Haftung ohne Kenntnis?

Landgericht Hamburg urteilt gegen Heise.

Die folgende Meldung ist Pflichtlektüre für alle, die nicht ausschließlich und allein eigene Inhalte ins Netz stellen und nicht sämtliche Inhalte anderer vorher prüfen. Ja, gemeint sind Webforen, aber ebenso auch Weblogs oder Wikis wie etwa die Wikipedia:

Urteil: Heise haftet auch ohne Kenntnis für Forenbeiträge

Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus, und Heise Online will Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Panik ist also unangebracht, denn nach §11 TDG sind Anbieter „für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern 1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder 2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.“ (via Udo Vetter)

Der CvD von Heise Online, Michael Wilde, kündigt aber schon Änderungen an, unter anderem ein „etwas ausgeklügelteres System für Rückmeldungen zu den Forenbeiträgen“.

Nachtrag: Fabian Mohr findet, eine solche Kontrolle könne man von einem Online-Publisher verlangen. Viele Blogs sind mittlerweile dazu übergegangen, Kommentare nur noch nachträglich freizuschalten — oder verzichten ganz darauf, etwa das Bildblog. Dafür habe ich Verständnis, möchte das aber gern selbst entscheiden und nicht für Kommentare anderer haften, bevor ich sie überhaupt kenne. Dass dieser Rechtsstreit die Foren von Heise Online trifft, die für viele IVW-Klicks sorgen, stimmt. Aber „Studenten holen“ können sich nur einigermaßen große Angebote. Wenn das Urteil so durchkommt, ist es zudem leicht, missliebigen Foren-, Blog- oder Wiki-Betreibern auf diese Weise Fallen zu stellen.

5 Kommentare

  • Ja, völlig d’accord – ich hatte auch große Anbieter im Blick, besonders diejenigen, die ihre Foren mit Werbung monetarisieren.

    Das Problem scheint mir grundsätzlich zu sein, dass es bei journalistischen und/oder kommerziellen Angeboten nicht mehr funktioniert, eine Unterscheidung zwischen Texten und Kommentaren/Foren zu machen – also Texte einer „redaktionellen Kontrolle“ zu unterwerfen und Communities dagegen einfach „machen zu lassen“.

    Kommentare oder Foren-Einträge sind genauso relevant für Betroffene wie ein Artikel.

    Dass vor allem bei kommerziellen Anbietern ein Mengen-Problem auftritt, wenn Community-Inhalte gegengelesen werden, ist in meinen Augen drittrangig. That’s life.

    Und dann wird die ganze Diskussion noch zusätzlich verkomplifiziert, weil Abmahnanwälte mit den Hufen scharren. Extrem ärgerlich – hat aber nichts mit dem eigentlichen Problem zu tun.

  • Das Problem ist nicht nur der Aufwand, sondern auch die Aufgabe des Foreneigentümers als vermeintliche Rechtsexperten. Jemand bezeichnet jemand anderen als „Abzocker“? – besser schnell löschen. Jemand benutzt einen Markennamen? Am besten ausxxxen.

  • Was das Urteil des Hamburger Hamburger Landesgerichts angeht, glaube ich Entwarnung (hier) geben zu können.

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