VeriSign verklagt ICANN erneut

Der Streit geht vor kalifornischen Gerichten weiter.

Vor wenigen Tagen hat ein US-Bundesgericht VeriSigns Klage gegen die Netzverwaltung ICANN wegen Wettbewerbsbehinderung abgewiesen. Nun geht es vor einem kalifornischen Gericht weiter, vermeldet Bret Fausett. Die Klageschrift sollte in Kürze auf den ICANN-Webseiten erscheinen.

Nachtrag: Diesmal geht es im Kern nicht um Wettbewerb, sondern um den Vorwurf des Vertragsbruchs, schreiben eWeek und CBR (via Steven Forrest). Die Registry-Verträge sehen ein bestimmtes Procedere für die Genehmigung von registry services vor, also Diensten, die der Top-Level-Domain-Betreiber und -Verwalter anbietet. Der Streit geht darum, ob bestimmte VeriSign-Angebote solche Dienste sind oder nicht:

  • das Abfangen von Anfragen nach unregistrierten Domains (Sitefinder),
  • die Einrichtung einer Warteliste für registrierte Domains (WLS),
  • internationalisierte Domainnamen (IDN) und
  • ConsoliDate, ein System zur Vereinheitlichung der Daten, an denen eine Domainregistrierung ausläuft.

VeriSigns ICANN-Klage abgewiesen

Das Bundesgericht hat klar für die Netzverwaltung entschieden.

Ende Februar hat der .com- und .net-Domainverwalter VeriSign gegen die Netzverwaltung ICANN wegen angeblicher Wettbewerbsbehinderung geklagt (Details in einem früheren Posting). Vorgestern hat das Gericht diese Klage bindend abgewiesen, berichten unter anderem Heise, CircleID und News.com. Bret Fausett schreibt: „I can’t imagine an opinion that would have provided ICANN a more secure foundation on which to continue its work.“ Bret zitiert einen Kernsatz aus der Entscheidung: VeriSign könne nicht belegen, dass ICANNs Unterorganisationen, in denen auch VeriSigns Konkurrenten vertreten sind, das ICANN-Direktorium beherrschen. Damit brechen die weiteren Vorwürfe zusammen.

Im abgewiesenen Fall ging es vor einem Bezirksbundesgericht in Los Angeles um Verstöße gegen Bundeswettbewerbsrecht. Bundesrichter A. Howard Matz hat die Möglichkeit offen gelassen, einzelstaatliches Recht anzuwenden. VeriSign hat nun also die Wahl, vor das zuständige Bundesberufungsgericht zu ziehen oder es vor einem kalifornischen Gericht zu probieren.

VeriSign verklagt ICANN

Der .com- und .net-Domainverwalter klagt gegen die Netzverwaltung.

Der .com- und .net-Domainverwalter VeriSign klagt vor einem Bundesgericht in Kalifornien gegen die Netzverwaltung ICANN: Das könnte ein sehr wichtiger Prozess im Bereich Netzpolitik werden. Laut Pressemitteilung geht es VeriSign darum, dass ICANN seine vertraglichen Befugnisse überschritten habe und die Geschäfte des Unternehmens unzulässig zu regulieren versuche. Das Wall Street Journal nennt die Anklage „a broad antitrust lawsuit“. Eine Stellungnahme von ICANN gibt es noch nicht. Declan McCullagh hat die Klageschrift im Original-PDF: Teil 1 und Teil 2.

Die Vorwürfe beziehen sich nach einem ersten flüchtigen Blick auf vier Bereiche:

  • das Abfangen von Anfragen nach unregistrierten Domains (Sitefinder),
  • die Einrichtung einer Warteliste für registrierte Domains (WLS, von ICANN unter Auflagen akzeptiert),
  • internationalisierte Domainnamen (IDN) und
  • ConsoliDate, ein System zur Vereinheitlichung der Daten, an denen eine Domainregistrierung ausläuft (genehmigt).

Von den sieben Klagebegehren scheint das erste besonders gravierend: VeriSign wirft ICANN eine zulässige Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt und den Untermärkten der TLD-Verwaltung vor. Das Unternehmen sieht darin das Wettbewerbsgesetz Sherman Act verletzt. VeriSign verlangt Schadenersatz und die Feststellung, dass es die genannten Dienste ohne ICANN-Auflagen anbieten darf. Bei den Vorwürfen des Vertragsbruchs geht es um das .com-Abkommen von 2001 und die Frage, was genau Registry Services sind.

Ohne genauere Details ist es für eine weitere Bewertung zu früh, amerikanische Juristen werden sich in den nächsten Tagen sicherlich mit ihrer Einschätzung zu Wort melden. Wer die Entwicklung verfolgen will, sollte aber in nächster Zeit eine Reihe von Weblogs und Webseiten im Blick haben: Thomas Roesslers No Such Weblog, Monika Ermerts Artikel bei Heise Online, Bret Fausetts Lextext, Esther Dysons Release 4.0, Ross Raders Random Bytes, Andrew McLaughlins C-Note, Wendy Seltzers Legal Tags, Karl Auerbachs CaveBear Blog und natürlich ICANNwatch. Einen erheblichen Teil dessen und noch mehr sammelt der ICANN Blog Aggegrator, den Thomas Roessler betreibt. Für weitere Hinweise bin ich höchst dankbar!

An einem Punkt kann aber vermutlich jeder, der ICANNs Entwicklung verfolgt hat, VeriSign bedenkenlos zustimmen. Ein Manager des Unternehmens erklärte laut Washington Post: „Working the ICANN process is like being nibbled to death by ducks.“ Stimmt.

VeriSign gibt nicht auf

Die Sondersitzung naht, und VeriSign beruft sich auf Innovation und Investitionen.

Wildcard-Joker
Ein Editorial von VeriSign-Vizepräsident Mark McLaughlin lässt ahnen, wie deren Angriffslinie bei der heutigen Sondersitzung des ICANN-Sicherheitskomitees vermutlich verläuft: Innovation und Investitionen gegen eine angeblich kleine Schar von technoreligiösen Puristen. Die freedom to innovate war auch bei Microsoft Leitmotiv, um sich gegen die Vorwürfe des Machtmissbrauchs zu verteidigen. Die letzten Briefe von VeriSign an ICANN sind in deutlich drohendem Unterton. Allerdings ist da noch der erwähnte Washington-Faktor. Der renommierte Direktor des CSIS wird die Sitzung einleiten, das Department of Homeland Security hat seine Teilnahme angekündigt. Die Sitzung findet heute von 16.00 bis 21.30 Uhr MESZ statt und wird per RealMedia übertragen (dazu ein Linux-Tipp).

Update: Dank Thomas Roessler gibt es ausführliche Notizen von der Sondersitzung!

VeriSign gefährdet Netzstabilität

ICANNs Sicherheitskomitee kritisiert Verisigns Sitefinder-Wildcards.

VeriSign’s change appears to have considerably weakened the stability of the Internet, introduced ambiguous and inaccurate responses in the DNS, and has caused an escalating chain reaction of measures and countermeasures that contribute to further instability.
(Message from Security and Stability Advisory Committee to ICANN Board)

ICANNs Komitee für Sicherheit und Stabilität (SecSAC) hat sich zum Thema Wildcards zu Wort gemeldet und die schwerste Keule ausgepackt: Die Stabilität des Netzes — heiliger Gral aller ICANN-Aktivitäten — ist in Gefahr. Zunächst waren sich SecSAC und Internet Architecture Board (IAB) offenbar uneins, doch die Argumente in der detaillierten IAB-Stellungnahme kann man nur schwer wegwischen. VeriSign spielt dagegen auf Zeit: Erst einmal soll noch ein unabhängiges Expertenkomitee die Fakten untersuchen; ein zeitweises Abschalten des umstrittenen Sitefinder-„Dienstes“ wird abgelehnt.