Mahjong
Chinesische Gegenwartskunst in Hamburg.
Vorurteil eins: Chinesische Kunst ist das, was in China-Restaurants an der Wand hängt. Vorurteil zwei: Chinesische Gegenwartskunst sieht so aus wie Andy Warhols Mao-Porträts.
Ich war jetzt das dritte Mal in der Ausstellung mahjong, die noch bis zum 18. Februar in der Hamburger Kunsthalle (Galerie der Gegenwart) gezeigt wird. Ein dringender Rat — Besucher sollten Zeit mitbringen, weil es sich außerordentlich lohnt. Wer sich mit Audioguides versteht, bekommt übrigens einen kostenlosen an der Garderobe.
Mit den Originalgemälden für Propagandaposter startet die Ausstellung zwar chronologisch am Anfang, weiter geht es aber mit der Gruppierung nach Themen: etwa die Auseinandersetzung mit der Ein-Kind-Familie, mit dem Verhältnis von Individuum und Masse, der Konsumwelt oder der Verstädterung.
Die Bandbreite der von Uli Sigg gesammelten Werke ist enorm: von großflächigen, unscharfen, beunruhigenden Gemälden, die zugleich an Überwachungskameras und an Werke Gerhard Richters erinnern, bis zur in 2.200 kleinen Tonfiguren nachgestellten Militärparade auf dem Platz des Himmlischen Friedens, bei der am Anfang chinesische Soldaten aus dem Jahre 1949 marschieren und am Ende Außerirdische. Eine Sammlung chinesischer Avantgarde, die ihresgleichen sucht.
Mehr zum Thema:
- Hamburger Kunsthalle
- Deutschlandradio Kultur: Interview mit der Kunsthistorikerin Ulrike Münter
- Kunstmarkt: China im Spiegel der Kunst
7 Kommentare
Mist, jetzt ärgere ich mich doppelt, dass ich das am Freitag nicht mehr gemacht hab. Aber bis Februar schaffe ichs wohl auf jeden Fall noch mal… Nochmal danke für den Tipp!
Und wer noch mehr chinesische Kunst sehen möchte sollte nach Berlin kommen und sich im Ableger des Guggenheimmuseums die Ausstellung von Cai Guo-Qiang anschauen, bei der Wölfe durch den Ausstellungsraum laufen.
@Kirsten: Ich komme auch gern noch ein viertes Mal mit. 🙂
@Simon: Merci! Dafür gleich den Link zum entsprechenden Interview in der Kunstgazette der Bank.
Das is doch mal nen Wort. Ich melde mich! 🙂
oh, wenn ich nicht gerade irgendwo in der weltgeschichte rumturne, würd ich mich auch anschließen… nebenbei, ich wäre auch für die shanghai-foto-ausstellung im museum für kunst und gewerbe zu haben.
Vor kurzem lief ein Bericht zu chinesischer Kunst, ich glaube es war auf 3.Sat im Magazin „Kulturzeit“. Hier hieß es, chinesische Künstler würden zwar zunehmend Werke produzieren, im Gro handelt es sich aber um stylistische Kopien westlicher Vorbilder. Mich würde mal interessieren, ob sich dieses Vorurteil in der Hamburger Kunsthalle wiederfindet oder ob man das nicht so pauschal sagen kann, wie in besagtem Magazin?
@Impi: In dem oben verlinkten Interview spricht Ulrike Münter von einer chinesischen Auseinandersetzung mit westlicher Kunst, nicht Nachahmung — das trifft es für die Mahjong-Ausstellung ziemlich gut. Ja, es sind Spuren etwa von Duchamp, Dadaisten, Warhol zu sehen. Aber das gilt natürlich auch für westliche Künstler. Zumindest bei Mahjong hatte ich überhaupt nicht den Eindruck, dass man von stilistischen Kopien sprechen könnte.