Demograf Zahl

Ein Spezialist für Demonstrations-Teilnehmerzahlen.

50.000 Demonstranten oder 10.000, 70.000 oder 20.000, drei Millionen oder 1,2 Millionen — zu jeder Massenkundgebung gehört das Rangeln um die Teilnehmerzahlen. Die Veranstalter scheinen oft einfach die Angaben der Polizei mit einem bestimmten Faktor zu multiplizieren, um auf ihre eigenen zu kommen; die Polizei wiederum beschäftigt auch keine professionellen Menschenmengenzähler in ihren Reihen.

Die spanische Firma Lynce, die auch als Exactcrowd auftritt, will das Zählen von großen Menschenmengen jetzt zu ihrem Geschäft machen. Sie nimmt dazu Luftaufnahmen, Videoaufzeichnungen, schickt Fotografen los und benutzt bei der Bildbearbeitung ein eigenes Plugin, um die Fotos auszuwerten und Menschen zu zählen. Ein französischsprachiges Video des Schweizer Fernsehens gibt (vor allem ab 0:52) einen guten Eindruck, wie das funktioniert:

Lynce arbeitet häufig im Auftrag der spanischen Nachrichtenagentur Efe — zuletzt bei der Demonstration in Barcelona für katalanische Autonomie. Die Polizei von Barcelona bezifferte die Teilnehmerzahl auf 1,1 Millionen, die Veranstalter sprachen von 1,5 Millionen. Die Lynce-Zählung: 56.000 Teilnehmer, plus/minus 15 Prozent. Aber auch diese Zahl lässt sich hinterfragen: Die Zeitung El Mundo, keine Fürsprecherin katalanischer Autonomie, hält 75.000 für das absolute Minimum.

Die hohe Live-Kunst

BBC-Bilder vom Machtwechsel.

Viele der BBC-Livebilder vom dann doch plötzlichen Regierungswechsel in der 10 Downing Street heute Abend hatten Kinoqualität — und das ohne monatelange Vorbereitung wie bei einer Amtseinführung in Washington. Ein Machtwechsel in 90 Minuten, zusammengefasst in knapp drei, zu überdramatischer Musik.

(Ja, ich bin noch da.)

BBC-Aufnahmen vom Regierungswechsel

Mut für 2010

Bestandaufnahme und Wunschzettel.

Eine Leseempfehlung: Lorenz Lorenz-Meyer schreibt über das, was fehlt, und was er sich für 2010 wünscht.

„Mir scheint, wir digital natives haben uns viel zu sehr von den formalen Prozessen faszinieren lassen, von all den Moden oder Hypes der letzten Jahre, von Facebook, Blogs und Twitter, von den angeblich ’sozialen’ Medien, deren großes Potential uns allen so wichtig ist, dass wir darüber Manifeste verfassen und Hymnen singen. Gleichzeitig sind wir damit gescheitert, Anliegen zu identifizieren und zu entwickeln, für die es sich lohnt, diese Instrumente in Anschlag zu bringen.“

Echt falsch

US-Sender und der Handelskammer-Hoax.

Screenshot aus einem CNBC-Video

Auf eine falsche Pressekonferenz hereinzufallen, ist für einen Fernsehsender schon peinlich genug. Aber anschließend vor laufender Kamera auf den Zettel zu zeigen und zu erklären, es sei ja das richtige Logo auf der Pressemitteilung zu sehen gewesen, das grenzt an eine Kapitulationserklärung.

(Das oben war CNBC. Hätte sich Fox Business 45 Sekunden mehr Zeit für die Recherche gelassen, wäre dem Sender dies hier erspart geblieben.)

Nachtrag: Die Yes Men haben ein Video veröffentlicht, das den Moment zeigt, in dem der echte Pressesprecher der US-Handelskammer die falsche Pressekonferenz auflöst.

Teure Kugeln

Guardian-Infografik zu britischen Staatsausgaben.

Guardian-Infografik zum Haushalt

Der Guardian hat sich ein wichtiges, aber sehr trockenes Thema genommen und es formidabel in eine Infografik umgesetzt: Where your money goes: the definitive atlas of UK government spending. Die Grafik zeigt, welche Ministerien und nachgeordneten Behörden wie viel Geld ausgegeben haben. Daraus wird im gedruckten Guardian eine wunderschöne Doppelseite, im Netz eine leichtgängige Flash-Grafik mit erklärender Audio-Tour.
Dazu gibt es für Ausdrucker ein PDF-Dokument zum Download und für Weiterforscher eine Google-Tabelle für eigene Berechnungen.