Gib mir ein B!

Eine kleine Erinnerung an Blogger.com.

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Vor zehneinhalb Jahren habe ich Blogger.com gerettet. Oder zumindest habe ich es probiert.

Etwas über 40 Mark habe ich damals in zwei 10-Dollar-Scheine getauscht und in einen Umschlag gesteckt, dazu ein Blatt schwarzes Papier, damit die Scheine nicht zu sehen sind. Brief und Geld landeten bei Pyra Labs in San Francisco, der Firma hinter Blogger.com, die von den gesammelten Spenden neue Server kaufen wollte. Aber es war auch klar, dass es um mehr als Server geht: Blogger war damals ein kostenloser Dienst, Pyra Labs eine kleine Firma mit fünf Leuten, Geschäftsmodelle („Blogger Pro“) lediglich in Planung.

Ende Januar 2001, knapp einen Monat nach dem Spendenaufruf, schrieb Blogger-Mitgründer Evan Williams auf, dass die Wahrheit noch düsterer aussieht: We are out of money, and I have lost my team. Blogger.com war plötzlich nur noch eine Person, und die anderen, die nicht mehr Blogger.com waren, bloggten darüber.

Ich war begeisterter Blogger-Nutzer seit Juli 2000. Eine Webseite ins Netz zu stellen, das war damals schon kein übermäßiges Problem. Aber eine Website aktuell zu halten, das war kein Vergnügen: Erst die neue Seite basteln, händisch per HTML oder in einem hässlichen Programm. Dann die alten Seiten ändern, die Links auf die neue Seite enthalten sollen. Dann Grafiken und Seiten per FTP-Programm auf einen Server laden. Dann testen und entdecken, dass irgendwo noch eine spitze Klammer fehlt. Und dann kamen Blogger & Co. und machten das Aktualisieren so wunderbar leicht! Ins Netz zu schreiben war nicht mehr nur theoretisch möglich, sondern kostete nicht mehr als einen Klick auf „Post & Publish“.

Blogger und Pyra Labs hatten also einfach etwas Besseres verdient als den Untergang, das fand zum Glück nicht nur ich. Evan Williams bekam einen neuen Server und Blogger kam über die Runden, bis schließlich 2003 Google den Laden übernahm. „Blogger war nie perfekt, aber Blogger war ganz weit vorne“, schreibt Nico Lumma. Stimmt — die Blogger-Nutzerschaft ist nach und nach abgewandert, je nach Gemütslage und Technikliebe zu Radio UserLand und Movable Type und Typepad, Antville und twoday.net, Textpattern und WordPress, Tumblr und Posterous. Aber nie wieder zurück zu den Zeiten, wo Text ins Netz schreiben bedeutete, Dateien irgendwohin hochzuladen.

Google hat laut Mashable jetzt vor, die Marke Blogger.com einzumotten. Dann heißt es eben künftig „Google Blogs“, macht nichts, die Gründer und die meisten Nutzer von damals sind ohnehin längst auf und davon.

Als Dank für die Spende habe ich übrigens Wochen später einen Brief aus San Francisco bekommen. Den Aufkleber mit dem Blogger-B habe ich bis heute aufbewahrt, soeben eingescannt und in mein Blogsystem hochgeladen. Push-button publishing for the people — the revolution will be bloggerized!

Aufkleber mit dem Blogger.com-Logo

Keine Kommentare

  • Vielen Dank für diesen Ausflug in die Nostalgie. Ich habe ein ähnlich inniges Verhältnis zu blogger.com und war von der anfänglichen Einfachheit begeistert, habe es als erstes CMS eingesetzt. Diese Beziehung ist aber bereits im März 2010 zerbrochen, als die Möglichkeit des Publizierens auf den eigenen ftp Server abgeschaltet wurde.
    http://buzz.blogger.com/2010/01/important-note-to-ftp-users.html

    Seit dem sind Blogger Blogs nur noch ein Stück einer Google Datenbank und das gute Gefühl ist dahin. Mal abgesehen davon, dass es wenige Alternativen für gehostete Blogger Platformen gibt, mit denen man auf den eigenen Server publizieren kann.

    In diesem Sinne noch ein paar Bilder links aus der Zeit, hier als die neuen Blogger Server kamen
    http://www.flickr.com/photos/pb/216608183/

    und der Brief, mit dem der o.g. Sticker verschickt wurde
    http://www.flickr.com/photos/jmcnally/4459479425/

    Das Blogger „B“, das gleichzeitig die Form der US-amerikanischen Steckdose aufnimmt, ist eine starke Marke aus der Anfangszeit des persönlichen Publizierens. Mit der Akquisition durch Google hat Blogger den prototypischen Lebenszyklus einer solchen Übernahme durchlaufen, von den positiven Aspekten wie zuverlässige Skalierung oder dem Redesign durch Adaptive Path und Stopdesign zum langsamen Austrocknen der Kreativität der Gründer bis hin zur Auflösung der Marke.

    Schade auch, dass Movable Type letztendlich keinen erfolgreicheren Weg gegangen ist und der Platzhirsch WordPress in den 2010er Jahren keine Konkurrenz und damit auch keine Fortentwicklung erfahren wird, weil die Konkurrenz die immer kürzere Meinungsäußerung ist, sei es Twitter vs Blogger, Instagram vs Flickr und schließlich das Drücken von +1 Knöpfen.