ICANN vergibt Farben

Erste ICANN-Bewertungen zu den Bewerbern um neue TLDs.

Monika Ermert hat sich für Heise Online bei den Bewerbern um neue Top-Level-Domains umgehört. Nach der ersten Beurteilung stehen die Zeichen für die Anti-Spam-TLD .mail und Pulvers .tel angeblich auf Rot, während sich die Antragsteller für .asia, .cat, .post und .travel optimistisch zeigen.

Die vermeldeten guten Aussichten für die Katalonien-Domain .cat verwundern mich etwas: Obgleich laut den Antragstellern über 60.000 Privatpersonen und noch einmal fast 2.400 juristische Personen die Idee unterstützen, ähnelt die vorgeschlagene Domain doch einer Länderdomain für eine regional-kulturelle Gemeinschaft. Ich hab’s schon mal geschrieben: Spätestens bei .tibet und .kurdistan wird die politische Sprengkraft der Frage deutlich, was denn eine solche Gemeinschaft ausmacht und wer sie vertritt. ICANNs Vorgänger Jon Postel hat das bei den Länderdomains durch die Verwendung einer ISO-Liste umgangen.

Andererseits bekommt .asia offenbar sehr starke Unterstützung. Da Asien im viel größeren Maßstab auch einer solchen Gemeinschaft ähnelt, ist es nicht ganz leicht, .cat abzulehnen. (Abgesehen davon zieht bestimmt eine Reihe von Katzenbloggern unter die neue Domain.)

Leise mahlen ICANNs Mühlen

.tel ist aus dem Domain-Rennen.

Im März ging es hier um die zehn Domainvorschläge, die bei der Netzverwaltung ICANN eingegangen sind. Damals vermutete ich die beiden .tels, .xxx und womöglich auch .cat und .mail als Verlierer der Domainrunde (daneben gibt es noch .asia, .jobs, .mobi .post und .travel). Jeff Pulver, der eine der beiden .tel-Domains beantragt hatte, schreibt nun in seinem Blog, dass ICANN seinen Antrag mit ziemlicher Sicherheit ablehnen werde (via ICANNwatch).

Beim ICANN-Treffen im Juli in Kuala Lumpur hatte die Organisation angekündigt, dass die eigentliche Evaluation bis Ende Juli abgeschlossen sein solle. Nach der Evaluation folgen die Vertragsverhandlungen. Den endgültigen Beschluss trifft offiziell das ICANN-Direktorium, angepeilt ist dafür das Treffen im Dezember in Kapstadt.

VeriSign verklagt ICANN erneut

Der Streit geht vor kalifornischen Gerichten weiter.

Vor wenigen Tagen hat ein US-Bundesgericht VeriSigns Klage gegen die Netzverwaltung ICANN wegen Wettbewerbsbehinderung abgewiesen. Nun geht es vor einem kalifornischen Gericht weiter, vermeldet Bret Fausett. Die Klageschrift sollte in Kürze auf den ICANN-Webseiten erscheinen.

Nachtrag: Diesmal geht es im Kern nicht um Wettbewerb, sondern um den Vorwurf des Vertragsbruchs, schreiben eWeek und CBR (via Steven Forrest). Die Registry-Verträge sehen ein bestimmtes Procedere für die Genehmigung von registry services vor, also Diensten, die der Top-Level-Domain-Betreiber und -Verwalter anbietet. Der Streit geht darum, ob bestimmte VeriSign-Angebote solche Dienste sind oder nicht:

  • das Abfangen von Anfragen nach unregistrierten Domains (Sitefinder),
  • die Einrichtung einer Warteliste für registrierte Domains (WLS),
  • internationalisierte Domainnamen (IDN) und
  • ConsoliDate, ein System zur Vereinheitlichung der Daten, an denen eine Domainregistrierung ausläuft.

VeriSigns ICANN-Klage abgewiesen

Das Bundesgericht hat klar für die Netzverwaltung entschieden.

Ende Februar hat der .com- und .net-Domainverwalter VeriSign gegen die Netzverwaltung ICANN wegen angeblicher Wettbewerbsbehinderung geklagt (Details in einem früheren Posting). Vorgestern hat das Gericht diese Klage bindend abgewiesen, berichten unter anderem Heise, CircleID und News.com. Bret Fausett schreibt: „I can’t imagine an opinion that would have provided ICANN a more secure foundation on which to continue its work.“ Bret zitiert einen Kernsatz aus der Entscheidung: VeriSign könne nicht belegen, dass ICANNs Unterorganisationen, in denen auch VeriSigns Konkurrenten vertreten sind, das ICANN-Direktorium beherrschen. Damit brechen die weiteren Vorwürfe zusammen.

Im abgewiesenen Fall ging es vor einem Bezirksbundesgericht in Los Angeles um Verstöße gegen Bundeswettbewerbsrecht. Bundesrichter A. Howard Matz hat die Möglichkeit offen gelassen, einzelstaatliches Recht anzuwenden. VeriSign hat nun also die Wahl, vor das zuständige Bundesberufungsgericht zu ziehen oder es vor einem kalifornischen Gericht zu probieren.

WSIS und Internet Governance

Adam Peakes erhellendes Papier zum Thema.

Ein Text, der den Stand der Dinge beim WSIS-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft darstellt, mit Mythen über das Domainnamensystem aufräumt, auf eine Vielzahl weiterführender Dokumente verweist — und wichtige Probleme bei der Kostenaufteilung für Internetzugang und Interconnection aufzeigt: Adam Peake hat für APC ein 32-seitiges Papier über WSIS und Internet Governance geschrieben. Den Anhang widmet Adam ICANN und der Zivilgesellschaft. Für alle an Netzpolitik Interessierten ist das eine Schatztruhe.