Hoffnung für Privatkopien?

Ein Rechtsgutachten ermutigt Kopierprogramme für Privatkopien.

Die Firma S.A.D., die ihre CD- und DVD-Kopiersoftware nach Inkrafttreten des neuen Urheberrechts durch abgespeckte Versionen ersetzt hatte, wittert Morgenluft und will ihre Programme wieder anbieten: Wie Heise Online vor einigen Tagen meldete, hat S.A.D. beim renommierten Medienrechtler Prof. Bernd Holznagel ein Gutachten in Auftrag gegeben.

Das Holznagel-Gutachten stellt die Lage wie folgt dar: Die Neuregelungen zur Umgehung technischer Schutzmechanismen verstoßen, wenn man sie technisch-formal auslegt, gegen die Grundrechte von S.A.D. (Berufsausübungsfreiheit und Eigentum) und der privaten Nutzer und Eigentümer kopiergeschützter Werke (Informationsfreiheit und Eigentum). Darum muss die UrhG-Norm verfassungskonform ausgelegt werden: Bei der weiterhin erlaubten Privatkopie handelt es sich nicht um „Umgehen“. Programme, die nicht nur auf illegale Verfältigung aus sind, dürften damit zumindest übergangsweise wieder auf den Markt. Das Gutachten hält zudem bestimmte Strafvorschriften für nicht hinreichend bestimmt (für Strafgesetze gilt der Bestimmtheitsgrundsatz).

S.A.D. will seine Programme jetzt also wieder verkaufen; denjenigen, die die eingeschränkten Versionen gekauft haben, werden Patches angeboten. Zur eigenen Absicherung soll jedoch ein Zähler eingebaut werden, der „nur eine vertretbare Anzahl von Privatkopien zulässt.“ Die Interpretation des Gutachtens im S.A.D.-Positionspapier ist allerdings juristisch holperig bis kurios. Da ist von „Unzuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts“ die Rede. Nicht beklagen, sondern freuen! Eine Gesetzesnorm für verfassungswidrig erklären kann nur das Bundesverfassungsgericht (und der Weg nach Karlsruhe ist steinig und zeitraubend). Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm kann, nein: muss jedes Gericht vornehmen, wenn eine andere Auslegung verfassungswidrig wäre.

Word: Alt-F4

OpenOffice 1.1 löst jetzt auch bei mir Word ab.

OpenOffice 1.1 deutsch ist für mich endlich der Anstoß, Abschied von MS Word 2000 zu nehmen. Es ist höchst erfreulich, dass typografische Finessen wie Registerhaltigkeit oder die Vermeidung von „Schusterjungen“ und „Hurenkindern“ jetzt nicht mehr teuren Layoutprogrammen vorbehalten sind, sondern Teil einer OpenSource-Textverarbeitung sind. Präsentationen und Tabellen hat OpenOffice für mich schon länger erstellt, jetzt werden nach und nach liebgewonnene Word-Funktionalitäten durch Makros nachgebildet und auf gewohnte Tastenkürzel gelegt. Das Erstellen von PDF-Dokumenten direkt aus OpenOffice möchte ich schon jetzt nicht mehr missen; das ist schon erheblich bequemer als der Umweg über Ghostscript. München darf sich auf den Umstieg freuen.

VeriSign gibt nicht auf

Die Sondersitzung naht, und VeriSign beruft sich auf Innovation und Investitionen.

Wildcard-Joker
Ein Editorial von VeriSign-Vizepräsident Mark McLaughlin lässt ahnen, wie deren Angriffslinie bei der heutigen Sondersitzung des ICANN-Sicherheitskomitees vermutlich verläuft: Innovation und Investitionen gegen eine angeblich kleine Schar von technoreligiösen Puristen. Die freedom to innovate war auch bei Microsoft Leitmotiv, um sich gegen die Vorwürfe des Machtmissbrauchs zu verteidigen. Die letzten Briefe von VeriSign an ICANN sind in deutlich drohendem Unterton. Allerdings ist da noch der erwähnte Washington-Faktor. Der renommierte Direktor des CSIS wird die Sitzung einleiten, das Department of Homeland Security hat seine Teilnahme angekündigt. Die Sitzung findet heute von 16.00 bis 21.30 Uhr MESZ statt und wird per RealMedia übertragen (dazu ein Linux-Tipp).

Update: Dank Thomas Roessler gibt es ausführliche Notizen von der Sondersitzung!

Idee der Woche

Ein Konsortium sollte sich dummen Kommentaren im Internet widmen.

Sie trampeln auf Anke Gröners Seiten herum, die Elfe findet sie in den Heise-Foren vor, sie nerven bei Slashdot ebenso wie bei ICANNwatch. Die Schilder mit dem Fütterverbot werden im Zoo leider auch ignoriert, es ist also höchste Zeit für eine Lösung nach dem Verursacherprinzip: Eine On-Board-Unit auf dem Rechner, die die Abrechnung dummer Kommentare übernimmt. Alternativ eine Voranmeldung irritierender Forenbeiträge auf der Website des Konsortiums, das die Sache in die Hand nimmt. Einen Namensvorschlag für den künftigen Exportschlager gibt es kostenlos dazu:
Troll Collect

Die VeriSign-Sondersitzung naht

Die meisten Sprecher lassen VeriSign-Kritik erwarten.

ICANNs Sicherheitskomitee hat die Tagesordnung für seine Sondersitzung zu VeriSigns Wildcards veröffentlicht. Bei diesen Sprechern wird VeriSign mit Pauken und Trompeten untergehen: Unter anderem auf Paul Vixie geht der BIND-Patch zurück. Richard M. Smith hat Datenschutzprobleme mit Sitefinder aufgedeckt. Steve Bellovin gehört zur IAB-verwandten IESG und hat Sitefinder als „man- (or monkey-)in-the-middle“-Angriff bezeichnet. John Klensin ist IETF-Liaison gegenüber dem ICANN-Direktorium und hat, wie David Schairer, zum kritischen IAB-Bericht beigetragen. Steve Crocker ist Vorsitzender des ICANN-Sicherheitskomitees, das sich ebenfalls kritisch geäußert hat. Übrig bleibt Scott Hollenbeck, Director of Technology, VeriSign Inc.

Update: ICANNwatch beglückt uns mit einem VeriSign-Song.