Agenturoriginale

Google News versteckt übernommene Artikel.

Bislang macht Google News transparent, woher sehr, sehr viele Medien im Netz ihre Meldungen eins zu eins beziehen: nämlich von den Nachrichtenagenturen. Noch können die Zeitungen immerhin darauf hoffen, dass die Google-News-Nutzer mehr oder weniger zufällig auf ihrer Version der Agentur-Nachricht landen (auch wenn schon die kurzen Teasertexte auf Google News manchen Verleger in Rage bringen).

Das ändert sich gerade. Meldungen von AP, AFP, der britischen PA und der kanadischen CP übernimmt Google jetzt direkt — die Zeitungen, die sie übernehmen, tauchen nicht mehr auf. Die Begründung von Google: „By removing duplicate articles from our results, we’ll be able to surface even more stories and viewpoints from journalists and publishers from around the world.“ Google News erleichtere es damit den Nutzern, original content zu finden.

Im Google-News-Weblog hebt das Unternehmen feinsinnig hervor, dass es die Agenturmeldungen nicht publiziere, sondern die Texte der Partner nur hoste, weil diese keine Websites für Endkunden hätten — die Meldungen tragen allesamt das Logo „Gehostet von Google“. Und so sieht das dann in der Praxis aus: eine deutschsprachige AFP-Meldung mit Bild und Karte, Meldungen von AP, CP, PA; zum Vergleich die selbe AFP-Meldung bei Yahoo, dort mit Werbung. AFP war übrigens die Agentur, die im März 2005 Google verklagt hatte, im April einigten sich beide Seiten.

Alte Neuigkeiten

Google durchsucht Zeitungsarchive.

Ein Spielzeug aus Mountain View, das schon ein halbes Jahr alt ist: Google News Archives. Diese Suche durchstöbert nicht die aktuellen englischsprachigen Nachrichten, sondern die Meldungen von früher — auch aus der Zeit, in der es überhaupt kein Internet gab. Die ältesten Artikel, die ich dort gefunden habe, stammen aus dem Jahr 1759.

Mehr als die Schlagzeile und einen kurzen Textauszug bekommt man aber meist nicht: Die Suchtreffer für ältere Zeitungen stammen fast ausschließlich aus kostenpflichtigen Archiven der einzelnen Zeitungen oder aus dem gigantischen, ebenfalls kostenpflichtigen NewspaperArchive.com. Selten gibt es kleinere Inseln kostenloser Artikel, etwa von der Washington Post über Watergate.

Statt bei Google in Links zu Bezahlarchiven zu versinken, lohnt sich vielleicht gleich der Weg zur einen Zeitschrift, die ihre seit 1923 erschienenen Artikel komplett online gestellt hat: Time Magazine.

Entgooglet

Google.de hat den Domaininhaber gewechselt.

Geparkte Google.de-Seite

0:07: Statt der deutschen Seite der Suchmaschine gibt es eine Park-Seite mit Mirko Nontschew. Der Domaininhaber im DENIC-Domainverzeichnis hat soeben gewechselt. Neuer Inhaber von google.de ist ein Wiesbadener.

0:37: Unter der Wiesbadener Adresse befindet sich auch ein Unternehmen, das auf die Registrierung freigewordener Domains spezialisiert ist. Zur Erinnerung: 2003 hatte Microsoft die Domain hotmail.co.uk versehentlich auslaufen lassen. (wie schon vier Jahre zuvor passport.com). Ein Jahr später vergaß die Washington Post, ihr Domainregistrierung zu verlängern. Das wäre also eine mögliche Erklärung.

0:47: Und der Domaininhaber wechselt abermals. Statt einer Privatperson ist dort jetzt favo eingetragen — favo.org leitet auf besagte Firma weiter.

1:07: Die Nameserver im Eintrag bei Denic sind nicht länger von namesecure.de, sondern wieder von google.com, Inhaber ist aber weiterhin favo. Und in der Realität heißen die Nameserver weiterhin ns1/ns2.goneo.de.

(„Der Tag, an dem die Nacht, in der Mirko Nontschew die Startseite von Google Deutschland ersetzte“.)

Wer schon nach einer Stunde Entzugserscheinungen bekommt: Google.at tut’s natürlich auch.

1:44: Es geht los. Drei Denic-Nameserver zeigen noch auf Goneo, drei zeigen schon wieder auf Google.

1:49: Nur noch ein Nameserver. Faktisch bekommen die Nutzer also demnächst wieder flächendeckend die Google-Seite zu sehen, auch wenn ein Wiesbadener derzeit noch als Domaininhaber eingetragen ist. Was wird dem außer einem T-Shirt bleiben? Vermutlich ein höherer Bekanntheitsgrad seines Domain-Registrierdienstes.

7:47: Google hat nun offiziell bestätigt, dass sein deutsches Angebot kurzfristig gekapert wurde (dpa-Meldung). Kein Hackerangriff, sagt Google. Warum die Domain übertragen wurde, ist aber weiterhin unklar — der Inhaber von google.de ist laut Denic-Datenbank immer noch das Wiesbadener Unternehmen.

Zwischenfazit. Dass all dies laut Google nicht auf einen „Hackerangriff“ auf die Seite zurückgeht, leuchtet natürlich ein. Nachdem google.de in der Domain-Datenbank bei Denic einen neuen Inhaber hatte, verwiesen die Denic-Server auf dessen Nameserver, die wiederum auf die Goneo-Webseiten verwiesen. Nach kurzer Zeit wurde das offenbar bemerkt (die Last muss unglaublich gewesen sein), und die Nameserver wurden auf Google zurückgestellt. Unerklärlich bleibt, wieso google.de überhaupt einen neuen Inhaber hat, und das über acht Stunden später immer noch. Eine Domain auf solche Weise zu verlieren, ist heutzutage und unter .de schließlich gar nicht so einfach.

Aber darum dürfen sich jetzt erst mal andere kümmern, etwa tagesschau.deheise online oder ZEIT online.

Abgehangen

Das zeitlos aktuelle Tom-Bihn-Etikett.

Eine der Googleisierungs-Thesen von Jochen Wegner lautete: „Google hebt die Qualität vieler Alltagsrecherchen auf ein erträgliches Niveau“.

Und jetzt zum Vergleich:

  1. Eine Welt.de/AFP-Meldung vom 22.12.2006: „Der Marketing-Gag einer amerikanischen Textilfirma sorgt in Frankreich für Furore. ‚Tom Bihn‘ entschuldigt sich auf den Etiketten ihrer französischen Kollektion für ihr Regierungsoberhaupt.“
  2. Der erste Google-Treffer für „tom bihn washing message“: Eine Seite auf Snopes.com über das Bihn-Etikett. Enthält das Foto aus der Meldung und wurde zuletzt am 10. Juni 2004 aktualisiert. (Der Blogeintrag, aus dem das Foto stammt, wurde am 25. März 2004 veröffentlicht. Als der Bundespräsident noch Johannes Rau hieß.)

Zapp über Google

Ein Film über die Macht einer Suchmaschine.

Am Mittwoch um 23 Uhr hat das NDR Fernsehen eine Sonderausgabe des Medienmagazins Zapp gesendet: Google – die Macht einer Suchmaschine, ein Film von Julia Salden (Trailer). Ein interessanter Satz in der Vorankündigung: „Auch für die 30-minütige NDR Dokumentation lehnte Google alle Anfragen ab.“

Wiederholungen laufen in der Nacht zu Donnerstag um 0.30 Uhr im ARD-Digitalkanal EinsExtra, am Donnerstagmorgen um 5.30 Uhr ARD-Digitalkanal EinsFestival und um 7 Uhr im NDR Fernsehen. Im Laufe des Donnerstags gibt es auf den Zapp-Seiten im Netz weitere Informationen. Passenderweise ist Franziska Pigulla als Sprecherin im Einsatz, neben vielem anderen die deutsche Stimme des Google-Epic-Videos.

(Disclaimer: Der NDR ist mein Arbeitgeber.)