Leser als Mitglied

Guardian und Observer starten Extra.

Sechs Tage pro Woche den Guardian, sonntags den Observer, so ein Abonnement kostet in Großbritannien etwa 300 Pfund. Jetzt bieten die beiden Blätter etwas an, was sich für eine Zeitung ungewöhnlich anhört: Mitgliedschaft. Extra, das Mitgliedsprogramm von Guardian und Observer, hat wenig mit taz-Genossenschaft gemein. Auch wenn sich die taz mit Prämien bedankt (einem fair gehandelten Mango-Paket zum Beispiel), geht es mehr ums GenossIn-Sein als ums Genießen. Extra ist dagegen eine Mischung aus Coupon-Heft (Preisnachlass auf Luxusbettwäsche) und Backstage-Pass (exklusive Lesungen und Vorträge). Abonnenten bekommen ihre Mitgliedskarte automatisch, alle anderen zahlen 25 Pfund im Jahr für dieses Gefühl der Zeitung als Gemeinschaft.

Der KulturSpiegel als exklusive Beilage für Spiegel-Abonnenten (Nachtrag: seit 2008 nicht mehr exklusiv), das Zeit-Online-Premiumabo, Touren durch die SZ-Druckerei — da müsste hierzulande doch eigentlich mehr möglich sein? (Wenn es Menschen gibt, die 1.750 Dollar für ein Bon-Jovi-Konzert zahlen?)

Observiert

Relaunch-Effekte bei Guardian und Observer.

In der FAZ am Freitag stand am Ende einer Meldung über einen Chefwechsel bei der britischen Sonntagszeitung Observer Folgendes:

Der „Guardian“ hat seit der teuren Umstellung auf das Berliner Format an Auflage verloren. Der „Observer“ legte dagegen deutlich an Auflage zu.

Tatsächlich? Die Guardian-Auflage hat in den Monaten nach der Umstellung die 400.000er-Grenze überschritten, seither sind es zwischen 360.000 und 380.000 Exemplare (ABC-Zahlen). Im halben Jahr vor dem Relaunch lag die Auflage durchschnittlich bei 337.000 Exemplaren.

Der Observer hat erst im Januar auf das Berliner Format umgestellt und von dem Relaunch deutlich mehr profitiert: Die Auflage schnellte im Januar 2006 auf 542.000 Exemplare hoch. Mittlerweile sind es 430.000 bis 480.000. Wieder zum Vergleich: Im halben Jahr vor dem Relaunch waren es durchschnittlich 410.000 Exemplare.

Auflagen von Guardian und Observer von August 2005 bis September 2007

Anders gesagt: Direkt nach dem Relaunch haben beide Zeitungen deutlich zugelegt, dieses Plus ist mittlerweile wieder etwas abgeschmolzen, aber die Auflage ist höher als zuvor. Den Gegensatz, den die FAZ-Journalistin aufstellt, kann ich nicht ganz nachvollziehen.