Springer will es wissen

Was ist ProSiebenSat1 ohne ProSieben?

ProSieben-Sat1-Bild-Würfel Am Mittwochabend hat der Axel-Springer-Vorstand gezeigt, wie ernst es ihm damit ist, nicht mehr nur Minderheitsgesellschafter eines Fernsehanbieters zu sein. Die FTD trifft es am besten: Um die kartellrechtliche Freigabe der ProSiebenSat1-Übernahme zu bekommen, opfert Axel Springer ProSieben.

Ein Blick auf die aktuellen Neunmonatszahlen von ProSiebenSat1 zeigt: Von den 250,8 Millionen Euro Betriebsgewinn stammen 109,5 Millionen (44 Prozent) von ProSieben und 86,3 Millionen (34 Prozent) von Sat1, die restlichen 22 Prozent verteilen sich auf Kabel Eins, N24, 9Live, SevenOne Intermedia und MerchandisingMedia. Auch nach Umsatz ist ProSiebenSat1 ohne ProSieben plötzlich 40 Prozent kleiner.

Offenkundig ist die Fusion mit einer kleineren Sat1&Co-Senderfamilie aus Springer-Sicht aber immer noch besser, als weiterhin ein Zeitungs- und Zeitschriftenverlag mit vielen Radio-Beteiligungen und einem 12-Prozent-Kuchenstück von ProSiebenSat1 zu bleiben.

(Die Pressemitteilung von ProSiebenSat1 klingt sehr vorsichtig, fast ein wenig verschnupft, aber das mag Überinterpretation sein.)

P7S1-Springer: Game over?

Nach dem KEK-Votum gegen die Fusion.

P7S1-Springer-Gameboy: Game over?

Keine Überraschung: Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) hält die ProSiebenSat1-Übernahme durch Springer für „nicht genehmigungsfähig“. Aus der Begründung:

Unter Berücksichtigung aller für die Meinungsvielfalt relevanten Umstände kommt die KEK zu dem Ergebnis, dass die Axel Springer AG nach der Übernahme der ProSiebenSAT.1-Gruppe über eine Meinungsmacht verfügt, die im bundesweiten Fernsehen einem Zuschaueranteil von mehr als 42 % entspricht.

Die KEK hat dabei den ProSiebenSat1-Zuschaueranteil (22,06 Prozent – 8/04 bis 7/05) genommen und den Springer-Marktanteil bei der deutschen Tagespresse (26 Prozent) zu zwei Dritteln angerechnet, also plus 17,3 Prozent, macht 39,4 Prozent. Die fehlenden drei Prozentpunkte ergeben sich offenbar aus der Anrechnung von „Programmzeitschriften, Publikumszeitschriften, Hörfunk und Online-Angeboten“.

Bei der FAZ gibt es dazu viele lesenswerte Artikel, in denen KEK und Bundeskartellamt für ihre ablehnende Haltung kritisiert werden. Aber wenn Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner dies als nationalen Masochismus deutet, liegt er falsch. Ein potenzieller ausländischer Investor wie TF1 oder SBS hat bislang eben eine vernachlässigbare Machtstellung auf dem deutschen Medienmarkt. Auch wenn Springer seine Radio-Beteiligungen abgibt: Es bleiben schlicht zwei sehr große Fernsehsender und eine sehr große Boulevardzeitung.

Mehr zum Thema:
KEK: Gesellschafterstruktur von ProSiebenSat1 heute
KEK: Gesellschafterstruktur nach einer Fusion
Bildblog: Die Verwandtschaft der Bild-Zeitung
KEK: Datenbank der Beteiligungsverhältnisse
Axel Springer: Pressemitteilungen zur Übernahme
FAZ: Springer-Imperium und Bertelsmann-Imperium

Pay-TV und Springer-Fusion

RTL und P7S1 überlegen eine Verschlüsselung auf Astra.

Gameboy-Illustration zur geplanten Springer-Übernahme

Die FAZ berichtet am heutigen Mittwoch, dass die RTL Group und ProSiebenSat.1 seit Monaten mit Astra über eine Verschlüsselung des Satellitenfernsehens verhandeln. Im Medienteil (S. 40) schreibt Michael Hanfeld über das gemeinsame Vorhaben beider großen privaten TV-Konzerne: „Das wäre nichts anderes als eine ‚zweite Fernsehgebühr‘. Und der Beweis, auf den das Kartellamt gewartet hat, um Springer die Fusion zu versagen.“