Hamburger Sonntag
Die neuen Mopo- und Abendblatt-Ableger.
Eine Woche nach dem Abendblatt (Axel Springer) hat nun auch die Hamburger Morgenpost (Montgomery) ihre Sonntagszeitung auf den Markt geworfen. Die Sonntags-Mopo bleibt kompakt (26×35 cm), wächst aber etwas über das werktägliche U-Bahn-Tabloid-Format hinaus. Das Sonntags-Abendblatt schrumpft dagegen vom Großformat auf 28,5×40 cm — fast treffen sich die beiden Konkurrenten in der Mitte.
Die Mopo geht mit 88 Seiten an den Start — 12 Seiten davon Sportteil, 8 Seiten Comicteil und unsägliche 20 Seiten, die überwiegend mit Gratulationsanzeigen gefüllt sind. Das Blatt ist eine Fortsetzung der Alltags-Mopo, damit nicht gerade ein Feuerwerk, aber solide. Die Reportage von einer Schiffsverlängerung um 20 Meter ist das optische Highlight; ein amerikanischer Hund, der auf zwei Beinen läuft, der inhaltliche Tiefpunkt. Wer die Mopo mag und noch mehr Sport haben möchte, wird gut bedient.
48 Seiten dick ist das Abwehrblatt aus dem Hause Springer, darin ein 8 Seiten dicker Sportteil. Das Abendblatt will der Sonntags-Mopo den Auftakt vermiesen, aber der eigenen Welt am Sonntag keine Leser nehmen. Das Resultat ist ein relativ trauriger Schnellschuss. Seite zwei: „Schröders Hamburger Verlag plant Hartz-Biografie“. Seite drei: Beim Merkel-Besuch in Großbritannien wurde zunächst eine belgische Flagge aufgestellt, dann aber durch eine deutsche ersetzt — das ist bei der Mopo eine Kurzmeldung. Seite vier und fünf: Werdende Eltern hoffen, dass ihr Nachwuchs zwecks Elterngeld erst Neujahr kommt. Die originellste Idee ist eine Zusammenstellung Hamburger YouTube-Videos, leider auch online ohne Links; absoluter Tiefpunkt eine menschelnde Interview-Paternosterfahrt mit dem scheidenden Finanzsenator. Die Sonntags-Crew hat sich kräftig bei der eigenen Veranstaltungsbeilage „Live“ bedient, mischt diese aber mit fiesem Boulevard auf den letzten Seiten. Drei Kostproben: „Angelina Jolie – Prozesse um Dollar und Unterhosen?“ — „Victoria Beckham – Ich wär so gerne Lady Posh“ — „Miss England schlief mit Jury-Mitglied – entthront“.
Und jetzt kann ich endlich die FAS lesen, wie auch künftig jeden Sonntag.
Nachtrag: Offenbar kein schöner Start für die Mopo — ein „unbekannter Datenfehler“ verzögerte die Auslieferung um Stunden.
Mehr zum Thema:
Medienhandbuch.de: Hamburg im Sonntagszeitungsfieber
w&v: Sonntags-Mopo muss Copypreis senken
6 Kommentare
Was mich am Sonntagsabendblatt („SonnAbendblatt“?) erschütterte:
– obwohl der Sonntag der klassische Lese- und Mußetag ist, insbesondere für die ältere Zielgruppe des Abendblatts, waren die Artikel noch kurzteiliger als im normalen Abendblatt.
– bouelevardeske Ausrichtung
– Was für ein schwacher Aufmacher! „Stichtag 31.Dezember — Kommt unser baby zu früh für das Elterngeld“. MannMannMann!
Das ganze (Abend-)Blatt hatte übrigens einen Anzeigenanteil von gerade einmal fünf Prozent, und das bei einem Kampfpreis von 50 Cent und zudem zahlreichen verteilten Gutscheinen für ein Gratisexemplar. Erinnert ein wenig an Köln extra und Kölner Morgen, die beiden Gratisblätter, die sofort eingestellt wurden, nachdem Axel Springer und DuMont die Konkurrenz von 20 Minuten Köln vertrieben hatten.