Medien-Häuser (1)
Drei US-Zeitungen und ihre Gebäude.
Quizfrage: Wo erscheint die größte Tageszeitung der Vereinigten Staaten?
Richtig — in McLean, Virginia. Der Medienkonzern Gannett und sein Flaggschiff USA Today sind 2001 in das gemeindefreie Gebiet nahe Washington D.C. umgezogen. Das für die Fernsehgeneration konzipierte Blatt zieht seit seiner Gründung 1982 eine gewisse Abscheu auf sich, wie sie zum Beispiel in der deutschen Wikipedia gepflegt wird: „Boulevardzeitung“, „aggressives Marketing“, „Banalität“, „triviale Themen“. Mit Blick auf die zuletzt konstante Auflage von 2,3 Millionen verkauften Exemplaren könnten die Gannett-Leute das sicher gut verschmerzen (ABC Total Average Paid Circulation, Q3/2008). Aber die Anzeigeneinnahmen sind auch bei dieser Zeitung weggebrochen (Q1/2009: -33,5 Prozent im Vorjahresvergleich).
Die 12-stöckige Konzernzentrale und der neunstöckige USA Today Tower sind auf dem Foto aus dem Google-Auto leider nicht sonderlich gut zu erkennen. Auf den Seiten der Architekten Kohn Pedersen Fox sind Außen- und Innenaufnahmen zu finden. Weniger positiv fällt das Urteil auf einem Watchblog aus: Ein glänzender Todesstern sei das Haus, schreibt Blogger Jim Hopkins; ein seelenloses Bauwerk, das Konzernmenschen gefällt, meinen anonyme Kommentatoren. Damit passt der Gannett-Campus aber zumindest in die Umgebung: Booz Allen Hamilton und Mars Incorporated haben ebenso ihren Sitz in McLean wie die CIA.
Maximalen architektonischen Kontrast zu USA Today bietet die achtgrößte amerikanische Zeitung: Die Chicago Tribune residiert in einem zentral gelegenen 40-stöckigen neogothischen Turm von 1925. Die Architekten John Mead Howells und Raymond Hood setzen sich in einem Wettbewerb unter anderem gegen Entwürfe von Walter Gropius und Eliel Saarinen durch. Wie lange die Chicago Tribune und die Tribune Company dort noch bleiben, ist allerdings offen: Zum einen, weil das Unternehmen schon seit Juni 2008 „strategische Optionen“ für das Gebäude prüft. Zum anderen, weil die Tribune Company seit Dezember 2008 unter Gläubigerschutz steht und versucht, ihren Schuldenstand von 13 Milliarden Dollar zu senken. Der kleinere Konkurrent in der Stadt, die Chicago Sun-Times, hat übrigens Ende März 2009 Gläubigerschutz beantragt.
Dass der Newsroom einer Zeitung für eine halbe Million Dollar auf einem Studiogelände in Hollywood nachgebaut wird, geschieht nicht so häufig. Für „Die Unbestechlichen“ („All the President’s Men“) konnte die Washington Post aber natürlich nicht auf ihre Nachrichtenzentrale verzichten, selbst wenn der Film mit Robert Redford und Dustin Hoffman den Watergate-Ruhm der Hauptstadtzeitung noch einmal gesteigert hat. Die glorreichen Zeiten sind indes auch bei der Post erst einmal vorbei: Im vierten Quartal 2008 lag der Betriebsgewinn in der Zeitungssparte ohne Sonderfaktoren bei gerade einmal 300.000 Dollar — all die Mühe der siebtgrößten US-Zeitung also für den Gegenwert eines Rolls-Royce.
Das Blatt hat seinen Sitz seit 1950 im Bereich L Street/15th Street, 1960 und 1972 wurde aber kräftig modernisiert und neu gebaut. (Vielleicht ist das gezeigte Gebäude ja in der Realität schöner und erinnert weniger an ein Parkhaus.)