Mehr Buchpiraten

Adrian Hon über den Niedergang des Lesens.

Game-Designer, die den Verlegern per Blog Ratschläge geben, wie sie den Niedergang des Lesens abwenden sollen? Selbstverständlich eine skandalöse Unverschämtheit — bis man Adrian Hons Überlegungen bei Mssv.net gelesen hat: Für The Long Decline of Reading hat er sich viel Zeit genommen, über Belohnungsmechanismen nachgedacht und über die Lesepausen, die nach dem Griff zum falschen Buch oft folgen. Selbst wenn es einen Vortrag online als Video gibt: Lesen ist besser, sagt Hon und hat die entsprechende Forschung parat. Als Leseanreiz nur ein Satz aus dem langen Blogeintrag:

„Book piracy will almost certainly increase the amount of time people spend reading, and may turn out to be the biggest boost that the writing industry (but not the publishing industry) will ever receive.“

(Fast das Beste daran ist, dass er einem Monat später einen kurzen Nachtrag geschrieben hat: The Quick Rise of Reading. Die Neuauflage der Studie, auf der Hons erster Eintrag unter anderem beruht, zeigt, dass von 2002 bis 2008 das Lesen in den USA plötzlich wieder zugenommen hat, ausgerechnet bei den 18- bis 24-Jährigen. Und bevor irgendjemand über die USA lästert: Jeder vierte Deutsche liest überhaupt keine Bücher.)

Am Abend vorgelesen

Wir nennen es Arbeit, Hamburg.

Heute, wenn die Postfiliale aufmacht, kann ich die blaue Pappe aus dem Briefkasten endlich gegen ein Exemplar von Wir nennen es Arbeit tauschen, gestern waren Holm Friebe und Sascha Lobo aber schon in Hamburg zu einer Lesung. Anfangs war ein Teil des Publikums der Ansicht, dass wirklich alles, was die beiden Autoren sagen, komisch gemeint sein müsse und würdigten das entsprechend — im Zuge des Theorieteils (Balzac! Bourdieu! Brecht!) legte sich das.

Subliminaler Kaufbefehl Worum es in dem Buch geht, können die Autoren per Rückgriff auf Jens Bisky oder per Bewegtbild selbst erklären. Die Nachfragen drehten sich unter anderem darum, ob das denn nicht unpolitisch sei oder nur ums Geld ginge (Friebe/Lobo: nein). Viel spannender: Was das denn nun bedeute für den Staat und welche Forderungen die digitale Bohème an die Politik stellen soll. Unglaublich wohltuend, dass die Autoren ihre gute Idee nicht zu Tode extrapolieren, sondern im Gegenteil die Begrenztheit dieses Ansatzes feststellen und profan-politisch über Lösungen wie das Bürgergeld reden. Ohne dabei die Euphorie aufzugeben: Da hat sich etwas qualitativ verändert im Netz, ob die Worthülse Web 2.0 verwendet wird oder nicht. Also, wie andernorts gefordert: Kaufen, verschenken, ausmalen, über eigene Lebensvorstellungen nachdenken. Und ich fahre derweil zur Post und hole das Buch ab.

Alle meine Bücher (2)

LibraryThing auf Deutsch.

Im November 2005 habe ich LibraryThing.com folgendermaßen vorgestellt:

Zum Bücherregal gehen: sieben Sekunden.
DeLillos „Americana“ finden: zwei Sekunden.
Zurück zum Computer: sieben Sekunden.
„Add book“ anklicken, Buch umdrehen, ISBN 0140119485 eingeben: vier Sekunden.
„Americana“ anklicken: eine halbe Sekunde.
Das ist wirklich verlockend einfach.

Tim Spalding hat mir gerade gemailt, dass LibraryThing.de gestartet ist, die deutsche Version. Also: Buch nehmen, „Bücher hinzufügen“, 349919337X eintippen, Buch anklicken.

Ich überlege ernsthaft, mir einen günstigen Barcode-Handscanner zuzulegen, nur für diese Website. Mittlerweile enthält sie übrigens nicht mehr 900.000, sondern 6,4 Millionen katalogisierte Bücher. Die Bücher können rezensiert, bewertet und verschlagwortet werden, die eigene Sammlung ist exportierbar, 200 Bücher sind frei, es gibt RSS-Feeds.

Fabelhaft ist auch, wie LibraryThing übersetzt worden ist — nämlich wikiesk: Jeder kann Übersetzungsvorschläge liefern, und jeder kann die Übersetzungsvorschläge der anderen per Mausklick loben oder kritisieren.

Alle meine Bücher

Tim Spaldings LibraryThing.

Zum Bücherregal gehen: sieben Sekunden.
DeLillos „Americana“ finden: zwei Sekunden.
Zurück zum Computer: sieben Sekunden.
„Add book“ anklicken, Buch umdrehen, ISBN 0140119485 eingeben: vier Sekunden.
„Americana“ anklicken: eine halbe Sekunde.
Das ist wirklich verlockend einfach.

Mehr als 900.000 Bücher sind bei LibraryThing bereits eingegeben, wahlweise öffentlich oder vor neugierigen Regallesern geschützt. Die Bücher können rezensiert, bewertet und verschlagwortet werden, die eigene Sammlung ist exportierbar, 200 Bücher sind frei, es gibt RSS-Feeds.

Zum Anschauen: Die bloggende Stadtbücherei Nordenham gibt ihre Neuzugänge bei LibraryThing ein.