Die gesamte Website metrozeitung.de enthält nur fünf Buchstaben, in Schwarz auf Weiß: mEtRo. Doch die Seite lauert, mindestens seit Ende 2004, auf den Start der Zeitungskette Metro International auf dem deutschen Markt. Detlef Gürtler schrieb vor kurzem in Cicero, Metro könne „die Meinungs- und Machtarchitektur des deutschen Printjournalismus“ ins Wanken bringen. Das MediumMagazin meldete zuvor, Metro habe ein Kooperationsabkommen mit Springer geschlossen. Jetzt berichtet der Spiegel, dass Metro-Konkurrent Schibsted angeblich zahlreiche Gespräche in Deutschland führt, unter anderem mit RTL, Holtzbrinck und WAZ. Grund genug für einen kurzen Blick auf die beiden Hauptakteure Metro und Schibsted:
Metro wird mittlerweile in 78 Städten in 17 Ländern verteilt — in 56 verschiedenen Ausgaben. Hinter Metro steht die schwedische Investmentgruppe Kinnevik, deren Beteiligungen von der Papierindustrie über Landwirtschaft und Banken bis zur Telekommunikationsbranche reichen. Im Mediensektor ist vor allem die Modern Times Group (MTG) interessant, die mit Viasat sowohl im Pay-TV als auch im kommerziellen Free-TV in Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn und Russland aktiv ist.
Ursprünglich gehörte auch Metro zur MTG, inzwischen ist das Gratiszeitungs-Imperium ein eigener Teil der „Kinneviksphäre“. In mehreren Städten hat sich Metro Exklusivrechte zum Verteilen ihrer Zeitung in den U-Bahn-Stationen am Morgen gesichert. Das Ergebnis ist erstaunlich: Metro International reklamiert für sich, unter anderem die größte dänische Zeitung, das größte ungarische Blatt und die drittgrößte Zeitung der Niederlande (dafür mit den meisten Lesern) herauszugeben. In Finnland ist Metro nach eigenen Angaben auf Platz zwei, in Schweden die meistgelesene Morgenzeitung. In Frankreich ist die zum Mischkonzern Bouygues gehörende TV-Gruppe TF1 mit 34 Prozent an der französischen Metro-Ausgabe beteiligt. Weiße Flecken auf der europäischen Landkarte sind unter anderem die deutschsprachigen Länder und Großbritannien, wo es bereits ein anderes Gratisblatt namens Metro gibt.
Schibsted, ein norwegischer Medienkonzern, hat 1999 mit dem Gratiszeitungs-Konzept 20 Minutes begonnen — zunächst in Zürich. Mittlerweile ist die Zeitung in vier Schweizer Städten vertreten. Dort hat Schibsted Zeitung und Website 20min.ch an den Schweizer Konzern Tamedia verkauft, der unter anderem den Tagesanzeiger herausgibt. In Spanien ist Schibsted Mehrheitseigner von Multiprensa y Más, der in neun Städten 20 Minutos herausgibt. In Frankreich steht die achte Ausgabe von 20 Minutes vor dem Start: Schibsted ist an der französischen Version mit 50 Prozent beteiligt, je 25 Prozent gehören Spir und Sofiouest, beide Teil der Ouest-France-Gruppe.
1999 hatte sich Schibsted mit 1,8 Millionen Euro auf den deutschen Markt gewagt und in Köln einen heftigen Kampf mit Springer und DuMont ausgelöst. Die Verlagshäuser reagierten auf 20 Minuten Köln mit Köln extra (Springer) und Kölner Morgen (DuMont), bis der unliebsame Neuling vertrieben war. Zuvor hatte DuMont sogar versucht, kostenlos abgegebene Tageszeitungen verbieten zu lassen — und war damit beim BGH gescheitert.
Weitere Informationen zu den Gratiszeitungen hat der Amsterdamer Kommunikationsforscher Piet Bakker auf seiner Website Free Daily Newspapers.