Medien/Museen
Zu Besuch in New York.
Farb-Barcodes, Google-Maps-Mashups, Rapid Prototyping — ganz offensichtlich hat jemand im Vorfeld das Museum of Modern Art informiert, dass ich New York besuchen würde. Die Ausstellung Design for the Elastic Mind zeigt noch bis zum 12. Mai, wie sich technischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Wandel in Design niederschlägt und von Designern aufgenommen wird. Ein schöner Satz aus dem Katalog: „One of design’s most fundamental tasks is to stand between revolutions and life, and to help people deal with change.“ Glücklicherweise gibt es nicht nur die Ausstellung selbst, sondern auch eine umfangreiche Website und eine exzellente Online-Audio-Tour. (Wenn jemand deutsche Museen kennt, die ihre Veranstaltungen und Schauen in ähnlicher Weise begleiten: bitte schnell für Grimme vorschlagen!).
Ein paar meiner Favoriten in der Ausstellung:
- Im Spatial Information Design Lab der Columbia University ist das Projekt Million Dollar Blocks entstanden. Im MoMA zu sehen ist unter anderem eine Karte mit 17 benachbarten Wohnblöcken in Brownsville, Brooklyn. 109 ihrer Bewohner sitzen im Gefängnis, was den Bundesstaat New York jedes Jahr 17 Millionen Dollar kostet. Naheliegende Frage: Was könnte man mit diesem Geld dort ändern?
- W. Bradford Paleys schon ein paar Jahre altes Programm TextArc analysiert Texte, etwa den von „Alice im Wunderland“, auf grafische Weise. Alle Wörter, die mehrmals vorkommen, werden in einem Kreis angeordnet. Dabei sind nicht nur (wie bei Schlagwort-Wolken) häufiger auftauchende Wörter größer als andere, die Wörter sind auch dort positioniert, wo sie im Text am häufigsten auftauchen. Dazu zeichnet TextArc die Querverbindungen der Wörter untereinander. (Im Netz ist auch ein TextArc für Shakespeares Hamlet zu finden.)
- History Flow visualisiert Bearbeitungsmuster von Wikipedia-Einträgen: Wachstum, Vandalismus, Hin- und Her-Editiererei — was alles so passiert, wenn Nutzer zusammenarbeiten.
- Ben Frys Human vs. Chimps zeigt, wie sich das FOXP2-Gen — wichtig für die Entwicklung der Sprachfähigkeiten — zwischen Schimpansen und Menschen unterscheidet (nämlich kaum).
Zwei weitere, ganz unterschiedliche Museen lohnen sich ebenfalls für besonders medieninteressierte New-York-Besucher. Das Museum of the Moving Image in Queens ist, anders als die eigene Website behauptet, derzeit nicht geschlossen — aber vorher nachzufragen ist sicher keine schlechte Idee. Die Hauptausstellung Behind the Screen zeigt Film, Fernsehen und Videospiele vor allem anhand von Gegenständen und kleinen Experimenten: Wie wirken die außerirdischen Raumschiffe aus Independence Day, wenn statt des eigentlichen Soundtracks Musik von Rammstein oder Gustav Holst gespielt wird? Wie sieht eine Baseball-Live-Übertragung für einen Bildmischer aus?
Ohne Gegenstände kommt das Paley Center for Media aus, das in vielen Stadtplänen noch als „Museum for Television and Radio“ bezeichnet wird. Schon am Eingang werden erstmalige Besucher gewarnt, dass sie es nicht mit einem gewöhnlichen Museum zu tun haben, sondern eher mit einer Mediathek. Das Gebäude besteht fast nur aus Zuschauer- und Zuhörer-Räumen, vom Kinosaal bis zur Einzelkabine. Herzstück des Paley Centers ist die Sammlung von 120.000 Fernseh- und Radiosendungen, und der Eintrittspreis beinhaltet 60 Minuten freie Auswahl. Das reicht zum Beispiel, um die erste Folge der bahnbrechenden Dokumentation An American Family aus dem Jahre 1973 anzusehen, aber natürlich auch für vieles andere. Mögen diese Schätze eines Tages vollständig, in hoher Qualität und legal (damit: stabil) im Netz verfügbar sein — bis dahin ist ein Besuch in New York oder Los Angeles notwendig.