jonet-Tag: Medienjournalismus

Der zweite Workshop.

Liveblogging vom jonet-Tag 2005 in Hamburg
Technorati: – Flickr: jonettag

14:33 Uhr: Workshop Medienjournalismus. Mit Björn Brückerhoff, Annette Milz, Stephan Weichert, Christoph Schultheis und Oliver Gehrs, moderiert von Diemut Roether und Alexander von Streit.


Annette Milz: (Frage nach Medienberichterstattung über Berliner Verlag) Fragwürdige Geschichte — eine Art von Solidaritätswelle, die zu wenig nachgefragt hat, was dort passiert ist. Durchaus selbstkritisch: Fakten zu wenig hinterfragt.

Oliver Gehrs: Auch Selbstmitleid. Da hat man irgendwann das Maß verloren und nur noch in eigener Sache gemacht. Dann noch das Plädoyer für Neven du Mont. In der Berliner Zeitung kein Raum mehr für andere Themen (beispielsweise Spiegel-Eruptionen). Björn Brückerhoff: (Thema für Die Gegenwart?) Sicherlich. Solche Themen erklären Zusammenhänge der Medienbranche. Stephan Weichert: Erwähnenswert — Montgomery verspricht sich herauszuhalten. Debatte wurde in Deutschland leicht dramatisiert.

Christoph Schultheis: Beobachtung innerhalb etablierter Medien notwendig (Beispiel Rechtschreibreform in FAZ, Spiegel, Bild). Beschäftigung mit Bild bei Bildblog nicht, weil es nirgends kritische Berichterstattung gibt. Medium neben den etablierten. Inzwischen ein half-time job — damit haben wir nicht gerechnet. Unterdrücktes Aggressionspotenzial gegen die Bild-Zeitung (Einträge im Gästebuch Hauke Brosts nach Bildblog-Beitrag). Oliver Gehrs: (Diskussion über Spiegel-Watchblogging) Spiegel ist ein Medium, das so viele Fehler macht. Stephan Weichert: Bildblog absolut notwendig.

Christoph Schultheis: Kommentarfunktion vorrangig deswegen abgeschafft, weil es eine Zeitfrage ist. Wer sich mit Springer anlegt, darf da nichts stehen haben, was uns angreifbar macht. Kommentarfunktion ging bei uns zudem immer in eine Richtung — erst Beschäftigung mit Bildblog-Eintrag, dann Diskussion über Artikelthema.

Stephan Weichert: Bildblog ist Gegenöffentlichkeit von Profis. Vertrauensfrage. (Sollen Blogs von Blogblogs kontrolliert werden?) Können Medien das nicht selbst leisten? Blick auf Corrections-Spalte der New York Times. Deutscher Journalismus hat Nachholbedarf. Annette Milz: Neue Methode von Bildblog — lache den Gegner tot, statt: schlage den Gegner tot. Kreativer Angang.

Oliver Gehrs: Im Medienjournalismus hat man immer mit Leuten zu tun, die bei Berichterstattung über sich sensibel sind, obwohl sie ständig über andere berichten. Gerade Chefredakteure, die von einer Eitelkeit überflutet sind. Pressesprecher von Gruner + Jahr sagt, er rede nicht mehr mit mir. Armutszeugnis.

Annette Milz: Immer wieder Pressesprecher von Medienunternehmen, die ihre eigenen Zitate gegenlesen wollen. Oliver Gehrs: Vor einiger Zeit Polemiken gegen Pressesprecher von Politikern, die alles autorisieren müssen. Chefredakteure sind viel schlimmer.

Oliver Gehrs: (Frage Stephan Weicherts nach Spiegel-Vergangenheit) Wer Medienjournalismus macht und nicht Fernsehkritiken, hinterlässt zwangsläufig verbrannte Erde. Entweder richtig oder in den Reiseteil wechseln. Spiegel-Blog wäre wichtig. Schreiben, wo der Spiegel trickst, Stücke herausschmeißt. Bei der Zeit jetzt ganz viele Artikel über Springer, Regionalpresse — bei Tagesspiegel ebenfalls unter Giovanni di Lorenzo gar keine kritische Medienberichterstattung. Glaube nicht, an große Absprache-Aktionen.

Burkhard Schröder (im Publikum): Deutsche Leitkultur. Schon nach zehn Minuten Diskussion über Blogs kommt das Wort Kontrolle. Bei Telepolis sind halt 80 Prozent der Kommentare Schrott. Angst vor Links, vor unkontrollierten Kommentar. Unfähigkeit von Spiegel Online, eigene Quellen zu verlinken. Annette Milz: Kontrolle ist originäre journalistische Aufgabe.

Björn Brückerhoff: Die Gegenwart hat breite Zielgruppe. Nutzerschaft hauptsächlich aus der Medienbranche. Stephan Weichert: Eigenes Magazin Cover sollte Erklärfunktion haben. Darf es ruhig noch mehr geben. Oliver Gehrs: Klingt sehr gut, aber es gibt ein Vermittlungsfunktion. Es gibt nicht so viele Leute, die das — wie funktioniert die Bild-Zeitung, das Fernsehen? — unterhaltsam schreiben können. Totale Vermainstreamung. Alle haben dasselbe. Liest man englische Zeitungen, sieht man eigene, selber recherchierte Geschichten auf der Titelseite. Medienjournalismus ist da keine Ausnahme.

Oliver Gehrs: Der ganz wichtige Medienjournalismus muss in den großen Publikationen stattfinden. Das geht nur über das Polemische, Unterhaltsame. Da passiert viel zu wenig. Konzentrationswelle in der Regionalpresse ist kein Thema.

Stephan Weichert: Wichtiges Thema Qualitätssicherung in Redaktionen — wie verhindern, dass uns Blätter wie SZ und FAZ wegsterben? Annette Milz: Solange Wissenschaftler es nicht einmal hinbekommen, sich auf einen Nenner in der Ethikdiskussion zu einigen, sehe ich schwarz. Wissenschaftliche Expertise wird gebraucht, aber muss mit Praxis und Realität der Journalisten zu tun haben. Darüber reden, in welcher Form, mit welchen Inhalten Medienjournalismus ein breites Publikum erreicht.

Maja Malik (im Publikum): Müssen wir nicht damit leben, dass manche Medienthemen den Menschen doch nicht so wichtig sind?

Stephan Weichert: Kommunikationswissenschaft muss selbst vermitteln. Aber manchmal ist der Journalismus zu nah an der Praxis dran. Nicht immer die gleichen Leute dürfen den Ton angeben.

Annette Milz: Viele Studien zu Medien und Kindern. Wo finden diese Themen in den Medien statt? Nicht in Familie & Co.

(Publikum:) Wer sind Rezipienten? Diskussion lässt unklar, was Medienjournalismus soll.

(Publikum:) Anfangen mit Gegenprojekten. Beispiel Sportjournalismus — vor 15 Jahren Scheiße. Wenn es in einem großen Blatt steht, heißt das nicht, dass das weniger Leute lesen. Wenn gut gemacht und mit Biss, kommt da keiner dran vorbei.

(Publikum): Bei Fleischskandal gibt es Geld zurück. Für Medien kein Gewährleistungsrecht — das wäre anders, wenn die Bild-Zeitung den Lesern Geld zurückzahlen müsste.

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