Vereinzelt

Digitalkorrespondenten für ABC News.

Der US-Sender ABC hatte bislang Korrespondentenbüros in Bagdad, London, Jerusalem, Moskau und Peking. (Nein, das ist kein Vergleich mit ARD, ZDF oder BBC.) Jetzt kommen plötzlich sieben neue dazu, in Seoul, Rio de Janeiro, Dubai, Neu-Delhi, Mumbai, Jakarta und Nairobi. Pro Ort jeweils ein einzelner Reporter, ausgestattet mit DV-Kamera, Notebook für den Schnitt und, nur für den Notfall, mobiler Satellitenschüssel.

(Ja, damit deckt ab jetzt eine Reporterin für ABC den gesamten afrikanischen Kontinent ab. Immerhin besser als vor zwei Wochen: Da war es niemand.)

Sinn und Zweck

Paxman-Rede zum Fernsehen.

Die MacTaggart-Rede auf dem TV-Festival von Edinburgh ist so etwas wie die Rede an die britische Fernsehmachernation, und diesmal hatte der hartnäckige, angriffslustige Journalist Jeremy Paxman die Ehre. Er hat einerseits auf Tony Blairs Medienkritik geantwortet, andererseits natürlich auf die Diskussion um Authentizität im Fernsehen eingegangen — nach all den britischen Skandalen der vergangenen Monate.

Die gesamte Rede von Jeremy Paxman ist ziemlich lesenswert. Ein paar wenige Auszüge:

News is the most important element in the overall ecology of television. It is the canary in the miner’s cage. If and when – and I sincerely hope it’s never – people begin to trust television news as much as they trust many of the newspapers, then we’re in trouble.

What’s happened is that we have a dynamic in news now that is less about uncovering things than it is about covering them.

My point is that there comes a point where the frenzy has to be put to one side, the rolling story halted, so that we can make sense of things.

Youth. Where is it? Why doesn’t it watch us? (…) The truth is that television in Britain is commissioned by middle-aged people who rarely watch the box, attempting to reach young people who look at it even less, when it’s actually watched by old people.

(Weitere Auszüge, in denen Paxman auch Blogs nichts verschont, in einem kurzen Guardian-Video bei YouTube.)

Junge Netzgucker

Mehr Zeit im Netz als vor TV?

Dass nicht mehr der Fernseher, sondern Handy und Computer für die jüngere Generation unentbehrlich sind, mag ja stimmen. Aber die IBM-Studie, die jetzt durch ansonsten geschätzte Blogs wie NewTeeVee oder Buzzmachine schwirrt, verspricht ein bisschen mehr als sie hält: „The global findings overwhelmingly suggest personal Internet time rivals TV time“, heißt es am Anfang der IBM-Pressemitteilung. Und wer wurde dazu wie befragt? Für die USA: 888 Konsumenten über 18 Jahren per Online-Umfrage. Für Deutschland: 338 Konsumenten per Online-Umfrage. Nur um anzudeuten, wie meilenweit die deutsche Online-Befragung von der tatsächlichen Bevölkerungsstruktur entfernt ist: Der Anteil der befragten Über-65-Jährigen lag bei 0 Prozent (statt tatsächlich 19 Prozent der Bevölkerung), während die 18- bis 24-Jährigen mit 22 Prozent (statt 8 Prozent) überproportional vertreten waren. Hinweise darauf, wie die US-Onlinefragebogen-Firma Zoomerang an die deutschen Befragten herangekommen ist, finde ich in den Unterlagen zur Umfrage nicht.

Zum Vergleich mal die Daten aus der GfK-Fernsehforschung (Quelle): Bei den 14- bis 19-Jährigen ist die TV-Nutzung von 2003 zu 2006 um 13 Minuten auf 105 Minuten gesunken. Insgesamt, also bei den Zuschauern ab 3 Jahren, ist die Sehdauer in diesem Zeitraum jedoch gestiegen, von 201 auf 212 Minuten.

Video, nicht TV

Bewegtbild-Ästhetik im Netz.

Fernsehen machen kann lieber das Fernsehen machen — das ist eine ziemlich gute Devise für Online-Video. In Deutschland zeigt das vor allem die Zeit, beispielsweise mit der Serie über Video-Überwachung in Hamburg und Berlin (Teil 1 und Teil 2) von Stephan und Christoph Hartmann: erkennbar professionell, aber nicht unbedingt nach den Gesetzen des klassischen TV-Beitrags gedreht. (Gefunden via Surveillance Studies.)

Einen ähnlichen Ansatz wählt jetzt der Guardian, der sich „a distinct visual style and what’s hopefully a refreshing lack of TV news clichés“ vorgenommen hat, wie Neil McIntosh von Guardian Unlimited in seinem Blog schreibt. Wichtig sei, kein armseliger Abklatsch der Fernsehnachrichten zu werden: „We need to be able to do something that’s distinctively the Guardian, part of an ecosystem of web content that includes audio, text and photography, produced by our professionals and by our users.“ Ein Video-Beispiel dafür: Transportprobleme im überfluteten Tewkesbury, unterlegt mit klassischer Musik.

Während also ein Teil der Online-Video-Profis nach einer etwas anderen Ästhetik sucht, hat Jackson West bei NewTeeVee einmal gesammelt, was die Amateur-Ästhetik auf YouTube & Co. derzeit ausmacht. Die Vergleiche mit Cinéma vérité und Dogma sind streckenweise gewagt, aber spannend.

Spielstart

On-Demand-Plattform der BBC in Beta-Phase.

Nach langem Warten ist es heute soweit: Der BBC iPlayer geht in den Beta-Betrieb, im Herbst soll dann der offizielle Start sein. Die Software ermöglicht es Nutzern in Großbritannien, bestimmte BBC-TV-Sendungen sieben Tage nach Ausstrahlung kostenlos herunterzuladen. Einige Serien sind auch später noch komplett im Angebot. Nutzer müssen ihre heruntergeladenen Inhalte binnen 30 Tagen erstmals ansehen, der Inhalt verschwindet 7 Tage nach dem ersten Ansehen. Um den Inhalt zu transportieren, schließt der iPlayer die Nutzer zu Peer-to-Peer-Netzen zusammen — nutzt also ähnliche Technik wie eDonkey, BitTorrent & Co.

BBC iPlayer

Ein großer Nachteil: Der iPlayer funktioniert ausschließlich mit Windows Media Player 10 auf Windows XP, auch wenn Versionen für Windows Vista und Mac OS X in Arbeit sind. Das BBC-Aufsichtsgremium, der BBC Trust, hat auf Plattform-Neutralität gedrängt und will alle sechs Monate nachhaken.

Warum der Inhalt wieder verschwindet? Die BBC argumentiert, dass sie einen Mittelweg finden muss zwischen freiem Zugang für britische Gebührenzahler und kommerzieller Zweitverwertung, deren Einnahmen ins Programm zurückfließen. Das betrifft aber natürlich nur die Produktionen, bei denen die BBC überhaupt alle Rechte hat — und das ist nur ein kleiner Teil der Programme. Das Hauptargument der BBC für digitale Rechtebeschränkungen ist, dass die BBC größtenteils gar nicht selbst über das Recht verfügt, die Programme unbegrenzt anzubieten.

Mehr dazu:
BBC iPlayer
BBC online video service launches (BBC News)
BBC-Trust-Entscheidung
BBC-Forum zum iPlayer