANA ist das technische Herz der Netzverwaltung ICANN und unter anderem für die Koordinierung der Rootzone des Domainnamensystems zuständig. Und nun hat das US-Handelsministerium IANA angeblich neu ausgeschrieben, heißt es derzeit bei Heise Online. Nicht ganz: Das US-Handelsministerium kündigt in dem Dokument nur an, den Vertrag über die IANA-Funktion wie bisher mit ICANN zu verlängern, ohne Ausschreibung. Das ist nach dem US-Vergaberecht unter anderem möglich, wenn aus Sicht der Regierung überhaupt nur ein Anbieter in Frage kommt. Selbst wenn sich Mitbewerber auf diese „Presolicitation Notice“ hin melden, muss die Regierung den IANA-Vertrag nicht ausschreiben.

ICANN, .xxx und die USA

Interne Dokumente aus dem Handelsministerium.

Auszug aus E-Mail Die US-Regierung hat ihre Position zur Rotlicht-Domain .xxx offensichtlich auf Druck der religiösen Rechten in den USA geändert. Das geht aus Dokumenten hervor, die der abgelehnte .xxx-Domainbewerber ICM Registry und das Internet Governance Project um Milton Mueller veröffentlicht haben. Kurz zusammengefasst hat das Monika Ermert bei Heise Online.

Drei Aspekte finde ich daran besonders spannend.

  • Die Dokumente belegen, was jeder Beobachter sich gedacht hat: Die US-Regierung zieht sich bei Domainverwaltungs-Fragen gern auf den Standpunkt zurück, das sei ja alles ICANNs Angelegenheit, wenn es gerade passt — und ändert das, wenn es nicht anders geht.
  • Das US-Handelsministerium schafft es, eine Meldung von Associated Press auf der CNN-Website zu ändern und probiert das auch bei der Website der Washington Post.
  • All diese internen E-Mail-Wechsel innerhalb des US-Handelsministeriums sind durch eine Anfrage nach dem amerikanischen Informationsfreiheitsgesetz herausgekommen. Und natürlich wissen alle Mitarbeiter eines Ministeriums, dass alles, was sie mailen, veröffentlicht werden kann.

Nix .xxx

ICANN lehnt Rotlicht-Domain ab.

.xxx gepixelt Also doch keine Überraschung: Das ICANN-Direktorium hat die Rotlicht-Top-Level-Domain .xxx abgelehnt. Der ICANN-Kritiker Michael Froomkin schreibt bei ICANNwatch: „I would say that .xxx was a lousy idea, but that the people behind it followed all the rules and still lost — but that would suggest that there are rules.“ Was ist also passiert?

Erster Schritt: Die Netzverwaltung ICANN hat Vorschläge für neue Domains gesammelt und gibt sie im März 2004 bekannt (mehr dazu). Der .xxx-Vorschlag ist zum zweiten Mal dabei, nachdem er in der ersten Domain-Runde im Jahr 2000 abgelehnt wurde.

Zweiter Schritt: ICANN wählt .xxx im Juni 2005 für „commercial and technical negotiations“ aus — der Vorschlag hat es also scheinbar geschafft (mehr dazu).

Dritter Schritt: Wie so oft bei ICANN hat niemand vorher etwas mitbekommen (auch wenn Joi Ito auf ein Public-Comment-Verfahren verweist), und das Geschrei ist groß. Zu Wort melden sich das US-Handelsministerium, aber auch die brasilianische Regierung und der ICANN-Regierungsausschuss GAC, wie Heise Online berichtet. Ergebnis: Die Entscheidung über die Domain ohne Lobby wird ab August 2005 wieder und wieder verschoben.

Vierter Schritt: Im März 2006 beschäftigt sich der ICANN-Regierungsausschuss GAC wieder einmal mit .xxx. In seinem Abschluss-Kommuniqué macht das GAC noch einmal klipp und klar deutlich, dass es bei dieser Entscheidung auch um „public policy aspects“ geht. Übersetzt: Die ICANN-Direktoren sollten aufpassen, was sie tun, schließlich geht es hier um Zuständigkeitsbereiche der Regierungen.

Da mag sich der Bewerber ICM Registry noch so sehr beschweren — eine Domain für „the needs of the global responsible online adult-entertainment community“ ist nun einmal eine Goldgrube mit angeschlossenem Minenfeld. Zum Schutz von Kindern wird sie, auch wenn sich die .xxx-Leute noch so sehr ins Zeug legen, aber rein gar nichts beitragen. Wie gesagt: Das Domainnamensystem kann technische Herausforderungen lösen, aber nicht die Erziehung übernehmen.

Wer deswegen wie etwa Bill Thompson auf den Einfluss der US-Regierung bei ICANN schimpft und eine UN-Domainorganisation herbeisehnt, hat das Dilemma nicht begriffen: ICANN hätte den .xxx-Vorschlag fast durchgewunken. Es ist der UN-ähnlichste Teil bei ICANN – die Regierungen im GAC -, der ihn gestoppt hat.

Nachtrag — Wie immer lesenswert: Monika Ermert bei Heise Online über die .xxx-Ablehnung.

Sack Reis umgefallen

China spaltet das Internet – doch nicht.

Im Netzwelt-Ticker schreibt Matthias Kremp bei Spiegel Online, dass die britische Zeitschrift PC Pro darüber berichtet, dass die chinesische People’s Daily Online vermeldet, dass China ein eigenes Domainnamensystem einführt. „Spaltet China das Internet?“, fragt Spiegel Online besorgt und bezeichnet dabei die Netzverwaltung ICANN fälschlich als Unternehmen.

Der chinesische Schritt stelle nun „vor allem die Betreiber von Name-Servern, die quasi den Verkehr im Internet leiten“ vor Probleme, weil diese nun „chinesische .com-Domains von solchen im Rest der Welt“ unterscheiden müssten, zitiert Spiegel Online aus der PC Pro.

Zeit für ein kleines Quiz für die sprachkundigen Wortfeld-Leser. Welche dieser beiden .com-Domains ist wohl die chinesische:

example.com 中国互联网络信息中心.公司

Erkannt? War doch gar nicht so schwer! (Tipp: Auch die Domainendung ist in chinesischen Schriftzeichen.)

Mit Spaltung des Internets hat der chinesische Schritt nichts zu tun, und es ist wohl auch kaum eine Reaktion auf das Dauer-Hickhack beim Weltgipfel zur Informationsgesellschaft. Schließlich hat die chinesische Länderdomainverwaltung CNNIC das nicht nur bereits im November 2004 angekündigt, sondern im März 2005 mit der Registrierung solcher Domains begonnen.

Wer sich dennoch für diese Nicht-Neuigkeit interessiert, kann — eher etwas für Spezialisten — bei Milton Mueller weiterlesen.