Menetekelschwäne

Das thematisch passende Logo der EU-Präsidentschaft.

Eine fabelhafte Wahl haben die Briten mit dem Logo ihrer EU-Ratspräsidentschaft 2005 getroffen: Bei all diesen offiziellen europäischen Statements zur befürchteten Vogelgrippe-Pandemie/-Hysterie sind im Hintergrund stets Schwäne in V-Formation auf dem Zug zu sehen.

Der Einfluss von Design

Sehr sehenswerte Ausstellung in Lissabon.

Der Eingang zur Catalysts!-Ausstellung

Ab und an sieht man einen Film oder liest ein Buch und hat den Eindruck, es sei speziell für einen selbst geschrieben. Diesen seltenen und schönen Eindruck habe ich von der Ausstellung Catalysts!, die bis Ende November im Lissaboner CCB stattfindet. Im Zentrum der Ausstellung in sechs thematischen Räumen steht der kulturelle Einfluss von Kommunikationsdesign. Die Bandbreite reicht dabei von den Adbusters über die neue Schrift des südafrikanischen Verfassungsgerichts und Juli GudehusPiktogramm-Genesis bis zum netzbekannten Logo-Medaillon. Dazu laufen Filme — oder eher visuelle Collagen — des Holländers Rob Schröder.

Per Zufall geriet ich in die erste Führung des Kurators Max Bruinsma, der bewusst nicht nur die Werke von professionellen Gestaltern, sondern auch von Jedermann-Designern ausstellt. Wer bis November nach Lissabon kommt, sollte sich diese kleine, feine Ausstellung — Teil der ExperimentaDesign — anschauen.

Guardian im neuen Look

Die britische Zeitung stellt auf Berliner Format um.

The Guardian

Nach siebzehn Jahren wagt der Guardian einen kräftigen Relaunch — mit neuem Format, neuen Schriften und komplett in Farbe. 1988 hatte David Hillman von Pentagram den Zeitungskopf entworfen, mit dem die liberale Zeitung international hervorstach. Von der Tabloid-Welle auf dem britischen Zeitungsmarkt hat sich der Guardian nicht anstecken lassen, stattdessen erscheint sie von heute an im Berliner Format (wie taz und Le Monde) — 31,5 cm mal 47 cm, bedruckt 28,7 cm mal 44,3 cm.

Bislang wurden die Texte in Matthew Carters Miller gesetzt, die Überschriften in Helvetica. Christian Schwartz und Paul Barnes haben nun die Guardian Egyptian mit 96 Schriftschnitten entworfen, aus der sich sehr elegante Überschriften, aber auch sparsame Kartenlegenden setzen lassen. Große Freude hat die Zeitung an Linien — senkrecht als Spaltenlinie, waagerecht etwa zum Abtrennen von Artikeln, Kolumnen, Untertiteln, Autorennamen. Bloße Spielerei ist das nicht: Die Linien ermöglichen Weißraum rund um die Elemente, ohne dass die kleine Seite ihren Halt verliert oder gar wirkt, als hätte sie wenig Inhalt zu bieten.

Linien auf einer Guardian-Seite

Sehr konsequent ist die Zeitung bei den Web-Links unter den Artikeln im Format guardian.co.uk/katrina, guardian.co.uk/germany oder guardian.co.uk/film. Für Web-gewandte Leser sind auch die Fußnoten in einem Artikel über geheime CIA-Fluglinien intuitiv verständlich: Blau, fett und unterstrichen gesetzt verweisen die Wörter wie Hyperlinks auf einen Kasten am Ende des Artikels.

Hypertext-Links in einem Guardian-Artikel

Mitgeschrumpft ist auch die halb so große Beilage G2. Dort macht Tim Dowling den skeptischen Lesern Mut: „If you beat your dog with a rolled-up newspaper supplement, the new half-Berliner size will hurt less, but with no significant compromise in obedience. Of course, you shouldn’t really beat your dog with anything, but at least it’s a step in the right direction.“

Wer sich selbst ein Bild vom neuen Guardian machen will, kann sich die gesamte Ausgabe als PDF-Dokumente anschauen.

Nachtrag:
Hinter den Kulissen: Editor’s Weblog
Reaktionen von Dan Hill, Manuel Sepulveda (bei Newsdesigner.com) und Tom Coates

25 Jahre Solidarnosc-Logo

Eines der kraftvollsten politischen Logos, die ich kenne.

Solidarnosc-Design

Über die Geburt der Solidarność vor genau 25 Jahren ist in den vergangenen Tagen viel berichtet worden (etwa, dass Lech Wałęsa womöglich einen Sprung in der Schüssel habe). 25 Jahre alt ist damit auch eines der kraftvollsten politischen Logos, die ich kenne. Ende August 1980 tauchte der von Jerzy Janiszewski gestaltete Schriftzug erstmals auf. Die Idee hinter dem Logo laut Janiszweski: „Die Buchstaben dieses Wortes sollten sich gegenseitig so stützen, wie die Menschen sich solidarisch in der Menge unterstützten.“

Farbe und Form sorgen für eine hohe Aufmerksamkeit, Farbe und Schrift geben dem Logo eine kämpferische Anmutung, die integrierte Fahne betont das Polnisch-Nationale — das Logo wurde in dieser Form immer wieder auf Plakaten und Transparenten eingesetzt und gab der Solidarność-Bewegung eine visuelle Identität. Ich habe auch übersetzte Versionen des Logos, etwa mit dem Schriftzug „Solidarität“ gesehen, aber im Internet keine gefunden.

Sehr absurd ist dagegen der Versuch eines britischen Spirituosenherstellers, vom Solidarność-Mythos zu profitieren: Das Logo des Wodkas Solidarność sieht nach retrokommunistischem Design aus. Weiter unten auf dem Etikett stehen dafür die roten Buchstaben „Solid“ im leicht modifizierten Solidarność-Look auf schwarzem Grund.

Englisches Wortfeld in Farbe

Color Code, ein Experiment in Java.

Man nehme 33.096 englische Wörter aus einer Datenbank, kategorisiere sie in einer Baumstruktur und errechne für jedes Wort den durchschnittlichen Farbwert der Bilder, die bei einer Bildersuche erscheinen. Das Ergebnis ist Color Code, ein erstaunliches Experiment in Java von Martin Wattenberg. So dominieren beispielsweise in der Kategorie Rinder erwartungsgemäß Brauntöne (etwa bei beef, cow, cows oder oxen), während beim Langhornrind die Durchschnittsfarbe ein leuchtendes Blau ist — dank der Screenshots von Microsofts geplantem Betriebssystem mit dem Projektnamen Longhorn. Color Code lässt sich nach Bedeutung sortieren, aber auch nach Farbe. Sehr schade ist nur, dass die Ergebnisse nicht verlinkbar sind. (Gefunden via Kottke.)