Ohrschleicher

Getarnte Radio-PR für Ministerien.

Nach der PR-Affäre bei der Dialogtour des Bundeswirtschaftsministeriums kommt auch schon die nächste: Report Mainz berichtet, dass im Auftrag des Bundesfamilienministeriums „vorproduzierte redaktionelle Hörfunkbeiträge über die neuen Familienleistungen mit O-Tönen der Bundesministerin“ (Zitat von der Referenzenseite der betreffenden PR-Agentur A&B One!) im Radio gelandet sind. Angeblich sind diese Beiträge mehr als 300 Mal ausgestrahlt worden.

In dem entsprechenden Angebot, radioboerse.de von Schlenker PR, ist mir ein weiteres Themenpaket für Redaktionen aufgefallen: Lauter begeisterte Stimmen zur Gesundheitsreform 2007, dazwischen O-Töne von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Die Beiträge im Einzelnen — mit Auszügen daraus, was in dem Audio angebliche Passanten zu den Themen sagen:

Unter dem Punkt „weitere Infos“ ist dabei jeweils die-gesundheitsreform.de angegeben — ein Angebot des Bundesgesundheitsministeriums, bei dem wieder eine A&B-Firma für Konzeption, Design und Realisierung zuständig ist. Die spannende Frage, wie bei den Audios für das Bundesfamilienministerium: Wer hats gesendet?

Die klare Ansage von radioboerse.de: „Alle Angebote können Sie kostenlos einsetzen. Über eine Bestätigung der Ausstrahlung freuen wir uns!“ Bei anderen Angeboten sind unter „weitere Infos“ zum Beispiel Opel, Nestlé, die CMA, Pharmaverbände, Warsteiner oder Jacobs/Kraft angegeben.

Quid pro quo

Die Dialogtour des Wirtschaftsministeriums.

Ja, natürlich ist es eine spannende Frage, ob eine Agentur regionalen Zeitungen im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums für seine Dialogtour zum Thema Mittelstand „Gegenfinanzierungen“ durch Anzeigen angeboten hat, wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet (gefunden via ts.de). Ob sie dabei redaktionelle Berichterstattung ganz genau vorschreiben wollte und dafür Anzeigen versprach.

Ebenfalls eine spannende Frage: Wie war das denn mit dem Dialogtour-Termin im Juli in Potsdam? Dort hat der Chefredakteur der FAZ-Tochter Märkische Allgemeine die Veranstaltung moderiert, im Anschluss daran erschien dort ein Artikel mit der Überschrift „Auf seiner ‚Dialogtour‘ darf sich Staatssekretär Walther Otremba vor allem Lob für die Politik der Bundesregierung anhören“. Und gab es eventuell auch Kooperationen bei den anderen absolvierten und geplanten Terminen in Nürnberg, Siegen, Leipzig, Saarbrücken, Würzburg, Schwerin und Wuppertal?

Nachtrag: Flaskamp räumt Fehler ein – und das Ministerium stoppt die PR-Tour. Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet, dass das Angebot mindestens fünf anderen Zeitungen unterbreitet wurde, „zwei sind offenbar darauf eingegangen“. Die taz hat bei der Märkischen Allgemeinen nachgefragt: Flaskamp hat auch dort Anzeigen geschaltet, der MAZ-Geschäftsführer Peter Jürgen Asmussen hebt aber hervor, dass dies erst nach der Veranstaltung geschehen sei. Asmussen im O-Ton: „Anzeigen waren in keiner Weise Teil eines Gesamtdeals.“ (Das Argument ist kein ganz großer Befreiungsschlag: Es gab also erst freundliche Berichterstattung und erst danach Anzeigen? Na dann.)

Charmant und unaufdringlich

Aus einer Stellenanzeige.

Aus einer Stellenanzeige eines Münchner Dienstleisters, der nach eigenen Angaben das Redaktionsteam „eines der größten Internet-Portale Deutschlands“ stellt und EditorInnen für die Channel Auto, Money und Video-News und -beiträge sucht:

Klickträchtige sowie prägnante Überschriften sind Ihre Stärke, und Sie schrecken auch nicht davor zurück, hauseigene Produkte charmant und unaufdringlich an den User zu bringen.

Keine Schweigelücken

Krisenkommunikation bei BP.

Wenn es eine Industrie gibt, die sich mit Krisenkommunikation auskennen müsste, dann natürlich die Mineralölbranche. Die hastige Schließung des Ölfelds Prudhoe Bay zeigt ganz gut, wie so etwas heutzutage (nach außen hin) aussieht.

usresponse.bp.com ist die Sonder-Website von BP nur zu diesem Thema. Sie liegt nicht auf dem normalen BP-Server, sondern auf einem piersystem.com-Server — dahinter steckt AudienceCentral, ein Spezialist für Krisenkommunikation. Über die BP-Krisen-Site werden Meldungen, Hintergründe und Fotos verteilt und Anfragen entgegengenommen. Interessierte können sich in E-Mail-Verteiler aufnehmen lassen. Das AudienceCentral-System nennt sich PIER (Flash-Demo), und Firmengründer Gerald Baron schreibt in seinem Blog (natürlich), wie toll das alles dank PIER läuft.

PIER ist, da ist AudienceCentral ziemlich offen, unter anderem ein Versuch, Journalisten in Schach zu halten. Die Firmen sollen ständig neue Informationen liefern: „Especially when events are moving fast, the void caused by your silence will likely be filled by something you don’t like.“ Und die Kommunikationsexperten sollen stets die Kontrolle über die eingehenden Anfragen behalten: „You can quickly spot trends, or a reporter digging for a story by contacting multiple people.“ Dass der Journalist dabei etwas zusammenpuzzelt, soll eine „unified message“ verhindern.

Ein umfassendes Chrompaket

Ein VW Touareg für King Kong.

„Optisch unterstreichen Unterfahrschutz vorne und hinten sowie eine Schwellerverbreiterung und ein umfassendes Chrompaket seinen wilden Charakter.“
Die kleine PR-Agentur am Rande der Stadt Volkswagen über das Sondermodell VW Touareg Kong zum King-Kong-Film.