Sack Reis umgefallen

China spaltet das Internet – doch nicht.

Im Netzwelt-Ticker schreibt Matthias Kremp bei Spiegel Online, dass die britische Zeitschrift PC Pro darüber berichtet, dass die chinesische People’s Daily Online vermeldet, dass China ein eigenes Domainnamensystem einführt. „Spaltet China das Internet?“, fragt Spiegel Online besorgt und bezeichnet dabei die Netzverwaltung ICANN fälschlich als Unternehmen.

Der chinesische Schritt stelle nun „vor allem die Betreiber von Name-Servern, die quasi den Verkehr im Internet leiten“ vor Probleme, weil diese nun „chinesische .com-Domains von solchen im Rest der Welt“ unterscheiden müssten, zitiert Spiegel Online aus der PC Pro.

Zeit für ein kleines Quiz für die sprachkundigen Wortfeld-Leser. Welche dieser beiden .com-Domains ist wohl die chinesische:

example.com 中国互联网络信息中心.公司

Erkannt? War doch gar nicht so schwer! (Tipp: Auch die Domainendung ist in chinesischen Schriftzeichen.)

Mit Spaltung des Internets hat der chinesische Schritt nichts zu tun, und es ist wohl auch kaum eine Reaktion auf das Dauer-Hickhack beim Weltgipfel zur Informationsgesellschaft. Schließlich hat die chinesische Länderdomainverwaltung CNNIC das nicht nur bereits im November 2004 angekündigt, sondern im März 2005 mit der Registrierung solcher Domains begonnen.

Wer sich dennoch für diese Nicht-Neuigkeit interessiert, kann — eher etwas für Spezialisten — bei Milton Mueller weiterlesen.

Auf die Finger

Über die kleine Medienkritik in Weblogs.

  1. Medienrauschen: Wird man es bei Spiegel Online jemals lernen?
    (Kurzfassung: In einem Spiegel-Online-Artikel sind Wikipedia-Auszüge ohne Quellenhinweise übernommen.)
  2. Mathias Schindler: Spiegel Online: Souveräne Reaktion
    (Kurzfassung: Spiegel Online hat sich entschuldigt.)
  3. Peter Turi: Spießer2.0
    (Kurzfassung: Kritik an kleinkarierten Blog-Attacken gegen die etablierten Medien.)
  4. Fabian Mohr: Warum Haue pädagogisch wertvoll ist
    (Kurzfassung: Inhalte kopieren ist nicht nur provinziell, sondern dumm.)

Spiegelfehden

Die Daily Soap aus der Brandstwiete.

Spiegel-Fragezeichen Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust soll sich auf einer Spiegel-Gesellschafterversammlung zur politischen Linie des Spiegels äußern. Das lehnt er ab und verweist auf die journalistische Unabhängigkeit der Spiegel-Redaktion gegenüber den Spiegel-Gesellschaftern.

Der Vertreter der KG Beteiligungsgesellschaft für Spiegel-Mitarbeiter (50,5 Prozent Anteil) sagt zunächst, es ginge lediglich um mögliche Qualitätsmängel in der Spiegel-Berichterstattung. Später erklärt die Mitarbeiter KG, die Spiegel-Redaktion müsse von Weisungen der Spiegel-Eigner und Geschäftsführung unabhängig sein.

Spiegel-Mitgesellschafterin Franziska Augstein (zusammen mit Jakob Augstein 24 Prozent) kritisiert Spiegel und Spiegel-Chefredakteur Aust scharf.

Spiegel-Ressortleiter verteidigen in Spiegel Online den Spiegel, kritisieren Spiegel-Erbin Augstein und bitten Spiegel-Mitgesellschafter Gruner + Jahr, sich ebenfalls zu äußern.

Spiegel-Mitgesellschafter Gruner + Jahr (25,5 Prozent) kritisiert die Stellungnahme der Spiegel-Erbin Augstein und spricht Spiegel-Chefredakteur Aust das Vertrauen aus.

Titelbilder für die Wand

Nicht alle Spiegel-Cover sind als Poster verfügbar.

Nicht verfügbare Spiegel-Titelbilder

Der Spiegel bietet nun auch Titelbild-Poster an, wahlweise in Originalgröße oder im Format 42 x 32 cm. Fast zwölf Jahre zurück geht die Auswahl in der Titelbild-Galerie. So könnte sich Rudolf Scharping das Cover von Ausgabe 40/1994 bestellen, das ihn zusammen mit Helmut Kohl und der Schlagzeile „Doch Machtwechsel?“ zeigt. Aus rechtlichen Gründen nicht zu haben ist dagegen das Titelbild von Heft 35/2001 („Rudolf der Eroberer“), das ihn und seine Gräfin in einem wassergefüllten Bundeswehrhelm zeigt. Eine weitere Lücke in der Galerie klafft bei der umstrittenen Ausgabe 16/1997. Juliane Welzel erklärt den Hintergrund: Der Spiegel hatte das Foto einer Türkin, die gegen rechtsextreme Brandanschläge demonstrierte, für das Titelthema „Ausländer und Deutsche: Gefährlich fremd“ verwendet. Die Frau wehrte sich vor Gericht erfolgreich dagegen, als aggressive Ausländerin dargestellt zu werden.

Nachgerechnet

Die FAS zum Kirchhof-Modell.

Vergangene Woche zeigte der Spiegel, wie man es nicht macht: „Die Berechnungen wurden von Kirchhofs Institut für Finanz- und Steuerrecht vorgelegt. (…) Der SPIEGEL-Redaktion ist der Übermittlungsfehler des Kirchhof-Instituts bei der Endkontrolle leider nicht aufgefallen.“

Diesen Sonntag zeigt die FAS, wie man es besser macht. Die Zeitung beauftragte Datev und DIW damit, das Kirchhof-Modell zu überprüfen. Ergebnis: „Die Reichen profitieren am meisten“, so die FAS. „Die Zeche zahlt, wer durchschnittlich verdient und viel absetzt – und der Staat“.