Liest man die Kommentare beim Blog-Aggregator Rivva, dürfte es nicht lange dauern, bis erste Leistungsschutzrecht-Disclaimer auf Onlineangeboten auftauchen:

Liest man die Kommentare beim Blog-Aggregator Rivva, dürfte es nicht lange dauern, bis erste Leistungsschutzrecht-Disclaimer auf Onlineangeboten auftauchen:
Dieser Anbieter wird das Leistungsschutzrecht für Presseverleger nicht beanspruchen

Ein bisschen verspätet gemeldet: Die „International Herald Tribune“ soll bald „International New York Times“ heißen. Vor ziemlich genau vier Jahren hatte die Herald Tribune bereits ihren eigenen Webauftritt verloren.

Ein bisschen verspätet gemeldet: Die „International Herald Tribune“ soll bald „International New York Times“ heißen. Vor ziemlich genau vier Jahren hatte die Herald Tribune bereits ihren eigenen Webauftritt verloren.

Kleinteilig

Die Wende beim Leistungsschutzrecht?

Vor ein paar Monaten gab es hier zur Frage, was wohl aus dem Leistungsschutzrecht für Presseverlage wird, vier Szenarien. Heute kam die Nachricht, dass im neuen Koalitionsentwurf „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ ausgenommen werden sollen.

Zum Vergleich erst einmal ein Auszug daraus, wie die Bundesregierung noch vor kurzer Zeit den Gesetzentwurf begründet hat (Hervorhebungen von mir):

Das Leistungsschutzrecht schützt bereits kleine Teile des Presseerzeugnisses. Hier kann nichts anderes gelten, als das, was der Bundesgerichtshof mit Blick auf das Leistungsschutzrecht der Tonträgerhersteller in seinem Urteil „Metall auf Metall“ (Urteil vom 20.11.2008, Az. I ZR 112/06) ausgeführt hat. Ebenso wie beim Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers der Schutzgegenstand nicht der Tonträger selbst ist, ist auch hier nicht das Presseerzeugnis selbst Schutzgegenstand, sondern die zur Festlegung des Presseerzeugnisses erforderliche wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Presseverlegers. Die unternehmerische Leistung umfasst jeden Teil des Presseerzeugnisses; die erforderlichen Mittel müssen für einen kleinen Teil genauso bereitgestellt werden, wie für die gesamte Festlegung einer Ausgabe. In diese unternehmerische Leistung greift auch derjenige ein, der nur kleine Teile nutzt.

Jetzt ein Auszug aus der Begründung für den Änderungsantrag (laut RA Thomas Stadler, wieder mit eigenen Hervorhebungen):

Die Empfehlung soll sicherstellen, dass Suchmaschinen und Aggregatoren ihre Suchergebnisse kurz bezeichnen können, ohne gegen Rechte der Rechteinhaber zu verstoßen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Blick auf das Leistungsschutzrecht für Tonträgerhersteller (Urteil „Metall auf Metall“ vom 20.11.2008, Az. I ZR 112/06) soll hier gerade keine Anwendung finden. Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte, wie Schlagzeilen, zum Beispiel „Bayern schlägt Schalke“, fallen nicht unter das Schutzgut des Leistungsschutzrechtes. Die freie, knappe aber zweckdienliche Beschreibung des verlinkten Inhalts ist gewährleistet. Suchmaschinen und Aggregatoren müssen eine Möglichkeit haben, zu bezeichnen, auf welches Suchergebnis sie verlinken. Insofern gilt der Rechtsgedanke der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vorschaubildern („Vorschaubilder I“, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 96/08; „Vorschaubilder II“, Urteil vom 19.10.2011, Az. 140/10).

Was es mit den Vorschaubildern auf sich hat, erläutert Jonas Kahl ausführlich bei Telemedicus: Wer Inhalte frei ins Netz stellt, muss mit üblichen Nutzungen rechnen — die Parallelen zu den Suchmaschinen-Snippets liegen auf der Hand.

Einige Netzpolitiker der Grünen wittern schon Morgenluft und fordern neue Expertenanhörungen. Wer einen Blick auf den Sitzungskalender des Bundestags wirft, sieht, was das bedeuten würde: Es bleiben noch acht Sitzungswochen, dann ist Sommerpause und danach wird der Bundestag neu gewählt. Das Szenario 2, das ich damals aufgeschrieben hatte, hat also noch Chancen: „Der Entwurf wird verschleppt, bis die Legislaturperiode endet, danach ist die Regelung schneller vergessen als jemand „sachliches Diskontinuitätsprinzip“ sagen kann.“ Oder es wird — hauruck! — doch noch diese Woche ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage beschlossen, mit dem die Presseverlage weder etwas verdienen noch jemanden unter Druck setzen können. Beides wäre ein trauriges Ergebnis für diejenigen, die mit harten Bandagen für das Leistungsschutzrecht gekämpft haben.

Nachtrag: Till Kreutzer schreibt den Werdegang des Gesetzentwurfs noch einmal bündig für die FAZ auf.

Und noch ein Nachtrag: Der Bundestag hat dem Leistungsschutzrecht zugestimmt, und der Streit darüber, was kleinste Textteile und was zu lange Auszüge sind, geht schon los.

Metroknäuel

Wie der Linienplan für Moskau entsteht.

Metro Moskau

Wie viel Liebe fließt in einen Linienplan der Metro Moskau? Sehr viel.

Art. Lebedev Studio hat kürzlich den neuen Plan vorgestellt und zeigt dabei auch, wie er entstanden ist. Die Gestalter ringen um jedes Anschlussknäuel, um den Gelb-Anteil im Rot der roten Linien und die optimale Platzierung der Umschrift in lateinischen Buchstaben. Wer die Entwicklung chronologisch verfolgen will, fängt natürlich beim Plan von 2010 an. Nebenbei haben die Designer auch schon mal einen Entwurf für das Jahr 2100 vorbereitet. (Via Smashing Magazine entdeckt.)

Zum Vergleich: 1980 hatte Moskau ein Kunstwerk als Metroplan.

(Für Menschen, die so etwas interessiert, gibt es hier im Archiv noch den Hamburger Taxi-Haltestellenplan. Außerdem empfehlenswert ist das Blog Transit Maps von Cameron Booth.)

Norwegian Wood

Zwölf Stunden Brennholz im norwegischen TV.

Das Fernsehprogramm des norwegischen Kanals NRK 2 am Freitagabend und Samstagmorgen:

20:05-0:00 Nationaler Brennholzabend (live). Menschen, um genau zu sein: Norweger, fällen Bäume, hacken und schleppen Brennholz. Zum Auftakt ein Gespräch mit dem Schriftsteller Lars Mytting, dessen Buch über Brennholz 150.000 Mal verkauft wurde. (Es gibt fünf Millionen Menschen in Norwegen.) Es wird gesägt und der Unterschied zwischen den Sägen erklärt, dann wird ein Lied auf einer singenden Säge gespielt. Ein Saxofonist erklärt, dass ein Saxofon ein Holzblasinstrument ist. Zwei Gruppen stapeln Brennholz. Eine Schornsteinfegerin untersucht einen Ofen. Es werden Äxte und Motorsägen vorgestellt, es wird auf und mit Baumstämmen getrommelt, die Säge gebogen und Saxofon gespielt, später kommt eine Motorsäge als Rhythmusinstrument dazu. Dann beantworten Holz-Experten eine Zeitlang Fragen. Menschen hacken auf große Baumstämme ein. Verschiedene Holzstapelmethoden werden vorgestellt, dann geht es um verschiedene Brennholzmaße. Die Gruppen, die Brennholz gestapelt haben, singen am Lagerfeuer ein Holzlied. Mit einer Motorsäge werden die Buchstaben NRK 2 ausgesägt. Umweltfreundlichere Holzöfen werden vorgestellt, dann kommt wieder die singende Säge. Zum Abschluss der vierstündigen Live-Sendung wird ein Gedicht über frisches Brennholz rezitiert.

Brennholz im Kamin auf NRK 2

0:00-8:00 Nationale Brennholznacht und Nationaler Brennholzmorgen (live). Im Kamin brennt ein Feuer. Ab und an kommt ein thematisch passendes Gedicht oder Musikstück, dann prasselt wieder nur das Feuer.

Nachtrag: Bark Up or Down? Firewood Splits Norwegians (New York Times)

Nachtrag: (danke, Torsten!)

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von media.mtvnservices.com zu laden.

Inhalt laden

The Colbert Report: Norway’s National Firewood Night