Flugzeugdetektive

Auf der Spur der Präsidentschaftskandidaten.

Vor vier Jahren hat ein Webforum für Flugzeugfans herausgefunden, für wen sich John Kerry als Vizepräsidenten-Kandidat entschieden hat — dank einer verräterischen Klebefolie.

Diesmal waren es Flightblogger Jon Ostrower und seine Leser, die vorher ahnten, dass sich Barack Obama für Joe Biden entschieden hat: Ostrower entdeckte den eingereichten Flugplan für eine Privatmaschine, die von Chicago, wo Obama zu diesem Zeitpunkt war, in Bidens Heimatstadt Wilmington, Delaware fliegen sollte.

An der Boeing 737, die John McCains Vizepräsidenten-Kandidaten in nächster Zeit transportieren soll, wird übrigens zurzeit in einem Hangar in Arizona gearbeitet. Mal sehen, ob auch diesmal jemand vorzeitig herausbekommt, was auf der Klebefolie steht. (Gefunden via Kristine Løwe.)

Nachtrag: Und auch bei McCains Vize Sarah Palin waren die Flugbewegungen verräterisch.

Stille Post

Von Slashdot zu Turi in vier Schritten.

Schritt eins:
Bei Slashdot stellt ein Nutzer die Frage, ob NBC bei der Übertragung der Olympia-Eröffnungsfeier die Reihenfolge der Mannschaften verändert hat. Zumindest im Online-Video sei die US-Mannschaft viel später zu sehen als nach der tatsächlichen Reihenfolge. Binnen einer Stunde haben Slashdot-Leser recherchiert (und in den Kommentaren geschrieben), dass die Online-Version durcheinandergeraten ist, die im Fernsehen gesendete Reihenfolge aber stimmt.

Schritt zwei:
Einzelne Blogger greifen den Slashdot-Artikel auf.

Schritt drei:
Spiegel Online schreibt am Rande eines Artikels über chinesische TV-Manipulationen auch über Vorwürfe gegen NBC: „Die Ankunft des amerikanischen Teams sei nach hinten geschnitten worden, um die Zuschauer am Bildschirm zu halten, behaupten Blogger im Internet.“

Schritt vier:
turi2.de beruft sich auf den Spiegel-Online-Autoren, der sich auf Blogger beruft, die sich auf Slashdot beziehen, und spitzt alles noch ein wenig zu:

Variante C

Mario García geht unter die Videoblogger.

Nach der Arbeit an über 400 Printmedien — vom Philadelphia Inquirer über Die Zeit bis zum Wall Street Journal — ist Mario García inzwischen der bekannteste Zeitungs-Umgestalter seiner Zeit. Die Kunden von García Media sind in der ganzen Welt verteilt, er dürfte also viel Erfahrung mit unterschiedlichen Verlags- und Redaktionskulturen haben. Und wo sieht er den meisten Widerstand gegen eine multimediale Integration, das stärkste Beharren auf Papierzeitungen? In den USA: „I would distribute buttons to everyone in the newsroom to remind them that they are NEWS people, NOT newspaper people“, schreibt er.

Jetzt gibt es einen weiteren guten Grund, sein Weblog zu lesen: 3-Minuten-Lehrvideos für Design-Einsteiger, in denen er etwa für ein beherrschendes optisches Element auf jeder Seite wirbt. Wer mehr Zeit mitbringt, findet im TYPO Berlin Videoblog einen halbstündigen Vortrag aus dem Jahr 2000. García erzählt darin über das Redesign des Wall Street Journal Europe und über die seltenen Momente, in denen sich Verleger für „Variante C“ entscheiden.

Reportermut

TV-Film über chinesische Blog-Journalisten.

Unbequem und unbestechlich heißt der Film von ARD-Auslandskorrespondent Jochen Graebert über Blog-Journalisten in China, der am Montag um 21.00 Uhr im Ersten läuft. Eine sehenswerte Kostprobe daraus gab es am Mittwoch im NDR-Medienmagazin Zapp: Graebert begleitet den Web-Reporter Xu Xiang bei dessen Recherchen über Missstände in der Provinz Shandong (Video und Manuskript).

Ein Artikel von 2007 zeigt, dass Xu und einige andere Kollegen ein ungewöhnliches Geschäftsmodell haben: Betroffene bezahlen sie für den investigativen Einsatz — Muckrakers for Hire nennt das die Washington Post. Wer den Film über Xu gesehen hat, wird sich allerdings davor hüten, das zu belächeln.

Nachtrag: Der Graebert-Film bekommt eine begeisterte Rezension von Michael Hanfeld in der FAZ vom Montag: „sensationell“ und „hammerhart“.

(Transparenzhinweis wie immer: Zu meinen Arbeitgebern zählt der NDR.)