WSIS: Zur Einstimmung

Vor dem Weltgipfel in Tunis.

WSIS-Logo mit Fragezeichen Monika Ermert: Der Kampf um die Macht ins Netz (11.11.)
Wolfgang Kleinwächter: Mit Volldampf nach Tunis (9.11.)
Spiegel Online: Das Ende von Icann als „Netzverwaltung“? (11.11.)
WSIS-Website der Heinrich-Böll-Stiftung
Offizielle ITU-Website zum Weltgipfel
Plattform WSIS-Online
DVGN/politik-digital: Gipfelthemen.de
ICANNWatch.org
Bret Fausetts Blog Lextext (mit Podcast)
Bisherige Wortfeld-Beiträge zum Thema WSIS

Spiegel Online und ICANNwatch berichten übrigens, die US-Regierung habe erklärt, sie wolle die IANA-Funktion erstmals öffentlich ausschreiben. (Das ist der technische Kern rund um die Rootserver-Eintragungen, derzeit unter ICANNs Fittichen). Allerdings hat eine Sprecherin des US-Handelsministerium erklärt, es gebe derzeit keine öffentliche Stellungnahme zu diesem Thema. Die technisch-verwalterische Arbeit der IANA ist unter Beschuss gekommen, ICANN hat bereits Besserung gelobt.

Domain-Détente?

Ein Kompromissvorschlag vor dem WSIS-Treffen.

GRSSSC

Die Zeit für eine Einigung im Streit über Internet Governance wird knapp: Am Sonntag starten die letzten Verhandlungen vor dem Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) — am kommenden Mittwoch beginnt bereits der Gipfel in Tunis. Während UN-Generalsekretär Kofi Annan versuchte, die Gemüter zu beruhigen, haben andere Öl ins Feuer gegossen: US-Senator Norm Coleman warnte im Wall Street Journal vor einem digitalen Münchener Abkommen — als stünde der digitale Weltkrieg vor der Tür.

Tricia Drakes und Michael Palage haben einen naheliegenden Kompromissvorschlag ausformuliert, der das besonders sensible Thema Länderdomains (ccTLDs) betrifft. Wenn beispielsweise die dänische Regierung entscheidet, dass die .dk-Domain von einer anderen Institution verwaltet werden soll, muss momentan das US-Handelsministerium den notwendigen technischen Änderungen zustimmen. Drakes und Palage schlagen ein doppeltes Veto vor: Bevor ICANN/IANA etwas an der Rootzone ändert, bekommen die betroffene Regierung (hier also Dänemark) und ein neues Governmental Root Server Security and Stability Committee (GRSSSC) Bescheid. Beide können ein Veto gegen die geplanten Änderungen einlegen. Allerdings könnte das GRSSC das dänische Veto überstimmen.

Das ist also ein verhältnismäßig einfache Prozedur, um die US-Rolle bei Länderdomains zu internationalisieren. Allerdings ist fraglich, ob sich die Gegner damit zufrieden geben: Schließlich gibt es ja noch generische Domains wie com/net/org und IP-Adressen.

Annan verteidigt WSIS

UN-Generalsekretär beklagt „Fehlinformationen“.

UN-Generalsekretär Kofi Annan

Dass der Streit um Internet Governance tatsächlich ziemlich weit oben angekommen ist, zeigt ein Artikel des UN-Generalsekretärs Kofi Annan in der Washington Post mit dem Titel The U.N. Isn’t a Threat to the Net. Annan beklagt, dass in der Berichterstattung über den Weltgipfel WSIS und die Vorschläge der Arbeitsgruppe WGIG Fehlinformationen herumgeistern. Er erwähnt explizit den Vorschlag eines Forums, in dem nicht nur Regierungen, sondern alle interessierten Akteure zusammenkommen — dieser Plan wird mit einiger Wahrscheinlichkeit umgesetzt.

Der Artikel enthält allerdings wenig Konkretes, sondern beleuchtet noch einmal alle Positionen. Ja, die USA haben ihre historische Sonderrolle bei der Netzverwaltung ehrenhaft erfüllt. Ja, eine Internationalisierung ist wichtig. Ja, Regierungen haben natürlich ein Interesse. Ja, andere Akteure müssen integriert werden. Ja, die Freiheit des Internets muss verteidigt werden. Ja, das Tagesgeschäft müssen die Techniker stemmen.

Der Adressat dieser Botschaft ist daher wohl eher die US-Öffentlichkeit, die angesichts einiger übertriebener Berichte teilweise den Eindruck bekommen haben muss, die Vereinten Nationen stünden kurz vor der Übernahme des Internets.

(Foto © Vereinte Nationen.)

WSIS noch immer kompromisslos

Keine Einigung bei der dritten Vorbereitungskonferenz.

Es ist irrsinnig schwierig, den Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) aus der Ferne zu verstehen, aber auch aus der Nähe scheint es nicht einfacher zu sein. Zum letzten Stand der Dinge nach der dritten Vorbereitungskonferenz empfehle ich die Website der Heinrich-Böll-Stiftung, insbesondere Debate Over Internet Governance Gets to the Core (29.09.) und PrepCom closes in Disarray (30.9.).

Spannend ist auch, wie sich ICANN-Kenner Bret Fausett in seinem Blog und Podcast einen Reim auf WSIS zu machen versucht. Er zeigt jedenfalls deutlich die Perspektive der US-Regierung auf: „The United Nations will not be in charge of the Internet. Period.“ (Und da bin auch ich eher auf Seiten der USA als auf der Irans, Brasiliens und Indiens.)

WSIS: Viel Lärm um wenig?

Monika Ermert berichtet von Prepcom-3.

WSIS-Logo mit Fragezeichen

Je länger der WSIS-Prozess dauert, desto mehr verfestigt sich bei mir der Eindruck, man hätte Geld und vor allem Energie sinnvoller investieren können. Monika Ermert berichtet für Heise Online über die dritte Vorbereitungskonferenz der zweiten Phase (nicht lachen!). Nach der finalen Konferenz in Tunis Mitte November wollen die USA, aber auch viele andere Regierungen den WSIS-Prozess für abgeschlossen erklären, schreibt Ermert. Einer Einigung beim Streitthema Internet Governance scheinen die Gruppen noch immer nicht näher.