Austrocknende Kanäle?

Wie die BBC die Zukunft des Fernsehens sieht.

Alle zehn Jahre steht bei den Briten eine königliche Satzung auf dem Prüfstand, die Ziele und Strukturen der BBC festlegt. Weil diese BBC-Charta Ende des Jahres ausläuft, macht sich BBC-Medienjournalist Torin Douglas Gedanken darüber, wie Rundfunk — insbesondere Fernsehen — am Ende der nächsten Charta-Laufzeit im Jahr 2016 aussehen könnte.

For older viewers, TV channels are still likely to play an important part in their viewing selection. Many people want an editor to help make their choices for them – and there will still be a need for experienced broadcasters to commission top-flight programming. (…) But the young are growing up in an entirely different world, expecting to find content which seeks them out on their mobile phone or computer. They’ll be creating their own programmes, videoing their friends on mobile phones and webcams, and swapping programmes among themselves.

Die britische Regierung hat ihre Pläne für die neue Charta übrigens vor kurzem vorgelegt. Die BBC soll demnach weiter durch Rundfunkgebühren finanziert werden, allerdings sollen Aufsicht und Management schärfer voneinander getrennt werden.

Tipp: Strippenzieher und Hinterzimmer

Politiker und Journalisten in Berlin.

Hintergrundzirkel, Fahrstuhlmeuten, Dauerempfänge – über die Symbiose von Politikern und Journalisten in der Hauptstadt berichtet die Dokumentation Strippenzieher und Hinterzimmer. Nach der Erstausstrahlung am Montagabend im Südwest Fernsehen läuft sie am Mittwoch (8. März) um 23 Uhr als Zapp Spezial im NDR Fernsehen. In der vergangenen Woche gab es bei Zapp bereits als Vorgeschmack einen Beitrag über Politiker und Journalisten in Berliner Hinterzimmern. Nach dem Anschauen des Films von Thomas Leif und Julia Salden bleibt der Wunsch nach einer Entschleunigung – aber wie?

Ein Präambelproblem

Blogs und der Medienkodex des Netzwerks Recherche.

Die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche hat einen Zehn-Punkte-Medienkodex vorgelegt. Am meisten Wirbel verursacht offenbar die Regel Nr. 5, „Journalisten machen keine PR“. Mich hat indes die Präambel in Erstaunen versetzt. In voller Länge lautet sie:

Neue Technologien und zunehmender ökonomischer Druck gefährden den Journalismus. Um seine Qualität und Unabhängigkeit zu sichern, setzt sich das Netzwerk Recherche für dieses Leitbild ein.

Unter „zunehmendem ökonomischen Druck“ kann ich mir durchaus etwas vorstellen, aber was sind die „neuen Technologien“, die den Journalismus bedrohen? Weblogs? Content-Management-Systeme? Tee-Pads für Kaffeebrühmaschinen? Die Pressemitteilung zum Kodex wiederholt die Formulierung lediglich, im Konzeptionspapier von 2004 ist von Technologien noch keine Rede.

Die Federführung bei der Erarbeitung des Kodizes hatte nach seinen eigenen Worten Professor Rainer Burchardt, Vorstandsmitglied beim Netzwerk Recherche, scheidender Deutschlandfunk-Chefredakteur und Dozent für Medienmanagement an der FH Kiel. In einem Interview zum Medienkodex sagt er, der politische Journalismus sei in den letzten Jahren schneller, zugleich fehleranfälliger worden und unter Druck geraten. Zitat: „Das hat ganz viel zu tun mit der Digitalisierung, also der technologischen Entwicklung auf der einen Seite, mit dem Internet natürlich auch. Wir haben es mittlerweile mit einem sehr aggressiven Internetjournalismus zu tun, mit dem so genannten Blogging.“ Also doch.

Neue Technologien ... gefährden Journalismus

Mit wenig Mühe wäre das als Maschinenstürmerei abzutun, zumal die Präambel auf dem Kodex-Poster für die Redaktionswand unglücklicherweise in Erik van Bloklands Schrift FF Trixie erscheint, die auf dem Schriftbild einer alten Schreibmaschine beruht. Zur Ehrenrettung des Netzwerks Recherche: Viele schlaue Leute dort setzen sich sehr für Informationsfreiheit ein, unterstützen beispielsweise die Vermittlung von Techniken der Software-gestützten Investigativrecherche und wollen keineswegs zurück zu Farbband und Tipp-Ex.

Vor zwei Jahren schrieb Rebecca Blood einen Essay mit mindestens zwei weisen Sätze über Journalisten und Blogger:

Reporters would benefit by regarding bloggers as modern Baker Street Irregulars. When bloggers link to conflicting or contextualizing material, smart reporters will further research and verify promising leads, and credit the bloggers who uncovered them.

Wer das für die typische überbordende Selbstverliebtheit einer Bloggerin hält, lese einen aktuellen Artikel des BBC-Online-Korrespondenten Paul Reynolds mit dem Titel „Bloggers: an army of irregulars“. Es ist keine Wunschvorstellung, es ist hier und heute Realität für Journalisten und Medien, die sich darauf einlassen.

Trotz der relativ eindeutigen Äußerungen Burchardts habe ich per E-Mail beim Netzwerk Recherche um eine Klarstellung gebeten, was mit „neuen Technologien“ konkret gemeint ist. Falls es doch die Tee-Pads für Kaffeebrühmaschinen sind, hat das Netzwerk meine volle Unterstützung.

Nachtrag: Sehr Lesenswertes über Old-School-Ängste und Trennungsgebote im Medienkodex schreibt Lorenz Lorenz-Meyer in seinem Weblog Club Volt.

H5N1TV

Kamerateams als potenzielle Seuchenwirte.

Dass Journalisten die Welt, die sie beobachten, verändern können, indem sie sie beobachten, zeigt sich nun einmal auf eher platte Weise: Kamerateams haben offenbar auf Rügen zuerst die Säcke mit zum Teil infizierten Tierkadavern gefilmt und sind anschließend in die benachbarten Gänseställe gefahren, berichtet tagesschau.de.

Nachtrag: Mehr dazu im Medienmagazin Zapp (Mi 23 Uhr NDR Fernsehen, Wdh. auch auf 3sat, EinsExtra, EinsFestival).

Sonntagsrevolution

Reaktionen auf ‚Das Publikum an der Macht‘

Hier werden zwar keine Lesebefehle erteilt, aber wer Stefan Niggemeiers FAS-Artikel Das Publikum an der Macht noch nicht gelesen hat, sollte das vielleicht nachholen. (Derzeit ist er auch kostenfrei bei der FAS zu lesen.) Einige der Reaktionen:

Fabian Mohr: Böse, böse neue Welt
Heiko Hebig: Actionable content
Popkulturjunkie: revolution.
Medienrauschen: Herrn Niggemeiers Wort zum Sonntag
Franziskript: Lesenlesenlesen!
Johnny Haeusler: Die digitale FAS-Revolution
Siegfried Hirsch: Digitale (Kultur) Revolution in der FAS
Sebas: Der Revolution fehlen die Kinder
Mario Sixtus: Die ignorierte Revolution
Peter Giesecke: Stefan Niggemeier über die digitale Revolution
Thomas Wanhoff: Ausge-Chefredakteurt – Neuer Journalismus
Heidrun Haug: (K)eine Revolution im Netz
Falk Lüke: Die Revolution fällt aus

Nachtrag: „Die Fernsehrevolution hat begonnen: Internet und iPod machen den Zuschauer zum Programmdirektor“, schreibt Susanne Weingarten unter der Überschrift Ich unterhalte mich! im KulturSpiegel.