Die Wahl bei CNN

Am Fernseher in Lissabon.

Mangels Alternativen in einem Lissabonner Hotelzimmer habe ich heute erstmals einen deutschen Wahlabend im ausländischen Fernsehen verfolgt. Erster Eindruck: CNNs Germany Votes sieht aus wie ein schwer verunglückter Mix aus Bauhaus und 70er-Jahre-Design. Und ein paar Feinheiten gehen beim Übersetzen ebenfalls verloren. (Edmund Stoiber hat die Ostdeutschen „mad as calves that voted for the butcher“ genannt? Naja.)

CNN zeigt Angela Merkel

Als „German political analyst“ schlägt sich Zeit-Herausgeber Josef Joffe aber einigermassen wacker. Schöne, klare Antwort auf die Frage kurz nach 18 Uhr, was denn passiert sei: „I don’t know.“ Das Wahlsystem mit Erst- und Zweitstimmen bekamen die CNN-Zuschauer allerdings nicht erklärt, so dass Jörg Schönbohms Interpretation des FDP-Erfolgs den meisten vermutlich etwas rätselhaft erschien. Immerhin musste man sich weder für Schönbohms noch für Heidemarie Wieczorek-Zeuls Statements auf Englisch schämen.

(Kurzer Blick hinüber zu RTL, dem einzigen deutschen Sender hier: Heiner Bremer, Frauke Ludowig, Udo-Jürgens-Reklame, singende Rama-Pilze. Schnell zurück zu CNN.)

Irgendwann haben die Einblendungstexter allerdings die Nerven verloren: „Grand coalition most likely result“. Wir werden sehen — noch ist der Wahlabend offen.

4 Kommentare

  • Die Elefantenrunde war höchst unterhaltsam. Ein sehr gut gelaunter Schröder gab bekannt, daß er natürlich Kanzler bleiben will, zur Not mit einer CDU ohne Frau Merkel als Partner. Westerwelle stelle nochmals klar, nicht mit der SPD zu wollen. Und niemand mag mit den ganz Linken. Wie das dann zu einer Mehrheit für Irgendwen führen soll, ist nicht ganz klar…

  • Hätte ich ein Bildbearbeitungsprogramm in Reichweite, würde ich jetzt gern ein Häkeldeckchen mit der Weisheit der Woche basteln: „Nichts wird so heiss gegessen, wie es gekocht wird.“ 🙂

  • Die 2002er Wahl habe ich auch fern der Heimat auf CNN verfolgt. War ganz amüsant: „Schosef Schoffis“ (Josef Joffes) Analysen und ansonsten wurde immer zwischen Bütikhofer und Schöhnbohm hin und her geschaltet – anscheinend die einzigen Politiker mit ausreichenden Englisch Kenntnissen, derer CNN habhaft werden konnte.

    Diesmal bin ich aber froh, den Abend auf ARD/ZDF/Phoenix zu verfolgen, denn so ist mir die Elefantenrunde nicht endgegangen. Immer noch seltsam irreal: Schröder wie auf Drogen, pöbelt die Journalisten Brender und von der Tann an. Merkel ganz aufgelöst. Stoiber zerknirscht. Fischer sagt, er hoffe, diese Runde bald vorbei ist – und flirtet vorsichtig mit der Schwampel. Westerwelle erst souverän, dann zunehmend ausfallend. Fernsehgeschichte!

  • … und vorher gab es Clement als Interview-Partner im Öffentlich-Rechtlichen, bei dem man sich dann fragte, ob er wohl bekifft oder besoffen war …

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