DFB-Irrsinn

Ein Sportverband verliert die Nerven.

Ich stelle mir gerade vor, ein Journalist kritisierte einen Politiker als „unglaublichen Demagogen“, natürlich mit entsprechender Begründung.

Dieser Politiker ginge dann juristisch gegen diesen Journalisten vor und scheiterte zweimal dabei, einstweiligen Rechtsschutz dagegen zu erlangen.

Und dieser Politiker versuchte dann, den Journalisten mit einer Presseerklärung zu diskreditieren, die das juristische Scheitern verschweigt und eine angebliche Entschuldigung des Journalisten herbeifantasiert.

Und nachdem dem Politiker die Presseerklärung in dieser Form bei Strafe (bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld/bis zu sechs Monate Ordnungshaft) verboten würde, kündigte dieser eine Klage gegen den Journalisten an, weil ja nun der letzte Versuch gescheitert sei, auf eine gütliche Beilegung des Verfahrens hinzuwirken.

Irgendwie schwer vorstellbar. Ich bin sehr froh, kein Sportjournalist zu sein. Und ich bin sehr froh, dass Jens Weinreich Sportjournalist ist.

Reportermut

TV-Film über chinesische Blog-Journalisten.

Unbequem und unbestechlich heißt der Film von ARD-Auslandskorrespondent Jochen Graebert über Blog-Journalisten in China, der am Montag um 21.00 Uhr im Ersten läuft. Eine sehenswerte Kostprobe daraus gab es am Mittwoch im NDR-Medienmagazin Zapp: Graebert begleitet den Web-Reporter Xu Xiang bei dessen Recherchen über Missstände in der Provinz Shandong (Video und Manuskript).

Ein Artikel von 2007 zeigt, dass Xu und einige andere Kollegen ein ungewöhnliches Geschäftsmodell haben: Betroffene bezahlen sie für den investigativen Einsatz — Muckrakers for Hire nennt das die Washington Post. Wer den Film über Xu gesehen hat, wird sich allerdings davor hüten, das zu belächeln.

Nachtrag: Der Graebert-Film bekommt eine begeisterte Rezension von Michael Hanfeld in der FAZ vom Montag: „sensationell“ und „hammerhart“.

(Transparenzhinweis wie immer: Zu meinen Arbeitgebern zählt der NDR.)

Auswege

Journalismus in der Kostenlos-Kultur.

„When copies are free, you need to sell things which can not be copied“, schreibt Kevin Kelly in seinem Blog. Seine acht möglichen Auswege lauten Unmittelbarkeit, Personalisierung, Interpretation, Authentizität, Verfügbarkeit, Verkörperung, Mäzenatentum, Auffindbarkeit. (Kevin Kelly hat übrigens vor kurzem Rezensionen der seiner Ansicht nach 200 besten Dokumentarfilme im Buch True Films veröffentlicht, als kostenlose PDF-Datei mit kontextabhängiger Werbung.)

Alfred Hermida hat versucht, diese acht Lösungsansätze auf den Journalismus anzuwenden: „The challenge for the news industry is adopting a new way of seeing the value of journalism.“ Beides zusammen ist spannender Lesestoff.

Land und Leute

Provinzkundschafter und Inkognito-Stars.

Manchen guten Ideen tut es gar nicht weh, wenn mehrere Medien sie haben; fast egal, aus welcher Richtung die Inspiration gekommen ist. Da sind zum einen die Journalisten, die derzeit in der Provinz nach der dortigen Jugend schauen. Maximilian Popp war in Oberkümmering („In der Stadt wohnen nur Irre“), Jochen Brenner und Benja Weller in Ducherow („In zwei Jahren bin ich hier weg“), und auch nach Rennerod und Papenburg hat der SchulSpiegel Reporter für die Serie „Wir Provinzkinder“ geschickt. Schon etwas früher war Andrea Jeska für das Zeit-Dossier in Steinhorst: Samstagnacht auf dem Land — sehr lesenswert.

Zum anderen sind da die Experimente (mal nicht am eigenen Leib). Die Washington Post hat im April den Star-Violonisten Joshua Bell zur Rushhour in eine U-Bahn-Station gestellt und die Reaktionen der Passanten abgewartet. Unter Beobachtung der FAZ saß nun Daniel Richter inkognito vor dem Centre Pompidou und hat Touristen für fünf Euro porträtiert. (Aber, FAZ.NET: Warum nur ist das Video nicht einzeln verlinkbar, sondern versteckt sich als 17. Bild einer Fotostrecke?)

Charmant und unaufdringlich

Aus einer Stellenanzeige.

Aus einer Stellenanzeige eines Münchner Dienstleisters, der nach eigenen Angaben das Redaktionsteam „eines der größten Internet-Portale Deutschlands“ stellt und EditorInnen für die Channel Auto, Money und Video-News und -beiträge sucht:

Klickträchtige sowie prägnante Überschriften sind Ihre Stärke, und Sie schrecken auch nicht davor zurück, hauseigene Produkte charmant und unaufdringlich an den User zu bringen.