Sprachklebstoff

Zur Leichtathletik-WM Helsinki 2005.

Wenn mestari der Meister ist, und daraus mestaruus die Meisterschaft, und maailma die Welt, und kilpailut das Turnier — dann heißt das Weltmeisterschaftsturnier natürlich maailmanmestaruuskilpailut. Ich hoffe, die Kollegen, die für NDR Online über die Leichtathletik-WM Helsinki 2005 berichten, haben ebenso viel Spaß mit agglutinierenden Sprachen wie ich.

Perfekt gebucht?

Spiegel-Online-Artikel über CDU-Kampagne mit Anzeige der CDU-Kampagne.

Der Teufel im Detail, schreibt Spiegel Online heute über Negative Campaigning der CDU im Internet. Der Autor beginnt dabei mit der Schilderung, wie die Union ein Schröder-Zitat für ihre Wahlkampfzwecke verwendet. Und während der Lektüre des Artikel sagt eine Kanzlerstimme plötzlich: „Ich will mich messen lassen an der signifikanten Reduzierung der Arbeitslosigkeit.“

Spiegel-Online-Artikel mit CDU-Anzeige

Tatsächlich steht inmitten des Artikels eine vertonte Flash-Anzeige der CDU für die Webseite leere-versprechen.de, um deren Start es in dem Artikel geht. Die CDU-Internetkampagne wird dort allerdings auch kritisiert.

BBC-Zugriffe am 7.7.

Statistiken zur Onlinenutzung am Tag der Londoner Anschläge

Die BBC hat ein paar Statistiken über die Nutzungen ihres Onlineangebots am Tag der Anschläge in London zusammengestellt. Dabei sind die Spitzenwerte erstaunlich und beeindruckend: 129.000 Leute, die gleichzeitig einen Audio/Video-Stream verfolgten. 40.000 Seitenabrufe pro Sekunde. Insgesamt strömten pro Sekunde 11,1 Gigabyte Daten von den BBC-Servern allein — dazu noch bis zu 3 Gigabyte vom US-Dienstleister Akamai.

Martin Belam arbeitet in der Abteilung Neue Medien bei der BBC und schreibt ausführlich in seinem Blog darüber. Ein Auszug: „I’m well aware that we have a new media budget most companies can only dream of, but I’m also well aware that it is spread across a lot of services, many of which are demonstrably not provided by the market. I didn’t see any of the other major broadcasters or news outlets in the UK yesterday doing what we did online.“

Resozialisierung und Google

Was ist im Zeitalter von Google eigentlich noch Folgeberichterstattung?

Der „Soldatenmord von Lebach“ ist in die deutsche Rechtsgeschichte eingegangen: 1973 stoppte das Bundesverfassungsgericht die Ausstrahlung eines sendefertigen ZDF-Fernsehspiels über den Überfall auf ein Bundeswehr-Depot, bei dem vier Soldaten getötet wurden. Die „nicht mehr durch das aktuelle Informationsinteresse gedeckte Fernsehberichterstattung“ sei unzulässig, wenn sie die Resozialisierung des Täters gefährde (BVerfGE 35, 202). 1999 entschieden die Verfassungsrichter, Sat.1 dürfe einen Fernsehfilm über den Soldatenmord senden, in dem die Täter (anders als im früheren Fall) für Außenstehende nicht identifizierbar waren (1 BvR 348/98).

Was ist im Zeitalter von Google eigentlich noch Folgeberichterstattung? Namensnennungen in Rundfunk und Printmedien sind — mit wenigen Ausnahmen wie Archive und Aufzeichnungen — vergänglich, im Internet sieht das anders aus: Für den vollen Namen des mutmaßlichen „Sasser“-Urhebers gibt es nicht nur eine fünfstellige Google-Trefferzahl (das ist jetzt nicht als Maßstab für Relevanz aufgeführt, sondern als Maßstab für Auffindbarkeit). Für den vollen Namen gibt es sogar einen Eintrag in der deutsch- und der englischsprachigen Wikipedia. Und dabei ist er vermutlich bis einschließlich morgen nicht verurteilt und steht vor einer Jugendkammer. (Zur Erinnerung: Es gibt eine Richtlinie des Presserats für Berichte über Strafverfahren gegen Jugendliche, die besagt, dass „die Presse mit Rücksicht auf die Zukunft der Betroffenen besondere Zurückhaltung üben“ soll.)

Ich weiß, dass manche Online-Redaktionen Artikel „auf Wiedervorlage setzen“, also nach einer Weile prüfen, ob eine Meldung nicht wieder verschwinden sollte. Andere versuchen, von vornherein so zu berichten, dass die Meldung eine Person nicht identifizierbar macht — mit Ausnahme von bereits öffentlich bekannten Personen. (Nebenbei frage ich mich, welchen Gewinn ein Leser davon hat, den vollen Nachnamen selbst eines verurteilten Verbrechers zu kennen.)