Bush-Dokumente: Rückzieher von CBS

Der Sender bezeichnet die Geschichte als Fehler.

Der Vollständigkeit halber:
CBS: Bush Memo Story A ‚Mistake‘
Dan Rather Statement On Memos
CBS Statement On Bush Memos

Based on what we now know, CBS News cannot prove that the documents are authentic, which is the only acceptable journalistic standard to justify using them in the report. We should not have used them.

Zur Vorgeschichte:
Wortfeld: Fontgate
blog.tagesschau.de: „Falsch aber zutreffend“
Dienstraum: Rathergate
Blogosfear: Dan Rather und die Kerle in Pyjamas
Wortfeld: Weblogs als asymmetrische Bedrohung?

Fontgate

Die Echtheit von Bush-kritischen Dokumenten hängt an der Typographie.

Die Schrift Times New Roman steht im Mittelpunkt einer scharfen Auseinandersetzung über den Dienst von US-Präsident George W. Bush im texanischen Luftwaffen-Reservekorps. Die CBS-Sendung 60 Minutes hat umstrittene Dokumente in dieser Schrift ins Netz gestellt; das rechte US-Weblog Little Green Footballs hat sehr schnell herausgefunden, dass das Schriftbild nach einer Computer-Textverarbeitung aussieht, obgleich die Dokumente aus den 70er-Jahren stammen sollen. Auf der linken Seite beschäftigt sich Daily Kos nun mit obskuren elektrischen IBM-Schreibmaschinen. (Für mich sehen die Dokumente wie schlechte Fälschungen von jemandem aus, der sich mit den typografischen Gepflogenheiten der Zeit nicht auskennt.)
Nachtrag: Offenbar bleibt nur eine einzige IBM-Setzmaschine als Kandidat übrig, doch selbst da gibt es Bedenken.
Und noch ein Nachtrag: ZDnet schreibt darüber, wie Blogger die Untersuchung vorangetrieben haben.

Wir haben Sie gewarnt

Katastrophenwarnungen über Rundfunk in den USA.

Wenn sich — natürlich in den USA — das Radio bei Tornados, Sturmfluten, Erdbeben, Waldbränden, Kindesentführungen und Atomunfällen selbst anschaltet, dann ist es ein offizielles Weather Radio: Diese Geräte, beispielsweise für 30 Dollar beim Radio Shack zu haben, empfangen ein Radioprogramm des nationalen Wetterdienstes für die jeweilige Region. Vorgetragen werden Wettervorschauen und Warnungen von Donna und Craig, zwei Computerstimmen.

Zivilschutz-Symbol Die Mutter der US-Warnsysteme war das 1951 eingeführte CONELRAD: Bei einem feindlichen Angriff hätten alle Radio- und TV-Sender den Betrieb einstellen müssen, damit der Feind sie nicht zur Ortung verwenden kann. Um die Bevölkerung dennoch zu erreichen, hätte die US-Regierung zwei Mittelwellen-Frequenzen mit geringer Leistung verwendet. Unter Kennedy entstand das Emergency Broadcast System (EBS), das CONELRAD ablöste: Nach einem schrillen Ton hätte sich der Präsident an das Volk wenden können — was er außer für Tests aber nie getan hat. Das EBS kam hauptsächlich für Wetterwarnungen zum Einsatz, und eine Station in Syracuse, New York kündigte die regelmäßigen Tests in den 70er-Jahren sogar mit einem eigenen Musik-Jingle an.

EAS-Logo Die heutige dritte Generation der Rundfunkwarnungen heißt Emergency Alert System (EAS). Während der Vorgänger EBS nur auf eine Quelle hörte und die Warnung nach dem Dominoprinzip weitertrug, können seit 1997 auch Wetterdienst, lokale Stellen oder der Bundesstaat das neue System direkt in Gang setzen. Höchste Priorität haben aber wie bisher die Botschaften des Präsidenten. Einen erheblichen Haken an der Sache gibt es jedoch: Sicherheit und Verschlüsselung standen auch bei EAS nicht auf der Prioritätenliste. Unbefugte könnten womöglich Falschmeldungen über das System verbreiten, meldet Heise.

Die amerikanische Bundes-Kommunikationskommission FCC überprüft nun das EAS — heraus kommt vermutlich das vierte System. Dabei überlegt die Behörde auch, ob sich künftig nicht auch normale Radios und Fernseher automatisch einschalten sollten.

Wetterradios gibt es in Deutschland zwar nicht, aber jede Menge Funkuhren, die auf den Langwellensender DCF77 hören. 2002/2003 gab es daher einen Feldversuch mit modifizierten Funkuhren. Auch über automatisches Einschalten von Radios und SMS-Warnungen denkt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nach. Schon jetzt landen SatWaS-Warnmeldungen über das mecom-Satellitensystem der Nachrichtenagenturen bei den Medien.

Philip Graf evaluiert BBC Online

Der Graf-Bericht untersucht das Onlineangebot im Regierungsauftrag.

Tom Coates hat bei Plasticbag eine sehr lange Zusammenfassung eines noch viel längeren Berichts veröffentlicht, in dem Philip Graf, Ex-Chef der Trinity-Mirror-Zeitungsgruppe, BBC Online im Auftrag der britischen Regierung evaluiert. Der Graf-Bericht ist Teil des Verfahrens um die BBC-Charta, die 2006 ausläuft und erneuert werden soll. BBC Online berichtet ebenfalls über den Bericht und seine Auswirkungen — dort fällt die Zusammenfassung deutlich kürzer aus.

Rücktritt bei der BBC

Der Chef des Aufsichtsgremiums verlässt die Rundfunkanstalt.

Als Konsequenz aus dem Hutton-Bericht nimmt BBC Chairman Gavyn Davies seinen Hut, während BBC Director General Greg Dyke sich entschuldigt. Zur Erklärung: Es gibt ein BBC-Leitungsgremium, das Direktorium, und ein Aufsichtsgremium, das Board of Governors. Die zwölf Governors sollen die Unabhängigkeit der BBC schützen, setzen dem Sender Ziele und überprüfen ihr Erreichen. Sie sollen die Interessen der Öffentlichkeit vertreten, benannt werden sie von der Königin — de facto von der Regierung, allerdings unter festgelegten Standards für Transparenz (Nolan Rules). Das Board of Governors benennt den Generaldirektor, den Vorsitzenden des Direktoriums, dessen 16 Mitglieder je eine BBC-Abteilung leiten. Zurückgetreten ist also der Chef des Aufsichtsgremiums.

Update: Ein erstaunliches, lesenswertes Dokument ist das Reporters‘ Log von BBC Online: Hier wurde der Tagesablauf gebloggt, allerdings ohne permanente Links, Kommentare oder Trackbacks. Und es fallen Sätze wie „It will be interesting to see if the BBC brand can recover from this.“ Von der BBC-Reporterin im BBC-Fernsehzentrum auf der BBC-Website. Großartig!

Update 2: Jetzt ist auch der Generaldirektor Greg Dyke zurückgetreten.