Faktenbilder

Visualisierte Daten zur Lage der Welt.

Eine Empfehlung: Diese fantastische Präsentation anschauen, in der Prof. Hans Rosling mit visualisierten Daten zeigt, wie sich die Welt verändert und warum Aussagen über ganze Regionen so häufig Humbug sind.


Direktlink zu Google Video

Rosling ist Professor für Internationale Gesundheit in Stockholm und Mitbegründer von Gapminder, einer Organisation, die Software zur Visualisierung menschlicher Entwicklung her- und bereitstellt. (Er war 2006 auf den Konferenzen TED – von dort stammt das Video – und Le Web, mir ist seine Arbeit aber bislang völlig entgangen.)

Es wird noch besser: Mit dem Tool Gapminder World 2006 kann jeder selbst im Netz spielen.

Wer nach 20 Minuten Hans Rosling ebenfalls begeistert ist: Sein Sohn Ola Rosling hat im März 2006 einen einstündigen Vortrag bei Google gehalten. Es ist ein starkes Plädoyer dafür, Daten aus den propietären Datenbanken zu befreien und sie nicht in ein kartografisches Korsett zu zwingen. Visualisierte Fakten sind wichtig, sagt Rosling sinngemäß, da die Medienbilder unserer Welt viel zu oft Extremfälle zeigen und Tabellen langweilig sind.

Übrigens hat Google gerade die Gapminder-Software Trendalyzer gekauft. (Via MetaMedia entdeckt.)

Großflächig

Motivdatenbank Außenwerbung im Netz.

Fast eine Viertelmillion Werbeflächen in Deutschland gehören zur Ströer-Gruppe, im Netz eher bekannt durch blogg.de, Sevenload, neu.de, mp3.de oder Mabber. Die Kölner haben kürzlich eine Motivdatenbank mit mehr als 15.000 Plakatmotiven ins Netz gestellt. Sie ist natürlich längst nicht vollständig, aber nützlich für einen Überblick über Wahlplakate von Parteien (CDU, SPD, Grüne, FDP) oder Großflächenposter für Breisgaumilch. Die Motive sind sogar inhaltlich erschlossen, wie eine Suche nach dem Wort Mond zeigt. Auch nett: der Kreativ-Simulator, um eigene Grafiken hochzuladen und ihre Wirkung auf Plakatwänden zu testen.

Fluchtpunkt

Über Stadtansichten im Saul-Steinberg-Stil.

Im Februar 2004 erschien in der Macwelt ein dreiseitiges Tutorial von Oliver Weiss, wie man in zehn Schritten mit Bleistift und Photoshop eine Variante von Saul Steinbergs berühmtem New-Yorker-Titelbild View of the World from 9th Avenue erstellen kann. Am Beispiel Berlins. Aus der Macwelt von damals:

Denn jeder bessere Posterladen vertreibt längst seine eigene Version von Steinbergs verschmitztem Blick auf die eigene Stadt, die augenzwinkernd als Nabel und Angelpunkt der restlichen Welt karikiert wird.

New-Yorker- und Spiegel-Titelbild Bei der Gestaltung des Spiegel-Titelbildes (Berlin – Comeback einer Weltstadt) kam nun „gleich die erste Idee“ zum Tragen, heißt es im Werbevideo. Richtig geraten: Ein verschmitzter Blick auf die Stadt Berlin, die augenzwinkernd als Nabel und Angelpunkt der restlichen Welt karikiert wird. Immerhin kommt der Name Saul Steinberg im Editorial vor – zusammen mit Preis und Bestelladresse des Titelbild-Posters.

Poster des Jahres

Der Taxi-Haltestellenplan für Hamburg.

Der Schnellbahn-Streckennetzplan des Hamburger Verkehrsverbunds ist in dieser Stadt ein bekannter Anblick:

Hamburger Schnellbahnplan

Heute habe ich erstmals dieses Poster gesehen:

Taxi-Schnellbahnplan

Was aussieht wie das Werk eines wahnsinnig gewordenen Verkehrsverbund-Grafikers, ist bei genauerem Hinsehen das fiktive „Streckennetz Öffentlicher Individualverkehr“ mit Hunderten von Straßennamen — und damit Werbung für die genossenschaftliche Taxizentrale Das Taxi.

Taxi-Schnellbahnplan (Detail)

Ganz großartig! Erinnert an die vielen Adaptionen des Meisterwerks, Harry Becks Londoner U-Bahn-Plan: Simon Pattersons The Great Bear (mit Humphrey Bogart statt Mornington Crescent und Pythagoras statt Paddington), die Musikgenre-Karte des Guardian (mit Blondie statt St. James’s Park) oder die Anagramm-Karte.

Nachtrag: Die Agentur, die dahintersteckt, ist Nordpol+.

Einmal wie immer

Der Second-Life-Backlash.

Mario Sixtus bringt auf den Punkt, warum sich Medien- und Marketingmenschen so voller Hingabe auf Second Life stürzen: „Endlich kann man auch im Internet so weitermachen, wie in der guten alten Zeit vor dem Internet. (…) Zu guter Letzt ist [bei Second Life] das Leben im Netz auch für jene zu begreifen, die das Netz selbst nie begriffen haben.“ Sehr lesenswert.

Dazu kommt, dass etwa ein TV-Beitrag über Social Bookmarking ordentlich Fantasie bei der Bebilderung erfordert und der Reiz von Wikis, last.fm oder RSS-Feeds sich nicht recht aus einem Screenshot erschließt. Ein Mensch sitzt an einer Tastatur und tippt: So sieht Bloggen von außen aus, so sieht Chatten von außen aus, so sieht das Bearbeiten einer Steuererklärung von außen aus. Ein fliegender Avatar ziert dagegen jedes Bewegtbild, und die beliebte Erlebnisreportage „Mein erster Tag in Second Life“ setzt keinerlei Vorwissen voraus, von der richtigen Schreibweise des Wortes life abgesehen.

Torsten Kleinz erinnert zu Recht daran, dass Second Life minus Second-Life-Medienhype immer noch spannend sein kann, als Massive Multiplayer Online Role-Playing Game mit extrem viel Freiheit, komplexer Technik und interessanter sozialer Dynamik zwischen Bewohnern und Schöpfern des Spiels. Wenn es genügend Einwohner gibt, die das wie Torsten sehen, hat Second Life die Chance, den Ein- und anschließenden Ausmarsch der Marketingtruppen zu überleben. Aber die Zeit, die diese Beobachtung kostet, investiere ich lieber in den Teil des Internets, der über weniger häufig abstürzende Software wie Webbrowser zugänglich ist.