Indizien

Akzentverschiebung bei der BBC.

Allein der Gedanke, den Seewetterbericht auf BBC Radio 4 um zwölf Minuten zu verschieben, zog heiligen Hörerzorn auf sich — im Guardian hat Stefan Collini vor kurzem ausführlich über Radio 4 als Kulturbarometer Britanniens geschrieben.

Jetzt ist wieder eine subtile Änderung dran. Am Anfang der Nachrichten heißt es nicht mehr „BBC Radio 4, the news at two o’clock“, sondern „BBC News on Radio 4, it’s two o’clock“. Unwichtig? Das meint der Großteil der Kommentatoren im BBC-Editors-Blog auch. Allerdings ein Indiz für Wandel: Genre-Marken wie BBC News — online, im Radio und im Fernsehen — gewinnen an Bedeutung. Und die Kanäle wie Radio 4 treten ganz langsam etwas weiter in den Hintergrund.

Vereinzelt

Digitalkorrespondenten für ABC News.

Der US-Sender ABC hatte bislang Korrespondentenbüros in Bagdad, London, Jerusalem, Moskau und Peking. (Nein, das ist kein Vergleich mit ARD, ZDF oder BBC.) Jetzt kommen plötzlich sieben neue dazu, in Seoul, Rio de Janeiro, Dubai, Neu-Delhi, Mumbai, Jakarta und Nairobi. Pro Ort jeweils ein einzelner Reporter, ausgestattet mit DV-Kamera, Notebook für den Schnitt und, nur für den Notfall, mobiler Satellitenschüssel.

(Ja, damit deckt ab jetzt eine Reporterin für ABC den gesamten afrikanischen Kontinent ab. Immerhin besser als vor zwei Wochen: Da war es niemand.)

Ohrschleicher

Getarnte Radio-PR für Ministerien.

Nach der PR-Affäre bei der Dialogtour des Bundeswirtschaftsministeriums kommt auch schon die nächste: Report Mainz berichtet, dass im Auftrag des Bundesfamilienministeriums „vorproduzierte redaktionelle Hörfunkbeiträge über die neuen Familienleistungen mit O-Tönen der Bundesministerin“ (Zitat von der Referenzenseite der betreffenden PR-Agentur A&B One!) im Radio gelandet sind. Angeblich sind diese Beiträge mehr als 300 Mal ausgestrahlt worden.

In dem entsprechenden Angebot, radioboerse.de von Schlenker PR, ist mir ein weiteres Themenpaket für Redaktionen aufgefallen: Lauter begeisterte Stimmen zur Gesundheitsreform 2007, dazwischen O-Töne von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Die Beiträge im Einzelnen — mit Auszügen daraus, was in dem Audio angebliche Passanten zu den Themen sagen:

Unter dem Punkt „weitere Infos“ ist dabei jeweils die-gesundheitsreform.de angegeben — ein Angebot des Bundesgesundheitsministeriums, bei dem wieder eine A&B-Firma für Konzeption, Design und Realisierung zuständig ist. Die spannende Frage, wie bei den Audios für das Bundesfamilienministerium: Wer hats gesendet?

Die klare Ansage von radioboerse.de: „Alle Angebote können Sie kostenlos einsetzen. Über eine Bestätigung der Ausstrahlung freuen wir uns!“ Bei anderen Angeboten sind unter „weitere Infos“ zum Beispiel Opel, Nestlé, die CMA, Pharmaverbände, Warsteiner oder Jacobs/Kraft angegeben.

Graue Noppen

Ein paar Links zum ZDF-Relaunch.

ZDF-Noppen Das ZDF erklärt die Änderungen (mit Bilderserie):
Mehr Übersicht, mehr Service

Achim Schaffrinna vom Design Tagebuch ist ziemlich begeistert:
ZDF.de sendet im neuen Design

DWDL freut sich über die verbesserte Suche:
Das neue ZDF.de im kurzen DWDL-Check

Georg Döller hat mitgerelauncht:
Geschafft – in allen Belangen

Medienpirat Peer Schader hat ein Testbild entdeckt:
Wie ich das ZDF pleite streame

(Die ZDF Mediathek soll auch noch in diesem Jahr einen Relaunch bekommen.)

Der Abgang

Protokolle aus einem Rundfunk-Aufsichtsgremium.

Was für Dramen sich hinter den Kulissen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten abspielen können!

Ich spreche natürlich vom Doppel-Rücktritt an der Spitze der BBC vor zwei Jahren — da ging es um die Berichterstattung über die Frage, ob die britische Regierung einen Bericht über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen manipuliert hat. Jetzt stellt sich nicht nur heraus, dass der BBC-Generaldirektor Greg Dyke unfreiwillig zurückgetreten ist. Er hat sogar versucht, seine Wiedereinsetzung zu erreichen. Dokumentiert wird das nun alles auf den Webseiten der BBC, in einem Artikel mit zwei Sitzungsprotokollen des Aufsichtsgremiums. Ein seltener Einblick in die Entscheidungsabläufe im Board of Governors zu einer ungewöhnlichen Zeit, der dem Guardian und der Your-Right-To-Know-Aktivistin Heather Brooke zu verdanken ist: Sie hatten die Veröffentlichung vor einem Schiedsgericht für Informationsfreiheit erzwungen.