Das Undenkbare

Clay Shirky über die Zukunft der Zeitungen.

„In Revolutionen kehrt sich die Wahrnehmung auf merkwürdige Weise um. Im Normalfall sieht man diejenigen, die lediglich die Welt um sie herum schildern, als Pragmatiker, während diejenigen mit märchenhaften Vorstellungen einer alternativen Zukunft als Radikale gelten. Die letzten Jahrzehnte waren allerdings nicht der Normalfall. Bei den Zeitungen waren es die Pragmatiker, die einfach aus dem Fenster schauten und bemerkten, dass die reale Welt zunehmend dem undenkbaren Szenario glich. Behandelt wurden diese Leute wie Irre. Wer dagegen Traumbilder vom Erfolg abgeschotteter Systeme (Walled Gardens) und begeisterter Micropayment-Nutzung malte, für die es keine reale Basis gab, wurde nicht als Scharlatan betrachtet, sondern als Retter.“

Clay Shirkys Essay über die Zukunft der Zeitungen hilft keinem Printmedienmenschen aus der Krise, der sich selbst als einen Printmedienmenschen sieht. Shirky ist nicht einmal besonders optimistisch, dass es für die gedruckte Zeitung bald ein funktionales Äquivalent geben wird, einen tröstenden Ersatz. So sei das eben in echten Revolutionen, schreibt er trocken: „Das alte Zeugs geht schneller kaputt als das neue Zeugs an die Stelle tritt.“ Unbedingt lesenswert.

Die Krise

Ein paar Reaktionen: Jeff Jarvis warnt, dass die Zeitungen nicht die letzte Branche sein werden, die es trifft. Cory Doctorow sieht Parallelen zu denen, die ihr Produkt mit  Rechtebeschränkungen und Anwälten schützen wollen. Tim O’Reilly meint, dass die — bislang — von Zeitungen erfüllten wichtigen Bedürfnisse nicht verschwinden und setzt auf neue Institutionen. Wer trotz Shirky noch an Micropayment glaubt, findet mehr dazu, auch von Shirky, im Freakonomics-Blog.

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