Klare Antwort

Der amerikanische Schriftsteller Don DeLillo bei einer Lesung in Hamburg.

Die Lesung von Don DeLillo in Hamburg musste mir als begeistertem Leser von White Noise, Mao II, Libra, Underworld und Cosmopolis einfach gefallen; erzählenswert ist aber eine Episode vom Ende. Bei der gefürchteten Öffnung der Diskussion für Publikumsfragen stellte sich eine Dame hin, bemerkte, dass sie eigentlich gar keine Frage habe, sondern vielmehr eine Botschaft für den Autoren, lobte hernach DeLillos letztes Werk als Buch der Jahrhundert-, ja Jahrtausendwende, hob auf die gelungene Rezension in der Frankfurter Rundschau ab, zitierte deren Überschrift, schwärmte von den einfachen Dingen, die DeLillo in Frage stelle, und begehrte, dass man dieses Lob dem Autoren übermittle, während sich an der Seite schon die ersten Zuhörer leise davonschlichen. DeLillo — des Deutschen nicht mächtig — antwortete ohne Zögern: „Yes and no.“

Kein Kopftuchverbot ohne Gesetz

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden.

Das BVerfG hat entschieden:

1. Ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, findet im geltenden Recht des Landes Baden-Württemberg keine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage.
2. Der mit zunehmender religiöser Pluralität verbundene gesellschaftliche Wandel kann für den Gesetzgeber Anlass zu einer Neubestimmung des zulässigen Ausmaßes religiöser Bezüge in der Schule sein.
(Mehr im Volltext der Entscheidung)

Das führt natürlich zu Verwirrung bei schlecht formulierten, aber alliterierenden Überschriften wie „Karlsruhe kippt Kopftuchverbot“ (Tagesspiegel, Focus, Spiegel, Tagesschau). Salomonische Lösung bei Spiegel Online: Für kurze Zeit lautete die Überschrift auf der Titelseite „Lehrerin darf /nicht/ mit Kopftuch unterrichten“. Jetzt ist das „/nicht/“ weg, doch Google News hat’s gemerkt. Noch verwirrender: Vor 4 Minuten, meint Google News, hat die FTD den Sieg Baden-Württembergs gegen Fereshta Ludin vermeldet. Das kommt davon, dass die FTD einen Archiv-Artikel aus dem Jahr 2001 auf die Homepage packt.

Das Rätsel der Woche: Wie hat Zeit-Autor Martin Klingst es geschafft, 57 Minuten nach Urteilsverkündung bereits das Urteil durchdacht, einen Leitartikel geschrieben und dazu eine Pressemitteilung herausgebracht zu haben?

EDV-Gerichtstag

In Saarbrücken tagen die EDV-Juristen. Sind Blawger anwesend?

Sind Blawger, d.h. bloggende Juristinnen und Juristen, beim morgen beginnenden EDV-Gerichtstag in Saarbrücken zugegen? Vor einer Weile wollten Anwälte ein Cybersquatting-Verfahren für .de-Domains einführen; allerdings ist unklar, was daraus geworden ist. Übrigens mag das Tagungsmotto — „Mit der Technik von heute zur Justiz von morgen“ — und die altertümliche Bezeichnung EDV zum Spott reizen, aber immerhin hat man dort bereits anno 2000 einen XML-Standard für gerichtliche Entscheidungen verabschiedet.

VeriSign gefährdet Netzstabilität

ICANNs Sicherheitskomitee kritisiert Verisigns Sitefinder-Wildcards.

VeriSign’s change appears to have considerably weakened the stability of the Internet, introduced ambiguous and inaccurate responses in the DNS, and has caused an escalating chain reaction of measures and countermeasures that contribute to further instability.
(Message from Security and Stability Advisory Committee to ICANN Board)

ICANNs Komitee für Sicherheit und Stabilität (SecSAC) hat sich zum Thema Wildcards zu Wort gemeldet und die schwerste Keule ausgepackt: Die Stabilität des Netzes — heiliger Gral aller ICANN-Aktivitäten — ist in Gefahr. Zunächst waren sich SecSAC und Internet Architecture Board (IAB) offenbar uneins, doch die Argumente in der detaillierten IAB-Stellungnahme kann man nur schwer wegwischen. VeriSign spielt dagegen auf Zeit: Erst einmal soll noch ein unabhängiges Expertenkomitee die Fakten untersuchen; ein zeitweises Abschalten des umstrittenen Sitefinder-„Dienstes“ wird abgelehnt.

Adieu GEZfU, hallo GIZfU!

Aus GEZfU wird GIZfU, die Skepsis bleibt.

Nach gründlicher Durchleuchtung, Ärger mit der GEZ und dem Versprechen, keine Daten zu speichern, scheint sich die aufstrebende Gebühreneinzugszentrale für Urheberrechte (GEZfU) strategisch neu auszurichten.

Zunächst war die Startseite eine Weile „under construction“, jetzt heißt die Organisation plötzlich GIZfU, also Gebühreninformationszentrale für Urheberrechte. Die Domain gizfu.de ist bereits registriert, aber noch nicht aktiv. Damit dürfte die GEZ keinen Grund zur Beschwerde haben, die erwähnten Gründe zur Skepsis bleiben allerdings bestehen. Die leere Presseseite ließe sich zum Beispiel mit einem Wortfeld-nahen RTL-Artikel füllen.